Aeternum
wusste nicht, ob du verstanden hast, was ich dir am Telefon gesagt hab …«
»Also hast du beschlossen, uns zu folgen? Einfach so, mitten in die Gefahr?« Was hatte sie sich dabei nur gedacht? Er wollte sie nicht anherrschen, aber die Sorge ließ Juls Stimme barscher klingen als beabsichtigt.
Karins Augen funkelten. »Du hältst mich wohl immer noch für blöd. Ich hab Balthasar angerufen.«
»Du hast …« Die Stimme versagte Jul. Für einen Moment konnte er nichts weiter tun, als seine Mitbewohnerin anzustarren. »Du hast was? «
»Er hat mir letzte Nacht seine Handynummer gegeben, während er versucht hat, mich zu überreden, für ihn zu arbeiten. Ich wollte keinen Ärger, weißt du, deshalb hab ich sie gespeichert …« Sie holte kurz Luft, sprach dann immer schneller weiter. »Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Allein wäre ich doch nie hier reingekommen und hätte euch ja eh nicht helfen können. Also hab ich ihn angerufen und ihm gesagt, was Sache ist, und er ist jetzt der Chef bei den Dämonen, also hat er alle zusammengetrommelt und hat sie einen Angriff auf den Krater fliegen lassen, während wir mit einer kleinen Gruppe hier reingehuscht sind.«
»Und jetzt ist er hier unten?« Jul packte Karin bei den Schultern, konnte sich gerade noch davon abhalten, sie zu schütteln. Er hatte Amanda alleingelassen, während ihr Meister in der Nähe war! Die eine Person, gegen die sie ganz sicher nicht ankam.
»Ich weiß, dass du ihn nicht hierhaben willst, aber was hätte ich sonst tun sollen? Euch verrecken lassen?« Karin wand sich in seinem Griff. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis er merkte, dass er ihr weh tat. Schuldbewusst ließ Jul sie los, atmete einmal tief durch. Sie war gekommen, um ihm zu helfen. Er sollte besser anfangen, ein wenig dankbar zu sein.
Sie wollte ihm doch helfen, oder? Kurz durchzuckte ihn der Gedanke, ob sie ihn vielleicht verraten hatte, ob sie mit Baal gemeinsame Sache machte. Nein. Jul schüttelte den Kopf, um die Vorstellung zu vertreiben. Er würde nicht anfangen, seinen Freunden zu misstrauen. Das könnte dem Dämon so passen.
»Ich weiß, wie wir ihn wieder loswerden«, fuhr Karin fort. »Deshalb hab ich ihn überredet, mich mitzunehmen.«
Sie hatte ihn überredet? Einen Dämon, der selbst über seinen Beitrag zur Rettung der Welt verhandelte? Unruhig verlagerte Jul sein Gewicht, machte einen halben Schritt in die Richtung, in der er Amanda zurückgelassen hatte. Wo mochte Baal jetzt sein? Hatte er sie schon gefunden? Der Boden unter Juls Füßen schien zu glühen. Stehen zu bleiben wurde zu einer schier unlösbaren Aufgabe. Aber er durfte nicht blind losstürmen, musste erst herausfinden, was Karin ihm zu sagen hatte. »Wie meinst du das?«
Sie schob ihre Brille ein Stück die Nase hinauf. »Ich hab Pläne vom Bunker hier ausgegraben, schon vorher, weil ich mir dachte, dass ihr sie braucht. Das ganze Ding ist das reinste Labyrinth. Mit den Plänen dürfte es kein Problem sein, mit Balthasar und den Engeln hier unten Verstecken zu spielen. Ich musste ihn herbringen, aber wir können sie alle wieder abschütteln.«
Jul zwang sich zu einem Lächeln. »Okay«, brachte er heiser hervor. »Gute Arbeit.« Er konnte Karin nicht vorwerfen, dass sie getan hatte, was in ihrer Macht stand, um ihm zu helfen. Im Gegenteil. Sie hatte ihnen den Arsch gerettet, wie sie es nannte. Die angreifende Dämonenhorde hatte Amanda und ihn davor bewahrt, gefangen genommen oder von Flammenschwertern durchbohrt zu werden. Dennoch wurde Jul das Gefühl drohender Gefahr nicht los. Das Gefühl, dass Karins Einmischung irgendetwas Schreckliches bewirkt hatte.
Aber da stand sie und erwiderte sein Lächeln, strahlend und voller Erleichterung. Sie hatte wirklich gefürchtet, er könnte ihr böse sein. Oder war sie einfach froh, dass er sie nicht wieder wegschickte? Zu gern hätte er Letzteres getan. Zu gern hätte er sie in Sicherheit gewusst. Aber nun war sie schon einmal hier, und er konnte sie kaum allein mitten durch eine Schlacht zurücklaufen lassen.
Allein lassen musste er sie dennoch. »Bleib hier, ich hole Amanda.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um, rannte los.
Mitten im Lauf traf ihn die Erkenntnis, brachte ihn beinahe ins Stolpern. Er wusste, warum Baal bereit gewesen war, Karin mitzunehmen. Wie hatte er so blind sein können?
Verbissen beschleunigte Jul seine Schritte, rannte gegen das Gefühl an, dass er zu spät kommen würde. Der Dämon musste wissen, dass
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