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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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das bewies längst nicht, dass sie keine Verräterin war. Karin hatte den Engel abgelenkt, weggelockt. Vielleicht nicht in der Absicht, ihnen zu schaden, aber das Ergebnis blieb dasselbe. Hätte sie nicht einfach dort bleiben können, wo sie gewesen war?
    »Amanda?« So viel Sorge in einem Wort. Nur Jul hatte ihren Namen in den letzten Tagen auf diese Art ausgesprochen. Und nun klang Karin genauso und wirkte so verdammt ehrlich dabei, überhaupt nicht wie eine Verräterin. Nicht einmal wie jemand, dem man ohne Gewissensbisse die Schuld für das eigene Versagen aufladen konnte. Karin hatte sich nicht von Balthasar überlisten lassen. Das war Amanda ganz allein gewesen.
    Sie schluckte einen bitteren Klumpen hinunter. »Ein Engel hat mich am Bein erwischt.«
    Juls Mitbewohnerin kniete neben ihr nieder. »Aber nicht gerade eben, oder? Wir haben dich schreien gehört.« Ihr Blick glitt über Amandas Körper, als suche sie nach weiteren Wunden.
    »Das war nur das Scheißding hier.« Amanda hob die linke Hand, auf deren Rücken der blutrote Schlangenkopf prangte. Erschrocken zuckte Karin vor der Geste zurück. Oder war es etwas in ihrer Stimme?
    »Ich hätte Balthasar nicht anrufen sollen.« Die Worte waren so leise, dass Amanda sich anstrengen musste, um sie zu verstehen. Sie schnappte nach Luft. Karin hatte …? Sie war also nicht nur die Ablenkung für Jul gewesen, sondern hatte Balthasar auch verraten, wo er sie finden konnte? Amanda ballte die Hände zu Fäusten, hörte ihre eigenen Zähne knirschen. Sie musste gegen das Bedürfnis ankämpfen, Karin zu packen und zu schütteln und ihr ins Gesicht zu schreien, was sie sich dabei gedacht hatte.
    »Ja, hättest du nicht.« Wieder zuckte Juls Mitbewohnerin zusammen, diesmal wohl wegen der Kälte in Amandas Stimme.
    »Es tut mir so leid.« Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht. »Ich wusste einfach nicht, was ich sonst tun sollte. So viele Engel …«
    Ach, Scheiße. Amanda sah die Dämonen vor sich, die mitten in die Schar der Engel gestürmt waren. Die Dämonen, die sie und Jul wahrscheinlich vor dem sicheren Tod bewahrt hatten. Angeführt von Balthasar, herbeigerufen von der Frau, die hier vor ihr saß und sich genau dafür entschuldigte.
    Mit einem Mal kam sich Amanda wie eine undankbare Idiotin vor. Sie räusperte sich. »Michael in die Hände zu fallen wäre auch nicht besser gewesen.«
    Juls Mitbewohnerin ließ sich neben ihr gegen die Wand sinken. Sie starrte ins Leere, dem Strahl ihrer Taschenlampe nach. Hatte sie Amandas Worte überhaupt gehört? »Ich hab die ganze Zeit gedacht, es wär vielleicht nicht so schlimm, wenn Balthasar diese Waffe bekommt. Aber jetzt, wo ich weiß, weswegen du so geschrien hast … Ich hab nicht gedacht …« Sie hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Ich weiß nicht, was ich gedacht hab … Dass er in Wirklichkeit doch ganz in Ordnung wäre, nehme ich an. Er hat ein paar wirklich intelligente Sachen gesagt gestern Nacht. Über Religion und Gesetze und so …« Sie seufzte und schüttelte den Kopf, als wollte sie die Erinnerung beiseiteschieben. »Ich glaub immer noch, dass er ganz in Ordnung sein könnte, wenn er wollte, aber … Vielleicht kann Jul diese Waffe zurückholen?«
    »Oder er stirbt bei dem Versuch.« Amanda hatte geglaubt, nichts mehr zu verlieren zu haben, aber der Kloß in ihrer Kehle sagte etwas anderes. Eine Sache konnte Balthasar ihr noch nehmen.
    »Scheiße.« Karin stemmte sich wieder in eine hockende Position. »Wir können nicht einfach hier rumsitzen. Wir müssen irgendwas tun!« Sie musterte Amanda nachdenklich im Schein ihrer Taschenlampe. »Die Verletzung hindert dich doch nicht daran, dein Magiezeugs zu machen, oder? Kannst du humpeln?« Ohne eine Antwort abzuwarten, erhob sie sich ganz und streckte die Hand aus.
    Amanda zögerte. Sie würden Jul und Balthasar niemals einholen. Alles, was sie gewann, wenn sie jetzt aufstand, waren mehr Schmerzen. Aber war das ein Grund aufzugeben? Ein Grund, hier herumzusitzen und sich selbst zu bemitleiden? Wenn sie nichts unternahm, würde sie am Ende nur wissen, dass sie es nicht einmal versucht hatte. War sie es nicht Roman und Jul und auch sich selbst schuldig, bis zuletzt zu kämpfen? Vielleicht konnte sie nicht gewinnen, aber sie konnte es Balthasar so schwer wie möglich machen. Wie immer. Und alles war besser, als in diesem kahlen Raum zu sitzen und darauf zu warten, dass irgendetwas geschah.
    Mit neuer Entschlossenheit ergriff sie die angebotene

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