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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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Straße. »Sag das mal meiner Freundin! Sie hat auf die verdammte U-Bahn gewartet, und jetzt is sie tot! Aber wahrscheinlich kann die’s auch einfach sein lassen, tot zu sein, was?«
    Wie schnell Trauer in Zorn umschlagen konnte. Jul machte einen Schritt vor, erneut getrieben von jenem Gefühl, das er noch immer nicht ganz begriff. Mitleid.
    Es blieb bei diesem Schritt. Was sollte er schon tun? Er konnte Tote nicht lebendig machen, konnte nicht jedem helfen. Warum trieb ihn dieses Gefühl immer wieder dazu, es zu wollen?
    »So war das nicht …«, begann die Frau.
    »Weißte, warum ich grad hierherwollte?« Der Betrunkene deutete mit einer weit ausholenden Geste auf die Kneipe hinter ihm. »Weil ich nicht so tun will, als wär kein verdammtes Loch mitten in Berlin! Weil ich verdammt noch mal keine Angst hab! Wenn das so weiterbebt, dann verschwindet diese ganze große Riesenstadt vielleicht in ’nem großen Riesenkrater. Dann sind wir alle tot! Mausetot! Aber ich sag euch was, bis dahin hab ich keine Angst! Und ich werd euch zeigen, wie sehr mich dieses Loch am Arsch lecken kann!«
    Erstaunlich zielstrebig marschierte der Mann los, die Straße hinunter in Richtung Alexanderplatz. Seine Freunde eilten ihm nach. Die Frau versuchte, den Betrunkenen festzuhalten, aber er riss sich los. »Ich piss in dieses verdammte Loch!«, hörte Jul ihn noch rufen. Dann verschwand er um eine Ecke.
    Wie der Mann wohl reagieren würde, wenn er merkte, wie gut sein »verdammtes Loch« abgeriegelt war?
    Eine Weile stand Jul auf der Straße, während ihm dämmerte, wie sehr er sich auf seine eigenen Probleme konzentriert hatte. Flügel hin oder her. Sie waren nicht der einzige Grund, zu tun, was Michael verlangte.
    *
    »Ist das dein Ernst?« Mit hochgezogenen Brauen drehte Karin sich auf ihrem Schreibtischstuhl zu ihm um. Trotz der späten Stunde war sie bei seiner Rückkehr noch wach gewesen, was Jul nicht sonderlich erstaunt hatte. Für Karin war es ganz normal, die Nacht zum Tag zu machen.
    »Absolut. Morgen steige ich in den Krater.« Er lehnte in ihrer Zimmertür, denn er wagte es nicht, den Raum zu betreten. Es schien kaum eine Stelle auf dem Boden zu geben, an die man den Fuß setzen konnte, ohne Gefahr zu laufen, empfindliche Elektronikteile zu zertreten. Mehrere Computergehäuse standen geöffnet herum, dazwischen lagen Kabel und Werkzeuge, halb verborgen unter alter Kleidung. Hinter Karin zeigte ein großer Bildschirm Reihen von Text mit vielen Klammern und Zahlen, die Jul nicht verstand.
    »Und wie kommst du durch die Sperren?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Da laufen zu jeder Tages- und Nachtzeit haufenweise Polizisten rum, falls du es vergessen haben solltest. Und dann der Zaun und alles.« Seufzend schüttelte sie den Kopf. »Allerdings, wenn du’s schaffst, kommen wir vielleicht endlich mal weiter. Ich werd hier nämlich langsam wahnsinnig. Immer wenn ich meine, irgendeinen Hinweis auf die Ursache für diesen Welleneffekt gefunden zu haben, löst er sich im nächsten Moment in Luft auf.« Sie machte ein zischendes Geräusch und stellte mit einer Hand eine kleine Explosion dar. »Das ist, als würde man versuchen, einer Spur aus unsichtbaren Brotkrumen zu folgen.«
    Unwillkürlich musste Jul über Karins kleine Darbietung lächeln. »Ich gehe auf Geheiß eines Erzengels. Die Kirche hat in diesem Land zwar nicht mehr so viel Macht wie früher, aber er wird schon wissen, wie ich dort hineingelange. Und falls nicht, sind da immer noch die Dämonen, die ebenfalls jemanden in den Krater schicken und die ganz sicher die richtigen Leute kennen.«
    Karins Brauen zogen sich zusammen. »Moment … Soll das etwa heißen, Engel und Dämonen machen hier gemeinsame Sache? Und was zur Hölle hast du überhaupt mit einem Erzengel zu schaffen? Jul, was geht hier nun schon wieder ab? Warum erfahr ich erst jetzt davon?« Sie hielt einen Moment inne. » Zur Hölle war grad die falsche Formulierung, oder?«
    Diesmal reichte es nur zu einem kurzen Schmunzeln, zu deutlich war die Erkenntnis, dass er Karin längst nicht genug über die Zusammenhänge erzählt hatte. Wo fing er am besten an? »Ich habe dir doch gesagt, dass es einen Waffenstillstand zwischen Engeln und Dämonen gibt«, begann er schließlich.
    Karin nickte. »Sagst du mir jetzt endlich auch mal, warum?«
    »Na ja, das ist auch nicht so einfach zu erklären. Stark vereinfacht kann man sagen, dass die Dämonen sich hier auf der Erde eingenistet haben. Und die Engel

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