Aerzte zum verlieben Band 55
das Leben, das sie führte, nur den Kopf schütteln. Er verabschiedete sich von Jane, die von Annabelle hinausgebracht wurde, und ging dann auf die Veranda, um den nächsten Patienten zu rufen.
Der Tag verging für Annabelle wie im Flug, sie traf alte Bekannte und lernte neue Menschen kennen. Angesichts von Nicks fachlicher Kompetenz wunderte sie sich nicht, dass er sich auch hier als effizienter Arzt erwies. Aber seine Geduld und Freundlichkeit mit jedem einzelnen Patienten überraschten sie. Er behandelte jeden, als hätte er alle Zeit der Welt, obwohl drauÃen auf der Veranda die halbe Stadt versammelt war.
Seine Fürsorge ging so weit, dass er einen Knoten im Hals von Oscar befühlte, dem Hund von Mrs Warren. Er versicherte der alten Dame, dass es nichts Ernstes war.
âIch werde das heute Abend nachschlagen. Ich bin ja kein Tierarztâ, sagte er zu Mrs Warren, die ihre neuen Herztabletten in der Hand hielt. Annabelle war sicher, dass sie eigentlich wegen Oscar und nicht wegen irgendwelcher Herzbeschwerden gekommen war. âWenn es etwas Ernstes ist, melde ich mich.â
Dennoch hatte sie das Gefühl, dass Nick hinter dem Lächeln und seiner Freundlichkeit in Grübeleien versunken war.
Natürlich kannte sie ihn nicht gut genug, um das wirklich zu wissen. Aber ihr Verdacht wurde bestätigt, als er sich ohne weitere Worte auf die Couch zurückzog und seinen Laptop einschaltete, sobald sie nach der Arbeit in ihr kleines Haus zurückgekehrt waren.
Nicht dass Annabelle Wert auf Konversation legte. Oder Zeit dafür hatte â¦
Ihr vorletzter Patient, Bill Green von der Yarrawonga-Farm, hatte ihnen ein unerwartetes Geschenk mitgebracht, nämlich ein halbes Rind in zwei Kühlboxen. âWir haben vor ein paar Tagen geschlachtet, ich dachte, ihr könnt etwas Fleisch gebrauchenâ, hatte er gesagt.
Während Nick mit dem Gynäkologen in Brisbane telefonierte, hatte Annabelle also die Kühlboxen ins Haus geschleppt und war nun in der Küche damit beschäftigt, das Fleisch in Portionen aufzuteilen, die sie für spätere Mahlzeiten einfrieren wollte.
Sie fluchte leise vor sich hin, als ein T-Bone-Steak, so groà wie New South Wales, auf den Küchenboden fiel.
Immerhin erregte sie so Nicks Aufmerksamkeit. Er war fluchende Frauen vielleicht nicht gewöhnt.
âWas machen Sie denn da?â Er saà auf der Couch im Wohnbereich der Küche und sah neugierig in ihre Richtung.
âIch kämpfe mit riesigen Fleischstücken. Einer unserer Patienten hat uns einen halben Ochsen geschenkt, und ich versuche, ihn in Stücke aufzuteilen und einzufrieren.â
Das interessierte ihn offenbar genug, um aufzuspringen und zu ihr zu kommen. âIch habe Fleisch noch nie so gesehenâ, gestand er ihr. âIch kaufe mein Fleisch immer in kleinen Päckchen im Supermarkt. Wie wissen Sie denn, welches Stück was ist und was man damit macht?â
âNa ja, ich rate auch ein bisschen. Also, das hier sind T-Bones â¦â Sie hob eines in die Luft. âUnd das lange Stück, das sind Rib-Steaks. Ich esse eigentlich vor allem Gemüse, insofern bin ich auch keine Spezialistin.â
âIch bin dann wahrscheinlich keine groÃe Hilfe.â Nick hob hilflos die Arme. âAber falls Sie jemanden zum Fleischschneiden brauchen, dann bin ich Ihr Mann. Ich habe auch schon in der Chirurgie gearbeitet.â
Annabelle lächelte, doch sein Angebot verunsicherte sie. Wenn sie gemeinsam in der Klinik arbeiteten, war das eine Sache, aber hier in der Küche war es ihr lieber, ihn auf Distanz zu halten.
Bevor sie eine höfliche Antwort formulieren konnte, klopfte es an der Tür, und Eileen kam herein.
âIch habe gehört, dass Bill euch Fleisch gebracht hatâ, sagte sie. âIch kann mich darum kümmern, allerdings sind drüben in der Tiefkühltruhe auch noch einige Stücke. Vielleicht machen wir einfach mal ein groÃes Barbecue vor der Klinik, was meint ihr?â Eileen schob Annabelle ohne groÃe Umstände beiseite, packte alle Fleischstücke bis auf zwei wieder in die Kühlboxen und wies Nick an, die Boxen in die Klinik zurückzutragen.
âDie beiden Steaks könnt ihr heute Abend essenâ, sagte sie zu Annabelle. âHinten auf dem Hof gibt es einen kleinen Gasgrill, es ist warm genug, um drauÃen zu essen. Im Kühlschrank findest du genug Zutaten für Salat, und
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