Aeternum
wieder einen Streit ausfechten, den sie nur verlieren konnte. Diese Sache sollte ihr offensichtlich irgendwie helfen, wenn sie Balthasars Äußerungen richtig gedeutet hatte. Wie genau, das würde sie wohl früh genug erfahren. Sie setzte das Glas an die Lippen.
Scharf wie hochprozentiger Alkohol rann das Blut ihre Kehle hinab, während Balthasar sie mit düsterer Miene beobachtete. Sie leerte das Glas in einem Zug, schüttelte sich, als sie es absetzte. Hitze breitete sich vom Magen ausgehend in ihrem ganzen Körper aus.
»Vor ein paar Jahrhunderten hat ein Magier, der mich beschworen hatte, diesen Trick entdeckt.«
Amanda schauderte trotz des kleinen Feuers, das in ihrem Bauch zu glühen schien. Sie wollte gar nicht wissen, wie man zufällig auf die Idee kommen konnte, das Blut eines Dämons zu trinken. Doch sie kannte Auszüge aus einigen Aufzeichnungen vergangener Magier, und was sie dort gelesen hatte, ließ ein solches Experiment nicht allzu unwahrscheinlich erscheinen.
Das Feuer des Dämonenblutes glühte immer heißer in ihrem Inneren, rann durch ihre Adern, trieb ihr den Schweiß auf die Stirn. Amanda schloss die Augen, atmete möglichst flach, denn jede Bewegung schien die Flammen weiter anzufachen. Sie wartete darauf, dass es vorbeigehen würde, hoffte, es möge nicht lange anhalten, und verfluchte einmal mehr stumm ihren selbsternannten Herrn. Er hätte sie zumindest auf die Nebenwirkungen vorbereiten können.
Dann erreichte das Feuer die Quelle ihrer Magie. Amanda schnappte nach Luft. Es war wie ein Adrenalinstoß. Sie fühlte sich wacher und stärker, ihre Probleme erschienen ihr mit einem Mal klein. Ungeahnte Macht durchströmte sie, und mit ihr kam ein neues Verständnis dafür, wie die Dinge funktionierten. Amanda schlug die Augen auf, richtete den Blick auf das Weinglas. Noch nie war es ihr so leichtgefallen, eine Verbindung zwischen ihrer Magie und einem Gegenstand herzustellen. Noch nie war eine Verbindung so stark gewesen. Sie fühlte die Kristalle des Glases, das regelmäßige Gittermuster der Moleküle. Und sie wusste mit einem Mal, wie einfach es war, dieses Gitter zu zerstören. Wo sie dafür ansetzen musste.
Ein Gedanke nur, und das Glas zersprang. Klirrend rieselten die Scherben auf den Tisch.
Sie sah zu Balthasar, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch etwas in seiner Miene ließ sie innehalten. Eine Regung, die sie dort noch nie zuvor gesehen hatte: Furcht. Er hatte Angst vor ihr. Vor der Macht, die er ihr selbst gegeben hatte! Mühsam unterdrückte Amanda ein ungläubiges Lachen. Wie groß musste diese Macht dann sein? Groß genug, um ihn zu besiegen?
Nun perlte das Lachen doch noch über ihre Lippen, und mit ihm schwanden die letzten Zweifel. Natürlich konnte sie Balthasar besiegen. Mit einem Mal verstand sie gar nicht mehr, wieso sie ihn überhaupt je gefürchtet hatte.
Amanda senkte den Blick zu dem Messer, auf dessen blutiger Klinge im Licht der Lampen Glasscherben glitzerten. Noch ehe sie einen bewussten Entschluss gefasst hatte, sauste es auf Balthasar zu.
Sein Arm fuhr hoch, die Klinge grub sich bis zum Heft in seine Handfläche. Seine düstere Miene umwölkte sich noch weiter, doch er zeigte keinen Schmerz.
Balthasars Stuhl kippte, als er aufsprang. Klappernd fiel er zu Boden. Wie aus weiter Ferne spürte Amanda ein leichtes Brennen in ihrem Tattoo, aber es drang nicht zu ihr durch. Er konnte ihr nichts anhaben!
Mit einem Ruck zog Balthasar das Messer aus seinem Fleisch und rammte es tief in den Tisch. Ein Knurren kam über seine Lippen, die Zähne waren nicht mehr ebenmäßig, sondern spitz. Ein Funken von Furcht glitzerte noch immer in seinen Augen, doch seine Züge hatte er wieder unter Kontrolle. Niemals Schwäche zeigen. Diese Lektion hatte sie von ihm gelernt.
Auch Amanda kam auf die Füße. Sie sah Balthasars Gestalt verschwimmen, und kurz darauf flog ein dunkler Schemen auf sie zu. Instinktiv hob sie die Arme, griff gleichzeitig nach der schier unerschöpflichen Kraft in ihrem Inneren.
Etwas krachte gegen ein nahes Regal. Ein riesiger schwarzer Hund ging in einem Regen aus Büchern zu Boden. Staub und Papierfetzen wirbelten auf. Sofort kam er wieder auf die Beine, schüttelte sich, und wieder verschwamm seine Gestalt. Er wuchs, gewann an Masse.
Amanda wollte ihn erneut von sich stoßen, doch diesmal stemmte er sich gegen ihre Kraft. Wie war das möglich? Irgendetwas geschah mit ihrer neugewonnenen Macht. Sie schien ihr durch die Finger zu rinnen, und
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