Aerzte zum verlieben Band 48
hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt.
Dann meldete sich jedoch die Vernunft, und Melora rief sich in Erinnerung, dass sie nur zwei Wochen auf Tarparnii bleiben würde. Wenn ihre Zeit vorüber war, würde sie nach Australien zurückfliegen und ihre eigenen Wege gehen, die nichts mit Daniel und Simone zu tun hatten. Zudem konnte sie ohnehin nichts planen, bevor sie die letzten Testergebnisse bekam, denn die würden über ihre Zukunft entscheiden.
Die zwei Tage und Nächte, die sie bisher mit Daniel und Simone verbracht hatte, hatten Melora jedoch gezeigt, wie schön es sein könnte, eine eigene Familie zu haben – ein Glück, das ihr wohl nie vergönnt sein würde.
Am späten Vormittag wurden zwei Trucks für die Fahrt zu einem weit entlegenen Dorf beladen, und Melora beteiligte sich eifrig an den Vorbereitungen. Es war unglaublich, an was man alles denken musste: Als Erstes kamen das medizinische Equipment und die Medikamente in den Wagen, dann folgten Zelte, Stangen, Seile, Werkzeug und zum Schluss die Nahrungsmittel und das Kochgeschirr.
„Wer kümmert sich denn um Simone, während du nicht da bist?“, erkundigte Melora sich, als sie ihren Schlafsack in den Wagen legte.
„Belhara’s Frau Nandi. Simone ist sehr gern bei ihr, da brauche ich mir keine Sorgen zu machen.“
Eine halbe Stunde später war alles fix und fertig, und es konnte losgehen.
„Wie lange wird die Fahrt dauern?“, fragte Melora gespannt. Sie saß zusammen mit Daniel und den anderen fünf Teammitgliedern im hinteren Teil des Wagens.
„Das hängt davon ab, wie oft wir unterwegs halten müssen. Normalerweise sollten wir in einer guten Stunde dort sein. Dann laden wir alles ab, bauen unsere ambulante Klinik auf und fangen mit der Arbeit an. Und wenn alle Patienten versorgt sind, wird alles wieder abgebaut, und wir fahren wieder zurück.“
„Das wird ein sehr langer und anstrengender Tag“, bestätigte Sue. „Aber es ist der Mühe wert, wenn man weiß, dass man so vielen Menschen helfen kann.“
„Und du wirst lernen, wie so eine Dschungelklinik, wie wir sie nennen, funktioniert“, meinte Daniel. „Allerdings wirst du dort auf all den Luxus verzichten müssen, den du in unserem Dorf genießen kannst.“
„Du meinst wohl fließend Wasser, über das du dich jeden Tag aufs Neue freust“, neckte Melora ihn, und alle lachten.
Melora fühlte sich in Daniels Team ausgesprochen wohl. Sue und die anderen erzählten ihr lustige und spannende Geschichten aus ihrem Arbeitsalltag, und Melora wunderte sich selbst darüber, wie vertraut sie mit ihren neuen Kolleginnen und Kollegen nach nur zwei Tagen war. In ihrem Krankenhaus in Sydney arbeitete sie schon seit Jahren mit demselben Ärzte- und Chirurgenteam, doch eine solche Kameradschaft und innige Verbundenheit, wie sie sie hier erlebte, gab es unter ihren australischen Kollegen nicht.
Als sie schließlich ihr Ziel erreicht hatten, half Melora alles aufzubauen und für die Arbeit in der „Dschungelklinik“ vorzubereiten. Dabei konnte sie es sich nicht verkneifen, immer wieder verstohlen nach Daniel zu schauen. Er war ein hervorragender Organisator und Teamleiter und schien alles perfekt im Griff zu haben. Melora ertappte sich schon bei der Vorstellung, wie es sein könnte, längerfristig hierzubleiben und weiterhin mit Daniel zu arbeiten. Doch ihre Träumereien waren schnell zu Ende, denn kaum war alles aufgebaut, ging es auch schon mit der Arbeit los.
„Ach, du meine Güte, sind das viele!“, rief Melora, als sie den großen Patientenandrang sah, der schon vor der „Klinik“ wartete, doch Daniel lachte nur.
„Das ist erst der Anfang, da kommen noch viel mehr. Los geht’s, Dschungelärztin!“
Melora sah ihm deutlich an, wie sehr er seine Arbeit in der Wildnis liebte. Er leitete sein Team mit einer Leichtigkeit, die Melora faszinierte, und verlor nie den Überblick dabei. Sogar eine Assistentin aus dem Dorf hatte er mitgenommen, die die Patienten registrieren sollte, während P’Ko-lat für Melora übersetzte, um eine bessere Verständigung zwischen ihr und den Patienten zu gewährleisten.
Melora verabreichte Injektionen, untersuchte Nasen, Ohren und Rachen, renkte Schultern ein, behandelte Wunden und vernähte sogar eine Kopfverletzung. Alles lief problemlos ab, doch als schließlich eine Frau mit starken Bauchkrämpfen hereingetragen wurde, wünschte Melora sich insgeheim doch eine modernere Ausstattung herbei. Mit allen anderen Fällen war sie bisher gut
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