Aetherhertz
Entfernungen Schaden zufügen. Ich finde sie hässlich und unheimlich.“
„ Glauben Sie an Magie?“, fragte er.
„ Was ist das denn für eine Frage? Natürlich nicht! Ich bin Wissenschaftlerin.“ Frau Barbara kam und half ihr, einen Hut aufzusetzen.
Paul legte die Puppe in die Vitrine zurück. Er wischte sich seine Finger an einem Taschentuch ab und stieß beim Zurückstecken an einen Gegenstand, der er dabei hatte. Kurz entschlossen ging er noch einmal in den Flur.
Annabelle war endlich fertig und knöpfte sich den Mantel zu, als sie Herrn Falkenberg wieder aus der Bibliothek kommen hörte. Sie drehte sich zu ihm, um sich zu verabschieden. Aber warum sah er sie jetzt so nachdenklich an? Saß ihr Hut falsch? Sein Blick verließ ihr Gesicht nach unten. Annabelle wollte schon wütend werden, als er den Blick ganz abwandte und in seiner Westentasche kramte.
„ Es fehlt etwas“, sagte er rätselhaft. Er zog ein Baumwolltuch hervor und wickelte etwas aus, das wie eine Taschenuhr aussah, mit einem Gehäuse aus Messing, in das feine Linien graviert waren. Hinten hatte es eine Anstecknadel. Er trat einen Schritt auf Annabelle zu und fragte: “Darf ich?“
Sie nickte neugierig.
Er nahm das linsenförmige Metallobjekt und heftete es an den Kragen ihres Kostüms. Dann suchte er in der Innentasche seiner Anzugjacke nach etwas. Verwirrt sah er sie an. Sie lächelte, und zeigte auf seine Brusttasche. Tatsächlich hatte er einen winzigen Schraubenzieher, wie ihn Uhrmacher benutzen, aus Versehen dort hineingesteckt. Er zog ihn heraus und trat noch einen Schritt näher an sie heran.
Annabelle atmete ganz vorsichtig. Der Kopf des jungen Mannes war ganz nah, sie konnte ihn riechen. Er roch nach Büchern und Tinte, ganz leicht nach Tabak und etwas Frischem, das sie nicht einordnen konnte.
Er berührte einen winzigen Knopf in der Mitte des Objektes. Mit einem leisen Klicken und Surren entfaltete es sich und zeigte sein Innenleben. Es war eine filigrane Blume, deren Blütenblätter in fast demselben hellen Grün wie die Seide ihres Korsetts leuchteten. Ein ganz leichtes Lila irisierte im Licht. Der Stempel der Blüte war intensiv blau und schien von innen heraus zu glühen.
„ Das ist wunderschön!“ Annabelle staunte.
„ Wenn sie sich an Sie gewöhnt hat, wird sie anfangen zu leuchten.“
Annabelle musterte ihn. Meinte er das ernst? „Wie bitte?“
Paul Falkenberg räusperte sich und trat einen Schritt zurück: “Naja, ich meine, ich weiß nicht genau, warum, aber es dauert eben eine Weile.“
„ Sie sagen das, um mich zu foppen, weil ich nicht an Magie glaube, oder?“
Er schüttelte den Kopf: „Nein, ich möchte sie nicht foppen. Ich weiß selbst nicht, wie es funktioniert. Ich habe mit Æther experimentiert und festgestellt, dass die Ergebnisse nicht immer vorhersehbar sind.“
„ Mit Æther? Ist da Æther drin?“ Sie sah auf die Blüte herunter.
Paul nickte. „Nur ein winziger Tropfen. Keine Sorge, er ist abgeschirmt. Er sorgt dafür, dass die Mechanik läuft. Es gibt allerdings Nebeneffekte. Keine Schädlichen!“, beeilte er sich zu sagen.
Annabelle war skeptisch. Sie hatte einen Riesenrespekt vor Æther und Strom, aber die Brosche war wunderschön.
„ Ich kann das nicht annehmen”, sagte sie bedauernd und wollte das Schmuckstück wieder abnehmen. Paul Falkenberg trat schnell wieder einen Schritt auf sie zu und stoppte ihre Hand mit seiner. Sie spürte die Berührung wie das Eintauchen in warmes Wasser. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und sah ihm in die braunen Augen.
Er ließ seine Hand sinken und sagte: “Dann ist sie eben nur geliehen. Ich weiß ja, wo sie wohnen.“ Jetzt grinste er plötzlich und Annabelle war fasziniert, was dieses Grinsen aus ihm machte. Der eher ernste und zurückhaltende junge Mann wurde ein charmanter Bursche, und sie ahnte, dass mehr in ihm steckte, als sie es zunächst vermutet hatte. Sie wäre lieber zu Hause geblieben und hätte sich mit ihm über Æther oder Strom oder vielleicht auch über Musik unterhalten, aber nun standen erst einmal Gesellschaftsspiele an.
„ Ich muss gehen“, verabschiedete sie sich bedauernd.
Sie fühlte seinen Blick in ihrem Rücken, als sie das Haus verließ.
* * *
„ Annabelle, was ist das denn für eine bezaubernde Brosche? Wo hast du die gekauft?“ Johanna bewunderte das Schmuckstück an Annabelles Kragen. Sie saßen in einer Kutsche auf dem Weg zum Kaffeeklatsch.
Annabelle es auch immer wieder
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