Aerzte zum verlieben Band 48
wusste ich, ob mich die Menschen um meiner selbst willen mochten oder wegen meiner gesellschaftlichen Stellung oder wegen meines Reichtums.“
Alice merkte, wie dürftig sich ihre Erklärungsversuche anhörten, fast selbstmitleidig. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich … Ich meine, dass unsere Beziehung gleich so ernst werden würde“, fuhr sie rasch fort. „Als du mir vorgeschlagen hast, länger zu bleiben, wollte ich, aber es war unmöglich. Zu Hause warteten Pflichten auf mich. Wahrscheinlich verstehst du das nicht, aber …“ Aber was? Sie konnte ihm doch nicht verraten, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Nicht, wenn sie ihm so wenig bedeutete.
„Was gibt’s da nicht zu verstehen? Es war eine dumme Idee von mir, das ist mir später auch klar geworden. Natürlich hast du dich nach deinem gewohnten, angenehmen Leben gesehnt.“
„So war es nicht!“ Verzweifelt versuchte sie, sich verständlich zu machen. „Ich musste eben zu meinem normalen Leben zurückkehren …“ Wieder sprach sie nicht weiter. Wie sollte sie es ihm nur erklären? Ihm begreiflich machen, dass die Zeit mit ihm, die Zeit in Italien sie verändert hatte? „In den letzten Monaten habe ich versucht, möglichst viele Spenden für die Hilfsaktionen zu sammeln, aber mir war klar, das war noch nicht genug. Deswegen bin ich jetzt hier. Ich wollte nicht mehr eingeschlossen sein in meinem Elfenbeinturm, ohne das wirkliche Leben draußen zu kennen. Ich weiß, ich hätte dir gegenüber ehrlich sein sollen, aber immerhin sehe ich meine Fehler ein.“
„Nun wissen wir beide, dass es ein Fehler gewesen wäre, wenn du in Italien geblieben wärst“, erwiderte Dante nur und schaltete das Radio an.
Deutlicher hätte er ihr nicht zu verstehen geben können, dass für ihn das Thema erledigt war. Alice lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen.
Dante hielt den Blick auf die Straße vor ihnen gerichtet.
Noch einmal ging ihm die Unterhaltung mit Alice durch den Kopf. Sie hatte ihn angelogen, daran war nicht zu rütteln, aber hatte sie nicht auch ein wenig recht mit dem, was sie sagte? Als er sie bat, länger zu bleiben, hatte er nicht länger nachgedacht. Hatte er sie dabei berücksichtigt? Seine intensiven Gefühle waren so überraschend für ihn gekommen, dass er nur an sich gedacht hatte. Er wollte, dass sie bei ihm blieb.
Er warf ihr einen Blick zu. Sie schlief, die blonden Haare wehten im Fahrtwind, und er fand sie immer noch hinreißend schön.
Dio . Sie hatte ihn in Italien völlig wahnsinnig gemacht. Er war drauf und dran gewesen, sich in sie zu verlieben. Und er hatte gedacht, dass sie seine Gefühle erwiderte.
Was für ein Irrtum! Sie hatte sich davongeschlichen wie ein Dieb in der Nacht. Er unterdrückte ein Aufstöhnen. Warum hatte sie ihm etwas vorgespielt? Weil es für sie ein prickelndes Spiel gewesen war?
Als aus dem Spiel Ernst wurde, hatte sie Reißaus genommen – und seinem Stolz einen empfindlichen Schlag versetzt. Deshalb kam er nicht so schnell darüber hinweg.
Sobald sie das Lager erreichten, würde sie wieder die Flucht ergreifen, so viel war sicher. Dante gab ihr vierundzwanzig, höchstens achtundvierzig Stunden, dann würde sie sich ans Telefon hängen und ihren Vater anflehen, sie von hier wegzuholen.
Allerdings musste er zugeben, dass sie ihn überrascht hatte. Während der Bergwanderung hatte er ständig damit gerechnet, dass sie aufgeben würde. Stattdessen ertrug sie die Strapazen und war hinterher genauso entschlossen wie vorher, in Afrika zu helfen.
Dante schaltete das Radio aus. Alice schlief immer noch, und ihr Kopf sank langsam gegen seine Schulter. Sie seufzte leise, rutschte ein wenig hin und her, und dann lag sie mit dem Kopf auf seinem Schoß. Im Halbschlaf zog sie die Knie auf den Sitz, seufzte noch einmal wohlig und war endgültig eingeschlafen.
Sanft strich er ihr das Haar aus dem Gesicht, und die seidigen Strähnen unter seinen Fingern weckten sofort die Erinnerung an die leidenschaftliche Nacht in Italien. Dante stöhnte stumm auf. Musste sie in sein Leben zurückkehren? Er hatte doch gerade angefangen, sie zu vergessen!
Alice öffnete die Augen und schaute sich verwirrt um. Wo war sie? Der Duft eines vertrauten Aftershaves stieg ihr in die Nase, und da begriff sie. Mein Gott, sie war eingeschlafen, und ihr Kopf lag auf Dantes Schoß! Sie schoss hoch.
„Entschuldige, das war keine Absicht“, stammelte sie verlegen.
Fahles Morgenlicht fiel durch die Scheiben herein, und nun konnte
Weitere Kostenlose Bücher