Aeternum
nicht, dass sie Einbrecherin war, bevor sie zu dir gekommen ist? Welcher deiner Diener sollte geeigneter sein? Schauspieler etwa? Oder Manager vielleicht?«
Amanda dachte an die Wachen, die sie und Roman vor einem Jahr erwischt hatten. Worum auch immer es ging, sollte Krätschmer diese Aufgabe doch übernehmen, das narbengesichtige Arschloch. Doch sie wusste, was geschehen würde, wenn sie sich in dieses Gespräch einmischte.
Zwei weitere Schritte, und Balthasar stand zwischen Amanda und der Obersten der Dämonen. Die Geste hatte etwas erstaunlich Beschützendes. »Ich habe ein paar ehemalige Soldaten, die …«
»Wir können dort unten niemanden gebrauchen, dessen erste Reaktion auf etwas Unerwartetes Geballer ist. Du schickst sie. Oder gibt es irgendeinen besonderen Grund, wieso du ausgerechnet ihr diese Aufgabe nicht übertragen willst?«
Schweigen senkte sich über den Raum. Nachaschs Blick war lauernd, sie wirkte wie eine sprungbereite Raubkatze, die nur darauf wartete, dass ihre Beute eine falsche Bewegung machte. Balthasar hob in gespielter Gleichgültigkeit die Schultern, setzte dazu an, etwas zu sagen …
»Könnte mir jemand erklären, von was für einer Aufgabe hier überhaupt die Rede ist?« Die Worte waren heraus, ehe Amanda sie zurückhalten konnte, getrieben von einer gefährlichen Mischung aus Wut und Angst. Nicht nur, dass die beiden Dämonen über sie sprachen, als wäre sie nicht im Raum, es schien zusätzlich um etwas zu gehen, das nicht einmal Balthasar gefiel.
Der Schmerz flammte so plötzlich auf, dass Amanda einen Schrei nicht unterdrücken konnte. Wie um die Flammen zu ersticken, die darüber zu züngeln schienen, zog sie ihren Arm an den Körper und presste die Lippen fest aufeinander. Die Gestalten der beiden Dämonen verschwammen vor ihren Augen.
»Lass sie.«
Langsam verebbte das Brennen in ihrem Tattoo, nur die Demütigung glühte noch nach. Es war schlimmer, wenn jemand zusah. Und genau deshalb durfte sie erst recht keine Schwäche zeigen. Amanda straffte sich und strich ihr Oberteil glatt. Als sie aufsah, begegnete sie Nachaschs Blick. Neugierde glitzerte darin und etwas, das sie nicht deuten konnte. Die Dämonin winkte sie näher.
»Du hast von dem Unglück auf dem Alexanderplatz gehört?«
Amanda nickte, während sie einige Schritte auf die beiden Dämonen zuging. In Balthasars Augen glomm ein tödliches Funkeln. Es versprach ihr, dass ihre Einmischung noch Folgen haben würde. Doch für den Moment schwieg er.
»Was auch immer genau dort geschehen ist, dieser Einsturz war mehr als ein einfaches Unglück. Wir haben uns mit den Engeln darauf geeinigt, dass jede Gruppe einen Späher in den Krater schickt, um herauszufinden, was dort vor sich geht.«
Sollte sie es wagen, weitere Fragen zu stellen? Amanda warf Balthasar einen kurzen Seitenblick zu. Seinen Zorn hatte sie sich bereits zugezogen, schlimmer konnte sie es eigentlich nicht mehr machen. »Wieso wollt ihr dann ausgerechnet mich schicken? Sicher wäre irgendein Dämon besser dafür geeignet.«
Ein Lächeln ohne Wärme huschte über Nachaschs Züge. »Wir haben Grund zu der Annahme, dass dort unten größere Gefahren lauern als Gaslecks oder Trümmerlawinen. Einige Feuerwehrleute und Sanitäter sind dort bereits verschwunden. Wir schicken jemanden, der ersetzbar ist.«
*
Im Auto herrschte angespanntes Schweigen. Amanda steuerte den schweren Mercedes wie in Trance durch den Berliner Nachmittagsverkehr. Nur langsam drang zu ihr durch, was das Gespräch mit Nachasch für ihre Zukunft bedeutete.
»Sie weiß es, nicht wahr?« Sie leckte sich die trockenen Lippen. »Dass ich deine Magierin bin.«
»Natürlich weiß sie es«, schnappte Balthasar. »Wenn irgendwo ein Gerücht umgeht, kannst du sicher sein, dass sie es kennt. Und eine bessere Gelegenheit, dich loszuwerden, hätte sie sich kaum wünschen können. Verdammt!« Dumpf krachte seine Faust auf das Armaturenbrett. »Noch ein wenig länger, und ich hätte vielleicht ihren wahren Namen herausgefunden. Ich habe eine Ahnung, wer sie sein könnte.«
Das klang, als gäbe Balthasar sie bereits verloren. Diese Erkenntnis riss Amanda aus ihrer Betäubung. Sie verkrampfte die Hände um das Lenkrad, damit sie nicht zitterten.
»Ich habe nicht vor zu sterben, Balthasar. Das Leben bei dir ist vielleicht beschissen, aber nicht beschissen genug, um einen Todeswunsch zu rechtfertigen.« Sie holte tief Luft. Irgendwie musste sie aus dieser Situation wieder herauskommen.
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