Aerzte Zum Verlieben Band 59
liebe, weil ich es nicht ertrage, wenn wir getrennt sind. James, ich weiß genau, wie du dich fühlst.“
„Nein, Ava, das weißt du nicht.“
„Doch, weil es mir genauso geht – ich will auch nicht mit dir zusammen sein, weil es sein muss, sondern weil ich es mir wünsche. Hier, sieh dir das hier an.“ Sie drückte ihm die DVD in die Hand.
„Oh, bitte, verschone mich mit dem Gefühlsschmalz.“ James stöhnte auf. „Ich habe genug von diesen aufmunternden Filmchen.“
Als sie darauf bestand, legte er die Scheibe widerstrebend ein.
Ava beobachtete ihn, während das erste Bild kam. „Ich bin schwanger, James, Anfang fünfzehnte Woche. Und bevor du dich fragst … da war nichts im Treppenhaus.“
„Ich weiß.“ James sah seine Frau an. „Du hättest es mir gesagt.“
„Wir haben ein bisschen Whisky getrunken und über Evie gesprochen, und dann bin ich in unsere Wohnung gegangen, um dich anzurufen.“
Wieder blickte er auf den Bildschirm, auf das winzige Etwas, ihr gemeinsames Kind. James spulte zurück und sah es sich wieder von vorn an.
„Warum hast du es mir nicht erzählt?“ Ava wusste, dass er nicht von Finn redete. „Wie konntest du es mir verschweigen?“
Es lag ihr schon auf der Zunge, dass sie vor seinem Apartment gestanden, dass seine Mutter sie nicht hereingelassen hatte. Aber das war nicht wichtig. Jetzt ging es nur um sie beide.
„Ich wusste nicht, ob ich es verlieren würde. Das kann immer noch passieren“, sagte sie. „Aber ich verspreche dir, dass ich zwar weinen und trauern werde, doch diesmal mit dir zusammen. Und noch etwas: Ich will nicht daran verzweifeln. Denn was auch passiert, ich bin so dankbar, weil ich durch dieses Baby so vieles begriffen habe …“
James schüttelte nur den Kopf, doch Ava kämpfte weiter, redete offen und ehrlich mit ihm wie mit Finn. „Das da ist deine Tochter oder dein Sohn, und wenn diese Schwangerschaft bestehen bleibt, willst du dann nur Besuchsrechte, James? Für jedes zweite Wochenende?“ Sie musste zu ihm durchgedrungen sein, denn er hob die Hand, aber sie war noch nicht fertig. „Kann ich es am Weihnachtsmorgen haben, bitte, und danach kannst du es mit zu deiner Mum nehmen oder zu deiner Freundin …“
„Hör auf!“
„Aber so wird es sich abspielen.“
„Nein.“ Und dann, völlig unerwartet, fing ihr stolzer, starker Ehemann an zu weinen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie Tränen bei ihm, nicht krampfhaft zurückgehaltene oder wütend geweinte Tränen, nein, sie rannen ihm einfach über die Wangen. Er wischte sie nicht einmal weg, saß da in seinem Stuhl, mager und kahl und gleichzeitig so wundervoll, dass ihr Herz vor Liebe überfloss.
Und da sie ihn nicht einfach in den Arm nehmen und küssen konnte, blieb sie, wo sie war, in Handschuhen und sterilem Kittel, und versuchte, stark zu sein.
„Oder du kommst noch heute zu mir zurück, und ich werde nie wirklich sicher sein können, ob es nur wegen des Babys ist.“
Wir haben die gleichen Ängste, dachte James. Wir fühlen das Gleiche, als wäre sie ein Teil von mir. „Ava, ich möchte bei dir sein, ob mit Kind oder ohne. Das ist alles, was ich je wollte.“ Ein plötzlicher Gedanke erschreckte ihn. „Darfst du überhaupt hier sein, ich meine, wegen der Chemo?“
„Ich habe die Schwester gefragt. Sie meinte, ich sollte die nächsten achtundvierzig Stunden vorsichtig sein und Abstand halten.“ Sie zwinkerte ihm zu, verbarg, dass sie fürchtete, die Chemo könnte Auswirkungen auf das Baby haben. Ava wollte ihn nicht unter Druck setzen. „Ich habe Whisky getrunken, bevor ich davon wusste, aber Marco meinte, ich sollte mir keine Sorgen machen. Und ich gehe wieder schwimmen … und reiten.“
„Jetzt auch noch?“, fragte James zweifelnd und schaute ihr in die Augen. Er kannte sie zu gut.
„Ja. Gestern bin ich ausgeritten, und am Tag davor genauso. Dem Baby geht es gut …“
„Und uns?“
„Auch“, sagte sie. „Ganz bestimmt, James.“ Jetzt weinte sie auch. Weil sie ihn nicht küssen durfte, nahm sie zärtlich sein Gesicht in ihre Hände. So lange hatte sie ihn nicht mehr berührt, so sehr hatte sie sich danach gesehnt. Es war wundervoll, seine warme Haut zu spüren, wenn auch ein bisschen frustrierend, dass sie ihm die Tränen nur mit behandschuhten Fingern abwischen konnte.
Ava, sonst praktisch und zielgerichtet, glaubte in diesem Moment wieder an verwandte Seelen, an Schutzengel und eine Liebe, die für sie vom Schicksal bestimmt war. Und James, der
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