Aeternum

hätte. Angenehme Kühle umfing sie, und unter ihr gähnte einmal mehr absolute Finsternis. Auch die nähere Umgebung konnte sie im spärlichen Licht, das von oben hereinfiel, nur schemenhaft erkennen. Sie streckte die Hand durch das Loch hinauf, und Jul reicht ihr die Taschenlampe. Kurz darauf folgte der Rucksack.
    Scharren deutete an, dass der Engel ihr folgte, doch sie sah nicht in seine Richtung und leuchtete stattdessen die Halde hinab. Dort, eine Bewegung! Irgendetwas huschte vor dem Lichtstrahl davon. Eine Ratte? Hoffentlich. Wer wusste schon, was sich sonst noch hier herumtrieb.
    Der Tunnel verlief nicht parallel zu dem Gang oben, dennoch blockierte die Schutthalde auch hier eine Richtung komplett. Schienen glänzten am Boden unter den Trümmerstücken, und Amanda folgte ihnen mit dem Blick. Flimmerte dort vorne nicht etwas? Erklang in der Ferne nicht leises Rumpeln?
    Betonbrocken kullerten an ihr vorbei, dann hockte Jul neben ihr. Sie leuchtete in seine Richtung, und das Licht ihrer Taschenlampe huschte über eine leicht verbogene Metallstange, die er gerade aus dem Schutt klaubte. Offenbar hatte er eine Vorliebe für diese Dinger.
    »Was wird das nun schon wieder?«
    Er grinste. »Wenn wir hier unten unterwegs sind, habe ich gerne mein eigenes Licht.« Mit diesen Worten hielt er die Stange ein Stück von sich weg. Plötzlich loderten blaue Flammen auf, leckten über das Metall. Erschrocken zuckte Amanda zurück. Sie verlor das Gleichgewicht, fing sich mit der freien Hand ab. Flackernde Schatten tanzten über die Wände des Gangs.
    Wieder einmal bemühte sie sich um einen unbeeindruckten Gesichtsausdruck. »Wieso hast du dann vorhin überhaupt meine Taschenlampe haben wollen?«
    »Habe da oben nichts Passendes aus Metall gefunden.«
    Der Trick funktionierte also nur mit Metall. Amanda hob betont gleichgültig die Schultern, obwohl sie die flackernden blauen Flammen nicht eine Sekunde aus den Augen ließ. »Damit wärst du auf jeden Fall das Highlight jeder Party.«
    Sie zog den Rucksack zu sich heran und zwang ihren Blick von dem unirdischen Feuer fort. Schließlich konnten sie nicht ewig am oberen Ende dieser Halde sitzen bleiben. Vorsichtig rutschte Amanda ein Stück den Hang hinunter.
    »Wahrscheinlich sagt es einiges über euch Menschen aus, dass ihr Flammenschwerter für einen Partygag haltet.« Auch Jul setzte sich in Bewegung, eingehüllt in blaues, unstetes Licht.
    »Was du da hast, wäre ein ziemlich armseliges Schwert.«
    »Selbst dieses armselige Schwert könnte einem Dämon eine Wunde schlagen, die sich nicht mehr schließt.«
    Amanda horchte auf. War es das, womit Michael sie vor Balthasar schützen wollte? Konnte der Erzengel ihren selbsternannten Herrn vielleicht sogar töten? Nein, nur nicht hoffen. Wenn es so einfach wäre, gäbe es wahrscheinlich keinen Waffenstillstand und keinen einzigen verdammten Dämon mehr.
    »Und genau deshalb verwendest du diese ach so mächtige Waffe nun als Fackel?« Ihrem Spott zum Trotz rückte Amanda ein Stück von Jul ab. Wenn diese blauen Flammen besonders Dämonen gefährlich werden konnten, wollte sie ihnen nicht zu nahe kommen, solange Balthasars Blut durch ihre Adern kreiste.
    Schließlich blieb die Decke weit genug über ihnen zurück, um aufrecht stehen zu können. Dennoch bewältigten sie den Rest des Weges eher schlitternd als gehend. Inmitten einer kleinen Schuttlawine erreichte Amanda den Fuß der Halde. Erleichtert atmete sie auf, als sie festen Boden unter den Füßen spürte.
    Der Lichtstrahl der Taschenlampe glitt über vor Nässe glänzende Betonwände, und Juls improvisiertes Flammenschwert tauchte die Schienen in flackerndes blaues Licht.
    Amanda stutzte. War das ein Flecken blanker Erde in der Wand? Mit gerunzelter Stirn trat sie näher. Tatsächlich. Der Übergang von steinigem Lehm zu Beton war nahtlos. Und dort vorne ragte ein Felsbrocken in den Tunnel, gerade so, als wachse er direkt aus der Wand.
    Es wirkte, als wären sie in ein begehbares modernes Kunstwerk geraten.
    »Was zur Hölle ist hier passiert?«
    Jul zuckte mit den Schultern. »Wenn ich das wüsste.« Er trat an den Erdflecken heran und kratzte mit dem Finger ein wenig weichen Lehm aus der Wand. »Aber wenn es hier überall so aussieht, wundert es mich nicht, dass einige Tunnel eingestürzt sind.«
    »Ich schätze, wenn wir das unseren Leuten als Erklärung präsentieren, schicken sie uns gleich wieder zurück, was?« Die Frage war nur halb ernst gemeint. Natürlich würden