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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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redend.
    „ Was sollen wir zuerst machen? Wir wollten bei deinem Vater vorbei gehen, dann brauche ich die Praline – ich muss sie analysieren. Und ich wollte dich noch Johanna vorstellen. Na, die wird Augen machen. Ja, und im Institut muss ich auch noch vorbei. Hans muss Bescheid wissen.
    Was ist mit all den Frauen, die auch davon gegessen haben? Ob nicht jeder davon abhängig wird? Nein, das ist ja Unsinn, ich habe es ja auch gegessen. Und warum eigentlich bis jetzt nur Frauen?“
    „ Ich habe schon mit meinem Vater gesprochen“, nutzte Paul eine Atempause.
    „ Gut!“ Sie sah ihn an. “Oder nicht?“
    Paul nickte. „Gut. Er ist einverstanden.“
    Er verschwieg, dass Peter Falkenberg zunächst nicht erfreut gewesen war. Sein Vater wollte die Katalogisierung möglichst schnell unter Dach und Fach haben. Offenbar gab es schon Interessenten für eine Ausstellung. Paul hatte ihn aber davon überzeugen können, dass Annabelle eine schwere Zeit durchmachte, und er verhindern wolle, dass sie in schlechte Gesellschaft geriet.
    Sein Vater hatte ihn merkwürdig angesehen und gebrummt: “Na, für so etwas ist doch normalerweise dein Bruder zuständig. Ich verstehe nicht, warum du dich für die junge Dame so einsetzt. So weit ich weiß, war Friedrich sogar schon mit ihr aus.“
    Paul war wütend geworden, hatte es sich aber nicht anmerken lassen.
    „ Na dann begleite sie halt ein paar Tage, bis sie sich beruhigt hat. Kauf ihr was Schönes, oder fahr mit ihr aufs Land, oder was man so macht. Dass ich dir das überhaupt sagen muss. Sie ist doch ganz hübsch, du wirst dich schon überwinden können.“ Paul hatte seinem Vater mit Blicken ein Loch in den Rücken gebohrt, und hätte der Anwalt sich umgedreht, so wäre er sicher überrascht gewesen von seinem ältesten Sohn. Aber er hatte den Blick nicht gesehen und hörte nur noch, wie die Tür seines Arbeitszimmers sich schloss.
    „ Wo kann man die Praline denn bekommen?“, fragte er nun.
    „ Was weiß ich? Obwohl ...“ Sie blätterte wieder in dem Tagebuch. Sie trug jetzt Handschuhe.
    „ Hartmann! Hier steht es. Gibt es nicht eine Konditorei Hartmann am Leopoldsplatz?“
    „ Wir sollten eine Kutsche nehmen und dort vorbei fahren. Danach können wir ja ins Institut. Ich gehe noch in die Bibliothek, bis du fertig bist.“ Er stand auf.
    „ Ja, gut. Oh, Paul, warte mal“, sagte Annabelle. Sie stand auch auf und hielt ihn am Arm fest, und er drehte sich zu ihr um. Sie hob ihre Hand und strich ihm eine widerspenstige Haarsträhne zurecht.
    „ Du siehst schlecht aus“, sagte sie leise und studierte sein Gesicht.
    „ Danke“, antwortete er ironisch.
    „ Nein, so habe ich das nicht gemeint … Geht es dir nicht gut?“
    „ Doch. Sicher.“ Sie war zu nah. Er roch ihren Duft.
    „ Weißt du, ich ...“ Sie stockte und sah ihn an, aber er wusste nicht, was sie sagen wollte. Er nahm ihre Hand, die immer noch an seinen Haaren nestelte, um sie festzuhalten, damit sie ihn nicht weiter berührte. Er hatte einen dicken Kloß im Hals und räusperte sich.
    „ Was?“, fragte er heiser.
    „ Es war so schön gestern Abend.“ Ihre Hand fühlte sich gut an in seiner.
    „ Ja.“ Er konnte ihre Hand nicht mehr loslassen.
    „ Und da dachte ich ...“, begann sie. Mein Gott, sie hatte so wunderschöne grüne Augen!
    „ Ich möchte dich jetzt küssen.“ Hatte er das gesagt?
    „ Dann tu es doch.“ Hatte sie das gesagt?
    „ Ich darf nicht ...“
    „ Doch, du darfst.“ Sie hob die linke Hand hinter seinen Kopf und zog ihn nach unten, wo sie schon wartete. Langsam und zart berührte er ihre Lippen. Der Moment schien sich unendlich auszudehnen. In dieser Unendlichkeit gab es nur das Hier und Jetzt, diesen Moment und sie beide.
    Dann lösten sich ihre Lippen.
    „ Annabelle ...“, begann er, aber alles, was er sagen wollte, schien belanglos.
    „ Schsch.“ Ihre Finger fuhren an seinem Anzug entlang. Er erkannte, dass es doch möglich war, eine Frau zu küssen und noch immer Angst vor dem nächsten Moment zu haben. Noch nie hatte ein Kuss ihm so viel bedeutet, und er hatte keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen sollte. Kurz entschlossen nahm er Annabelle fester in den Arm und genoss das Gefühl, wie sie sich an ihn lehnte, wie ihr Körper den Seinen an einigen Stellen berührte, und er sich dadurch vollständiger fühlte. Sein Gesicht lag an ihren Haaren und er roch wieder die Maiglöckchen. Ihre Haare waren genauso seidig, wie er sich das vorgestellt hatte.
    Annabelle

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