Aerzte zum verlieben Band 43
heran und tippte ihr vorsichtig auf die Schulter. Die alte Frau murmelte etwas im Schlaf, ehe sie zu sich kam. Mit trüben grauen Augen schaute sie auf, ehe ihr Gesicht von einem breiten Lächeln erhellt wurde.
âMaster Jonathan! Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie sich nicht so an mich heranschleichen sollen! Eines Tages erschrecken sie mich noch zu Tode. Ich sagâs Ihnen, dieses alte Herz hält solche Ãberraschungen nicht mehr aus.â
âUnd ich sage Ihnen, dass mit Ihrem alten Herzen alles in Ordnung istâ, gab er scherzhaft zurück.
âUnd wer ist die junge Dame?â Mühsam versuchte Mary aufzustehen. Jonathan stützte sie am Ellbogen und half ihr aus dem Sessel.
âDas ist Rose, eine Freundin.â
Ein wachsamer Ausdruck lieà die blassen grauen Augen blitzen. âEine Freundin, ja? Sie haben noch nie eine Freundin mit hier runtergebracht. Weià sie, worauf sie sich einlässt? Und was sagt Lord Cavendish dazu?â
âMit wem ich befreundet bin, geht meinen Vater nichts an, Mary.â
Rose drückte ihr die Hand. âIch freue mich, Sie kennenzulernen. Und ich glaube nicht, dass Lord Cavendish und ich uns je begegnen werden. So gut sind Jonathan und ich nicht befreundet.â
âAchten Sie nicht auf mich, meine Liebe.â Liebevoll zerzauste sie Jonathans Haar. âDer Junge hier könnte eine gute Frau gebrauchen. Jemanden mit Herz anstatt diese aufgetakelten Zicken, mit denen er sich sonst immer herumtreibt.â Sie schnaubte missbilligend.
âSoll ich Wasser für Tee aufsetzen?â, bot Rose an.
âNein, Sie gehen nach oben und warten im Salon. Ich bringe gleich ein Tablett hoch.â
âIch würde lieber hier unten bleiben, wenn wir Sie nicht störenâ, erwiderte Rose. âDie Küche ist so gemütlich.â
Wieder sah Mary sie scharf an. Dann lächelte sie kaum merklich. âIch glaube, da haben Sie sich eine Gute ausgesucht, Master Jonathan. Keine von diesen anderen Gänsen würde auch nur im Traum daran denken, hier runterzukommen, um eine alte Frau zu begrüÃen. Das wäre unter ihrer Würde.â
Ihre Augen wurden feucht. âWenn ich da an Ihre selige Mutter denke, mein Junge. Sie hatte keine Allüren. Hier unten fühlte sie sich wohl, wenn sie in dem Sessel da drüben saà und mit mir redete, das Kleid und die Hände voller Farbe. Manchmal hat sie sogar die Ãrmel aufgekrempelt und selbst gebacken. Wenn Ihr Vater protestierte, dass das nicht angemessen wäre, hat sie ihn nur ausgelacht.â Die alte Frau schniefte vernehmlich. âSeitdem sie von uns gegangen ist, ist nichts mehr wie früher. Gott segne sie.â
Jetzt wusste Rose, von wem die wundervollen Landschaftsbilder in Jonathans Praxis und dem Pförtnerhäuschen stammten. Seine Mutter war offensichtlich eine äuÃerst begabte Künstlerin gewesen.
Mary lieà sich wieder in ihrem Sessel nieder, während Rose den Wasserkessel auf den Herd stellte und das Teegeschirr aus dem Schrank nahm.
âHaben Sie Ihren Vater schon begrüÃt, Jonathan?â, wollte Mary wissen. Gleichzeitig beobachtete sie Rose sehr genau.
âDad ist hier?â Er wirkte überrascht. âIch dachte, er hält sich geschäftlich in Amerika auf.â
âEr ist gestern Abend zurückgekommen, in Begleitung irgendeiner Frau, die übers Wochenende bleibt. Sie stellt schon alle möglichen Ansprüche, als wäre sie hier die Hausherrin. Alle Räume sollen geöffnet werden! Wir sollen nach mehr Personal aus dem Dorf schicken! Sie glaubt mir nicht, wenn ich ihr sage, dass wir sehr gut alleine klarkommen. Mrs Hammond hat sie schon um den kleinen Finger gewickelt, weil sie meint, dass wir mehr Leute brauchen. Na ja, so ist Ihr Vater eben. Alter schützt vor Torheit nicht.â
Da erklang plötzlich ein lautes Läuten. Mary schaute nach links, wo in einer Reihe mehrere altmodische Glocken hingen. âDas ist sie. Wahrscheinlich erwartet sie ihren Nachmittagstee im Wohnzimmer.â Schwerfällig erhob sie sich. âDann werde ich wohl mal ein Tablett vorbereiten.â
âBleiben Sie sitzen, Mary. Die können auch mal einen Moment warten.â Jonathan hockte sich neben sie. âVielleicht hat sie gar nicht so unrecht. Mehr Personal würde Ihnen das Leben doch sehr erleichtern. Ich dachte, tagsüber kommen noch zusätzliche Hilfskräfte. Wo
Weitere Kostenlose Bücher