Aeternus - Sanfter Tod: Roman
damit sie bei der Geburt von Nicos und Tatianas Kind dabei sind. Lisbet ist so aufgeregt, dass sie es kaum erwarten kann.«
»Das klingt, als ob sich Ihre Cousine allmählich an das Leben außerhalb der Gefangenschaft gewöhnen würde.« Er strich über Antoinettes Arm. »Ich bin so froh, dass sie aufgeblüht ist. Für jemanden wie sie kann eine solche Situation sehr schwierig sein.«
»Ja, aber ihre Umgebung hat inzwischen begriffen, dass sie sehr viel älter ist, als sie aussieht. Sie wird wie eine Erwachsene behandelt, auch wenn sie manchmal noch die Ich-bin-ein-kleines-Mädchen-Karte spielt, wenn es ihr gerade passt.«
Rudolf nickte weise. »Es muss schwierig sein, als Hundertjährige im Körper eines kleinen Mädchens gefangen zu sein. Aber jetzt muss ich mit Ihnen allen über etwas Wichtigeres reden.«
Langsam und bedächtig durchquerte er den Raum und ließ sich in den leeren Sessel rechts von Oberon sinken.
Kitt hielt den Kopf schräg und beobachtete ihn. Dieser Spazierstock ist eher eine Requisite als eine Notwendigkeit.
Ruckartig drehte er den Kopf zu ihr herum. Seine schmalen Augen waren trüb vom Alter, besaßen aber noch eine Eindringlichkeit, die sie bei wenigen anderen Menschen gesehen hatte.
Kann er Gedanken lesen?
Genauso schnell richtete er nun den Blick auf den Incubus. Es war wohl nur Einbildung gewesen.
»Wir können nicht auf Raven warten. Ich werde ihn später in Kenntnis setzen«, sagte Oberon. »Kitt, du fängst an.«
7 AUFZIEHENDE FINSTERNIS
Als der uralte kleine Mann Platz nahm, lehnte sich Oberon in seinem Sessel zurück, hob die Arme und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, während er den Tisch entlangschaute. Kitt sah ihn an, als sie aufstand; er spürte das Stechende in ihrem Blick. Sie würde ihm wegen Raven vergeben, wenn der Schock nachließ, denn letztendlich würde sie begreifen, dass er Raven nicht hatte abweisen können – nicht einen Wolf mit einem so großen Talent wie dem seinen. In der nächsten Zeit würden sie alle Fähigkeiten benötigen, die sie bekommen konnten, wenn das, was Rudolf ihm zuvor gesagt hatte, der Wahrheit entsprach.
Kitt räusperte sich. »Das letzte Opfer war ein junger Ursier, der auf dieselbe Art getötet wurde wie die Felierin, die vor über zwei Monaten auf dem Campus gefunden wurde.«
Der breite Bildschirm zeigte nebeneinander die Bilder der beiden Opfer. Oberon hatte Tony angewiesen, Bilder vom letzten Tatort auszugraben und mit jenen Fotos zusammenzufügen, die Antoinette vom vorletzten Opfer mitgebracht hatte.
Kitt warf einen kurzen Blick auf den Bildschirm. Überraschung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Ihr Blick glitt hinüber zu Tony, doch dann setzte sie rasch wieder eine Maske der Professionalität auf. »Wie Sie sehen können, sind die Wunden identisch …« Sie ging näher an den Bildschirm heran und zeigte darauf. »DieOpfer wurden durch eine silberne Klinge bewegungsunfähig gemacht, die ihnen in den unteren Teil des Nackens gerammt wurde.«
Unter den Hauptbildern befand sich eine Reihe kleinerer Fotos. Sie klickte vier von ihnen an, und sofort ersetzten sie die beiden großen Porträts der Opfer. Zwei der vier Fotos zeigten die Halswunden, und auf den anderen beiden war die Klinge mit einem darunterliegenden Zollstock zu sehen, dem zufolge sie eineinhalb Inches lang war.
Während Kitt die Ähnlichkeiten zwischen den Morden erläuterte, schweiften Oberons Gedanken ab. Er wusste, dass es kein Nachahmungstäter, sondern derselbe Killer war. Er fragte sich nur, wie die anderen Rudolfs Theorie aufnehmen würden.
Er betrachtete die Gesichter, die um den Tisch versammelt waren. Alle waren wegen ihrer Fähigkeiten ausgesucht worden, und alle waren einverstanden, für ihn zu arbeiten. Alle außer Kitt. Er würde sie fest in sein Team einbinden, sobald sich die Lage ein wenig beruhigt hatte. Durch den Mord und durch das, was Rudolf ihm heute Nachmittag erzählt hatte, war er ein wenig vorangekommen.
Kitt redete nicht mehr, und er bemerkte, dass alle nun ihn anschauten.
Er suchte Blickkontakt zu den stahlharten Augen des alten Mannes. »Wie wäre es, wenn Sie ihnen jetzt sagen, was Sie wissen?«
Der alte Mann nickte, stand auf und stellte sich vor den Bildschirm. »Um die vorletzte Jahrhundertwende wurde ein uraltes Grab entdeckt, das aus einer Zeit vor den meisten der uns bekannten Zivilisationen stammt. Es war eine der bedeutendsten Entdeckungen, die je gemacht wurden, und in diesem Grab befand sich ein Buch,
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