Aeternum
eigene Geruch nach heißem Schiefer stieg ihr in die Nase. Seine Stimme war kaum mehr als ein Zischen, als er sprach. »Du siehst hier die Oberste aller Dämonen vor dir. Wenn sie sich uns gleich nähert, wirst du aufstehen und dich verbeugen, oder ich schwöre dir, du wirst die nächsten fünf Nächte kein Auge zutun.«
Er meinte es ernst, das war ihr klar, als sie in seine Augen blickte, deren Iris eine beinahe schwarze Färbung angenommen hatte. Balthasars Lippen bildeten einen dünnen Strich, und eine steile Falte furchte seine Stirn. Was auch immer ihm die Laune verdorben hatte, es konnte nicht allein ihr fehlender Diensteifer gewesen sein. Eilig erhob sich Amanda aus ihrem Sitz. Es gab Zeiten, da gehorchte man besser widerstandslos.
Balthasar nickte zufrieden, doch sein Gesichtsausdruck blieb düster. Irgendetwas musste sich bei der Besprechung mit den Engeln ergeben haben, das ihm ganz und gar nicht gefiel.
Amanda sah zu der Dämonin hinüber, die noch immer mit ihrem Diener sprach. Sie war hochgewachsen, trug eine schwarze Hose und ein ärmelloses, tief ausgeschnittenes Oberteil von derselben Farbe. Das rote Haar hatte sie hochgesteckt, nur einige entkommene Löckchen umrahmten ein ausgesprochen hübsches Gesicht. Das rechtfertigte zumindest ansatzweise die bewundernden Blicke, die der Diener seiner Herrin zuwarf.
Die Augen der Dämonin wirkten zu Amandas Überraschung freundlich, freundlicher sogar als die aller Engel, denen sie an diesem Tag begegnet war. Sie sah nicht so aus, wie Amanda sich den obersten Dämon vorgestellt hatte. Sie hatte mehr Härte erwartet, vielleicht sogar einen grausamen Zug. »Wie soll ich sie ansprechen?«, flüsterte sie Balthasar zu.
»Du nennst sie Herrin oder Meisterin Nachasch. Aber du wirst nur sprechen, wenn man dich dazu auffordert.«
Nachasch? Balthasar hatte das ch ungewöhnlich kehlig ausgesprochen, so dass das Wort noch einmal fremdländischer klang. Doch ganz sicher war dies nicht der wahre Name der Dämonin. Denn auch wenn es nicht viele Magier gab, wäre es wohl sehr unklug von ihr gewesen, ihren wahren Namen preiszugeben. Andererseits … war der Name des ersten gefallenen Engels nicht ohnehin bekannt?
Neugierde nagte an Amanda, etwas, das selbst das Jahr des Dienstes bei Balthasar ihr nicht vollständig hatte austreiben können. »Sie ist doch nicht etwa Luzif…?«
»Nein.«
Weitere Fragen brannten ihr auf der Zunge, aber ihr linker Arm begann zu prickeln, und so schluckte sie sie hinunter. Stumm sah sie zu, wie der Diener nach einer weiteren Verbeugung in Richtung Innenhof verschwand. Nachasch wandte sich ihnen zu, und Amanda ballte die Hände zu Fäusten. O ja, sie würde es hassen, sich verbeugen zu müssen. Fast so sehr, wie sie sich selbst dafür verachtete, dass sie es trotzdem tun würde, weil Balthasars Drohung immer noch allzu frisch in ihren Ohren klang.
Doch zu ihrer Überraschung blieb ihr die Verbeugung erspart. Die Dämonin winkte ihnen lediglich, ihr zu folgen, und schritt dann auf die noch immer offen stehende Tür zum Besprechungsraum zu. Auch Balthasar setzte sich in Bewegung, und Amanda folgte ihm zögernd und mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. Was wollte die oberste Dämonin von ihr?
Auf dem U-förmigen Konferenztisch standen umgedrehte Gläser und unangetastete Wasserflaschen, als hätte in diesem Raum nicht gerade erst eine mehrstündige Diskussion stattgefunden. Nur eine Feder zwischen den Beinen eines Stuhls deutete auf die Wesen hin, die sich bis vor kurzem noch darin aufgehalten hatten. Die Feder wirkte halb durchscheinend und schimmerte, als wäre sie nicht ganz von dieser Welt.
Erst das Geräusch, mit dem Balthasar die Türen schloss, holte Amanda ganz in die Gegenwart zurück. Im leisen Klicken des Schlosses schwang etwas Bedrohliches mit. Nun saß sie in diesem Raum fest, allein mit zwei mächtigen Dämonen, und ihr einziger Trost bestand darin, dass zumindest einer von ihnen sie nicht tot sehen wollte.
Amanda atmete tief durch und versuchte, ihre flatternde Nervosität so weit wie möglich von sich fortzuschieben.
Balthasar trat ein paar Schritte in den Raum, auf Nachasch zu. »Ich denke wirklich nicht, dass Amanda für diese Aufgabe geeignet ist. Lass mich einen meiner anderen Diener auswählen.«
Alarmiert blickte Amanda von Dämon zu Dämon, doch keiner der beiden beachtete sie. Nachasch schüttelte den Kopf, und nun lag ein gefährliches Blitzen in ihren Augen. »Du wirst sie schicken. Sagtest du
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