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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Betrachtung aber verflüchtigte, denn zu unterschiedlich waren die Menschen und ihre Verhaltensweisen, die sie zu sehen bekam.
    Sie blieb unentschlossen an der Tür stehen. Etwas zu essen wäre schön gewesen, aber zu diesem Zweck musste sie den Saal durchqueren und sich an einen der Wärter wenden, die dort an einem langen Tisch standen, der mit Kannen und Platten, Tellern und Bechern beladen war.
    Kato schob sich rückwärts davon und tastete nach der Türklinke, um festzustellen, dass sich auf dieser Seite der Tür nichts dergleichen befand.
    »342«, hörte sie eine Männerstimme rufen. »Nicht so schüchtern, meine Hübsche! Hier gibt es dein Fresschen!« Gelächter begleitete die rüden Worte.
    Kato biss die Zähne aufeinander und wandte den Blick ab. Dieser grobe Kerl in seiner Wärtermontur, das breite Grinsen, die ungepflegte Erscheinung – niemals würde sie sich herablassen, so ein Individuum auch nur zur Kenntnis zu nehmen!
    »Soll ich dich begleiten?«, sprach sie jemand an. Kato zuckte zusammen und sah die Sprecherin an. Die junge Frau lächelte und zeigte auf den Tisch. »Tee und Brote«, sagte sie. »Nichts Frisches, aber immer noch besser als der Brei, den sie meistens servieren. Komm, ich gehe mit dir. Hör nicht auf die Wärter, das sind alles Schweine.« Sie hakte sich bei Kato ein und dirigierte sie an den Tischen vorbei. »Ich gäbe meinen linken Daumen für einen Apfel oder eine Birne«, sagte sie und schubste einen grobschlächtigen Mann beiseite, der ihnen den Weg versperrte. »Hör auf zu grinsen, Marek, wir möchten unser Frühstück«, rief sie dem Wärter zu, der sie mit verschränkten Armen erwartete.
    »Wie Sie befehlen, Hoheit«, erwiderte er und lachte. »Hast du wieder jemanden gefunden, den du bemuttern kannst?«
    »Er ist ein Maulheld«, wisperte sie in Katos Ohr, »aber harmlos. Aufpassen musst du auf den Dünnen in der Ecke. Der tut dir weh, wenn du nicht achtgibst!« Sie nahm den Teller entgegen, den der Wärter ihr reichte. »Du kommst aus der Abteilung C, oder?«, redete sie weiter. »Haben sie dir die Brille verpasst?«
    Kato nahm ihren Teller, wich dem Blick des Wärters aus und zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
    Die junge Frau lachte und dirigierte sie an einen Tisch. »Steh auf«, sagte sie zu einer Frau, die dort mit hochgelegten Beinen lümmelte, »du bist fertig. Wir wollen sitzen.«
    Die Angesprochene zischte ein Schimpfwort, sprang aber gehorsam auf und verzog sich an einen anderen Tisch.
    Die junge Frau drückte Kato auf den einen Stuhl und setzte sich neben sie. »Angelica«, sagte sie.
    Kato benötigte einen Moment, um zu verstehen, dann lächelte sie und erwiderte: »Katharina. Kato.«
    Sie folgte dem Ruf ihres knurrenden Magens und biss in das Butterbrot, das genau genommen ein dünn bestrichenes Schmalzbrot war. Das Brot war alt und trocken, aber mit dem dünnen Tee zusammen ließ es sich einigermaßen hinunterschlucken.
    »Warum bist du hier?«, fragte Angelica.
    Kato zuckte die Schultern. »Meine Familie«, sagte sie. Das war im Grunde keine Antwort, aber Angelica schien sie zu genügen. Sie nickte mitfühlend und trank ihren Tee. »Die Brille haben sie dir also bisher erspart«, sagte sie dann und sah sich um.
    »Was meinst du damit?«, fragte Kato.
    Angelica deutete auf eine Frau, die ihnen zugewandt am Nebentisch saß. Sie saß sehr ruhig da, rührte mechanisch in ihrem Becher und lächelte starr. Kato dachte im ersten Moment, sie trüge dunkle Augengläser, aber dann erkannte sie, dass das, was sie für eine Brille gehalten hatte, eine schwarze Verfärbung der Haut war, die sich um beide Augen legte.
    »Was ist ihr passiert?«, fragte sie erschreckt und hatte die Vision, wie der Wärter mit seinen großen Händen auf die Frau einprügelte.
    Angelica machte eine Bewegung, als würde sie sich ihren Löffel ins Auge stechen. »Sie haben ihr gestern die Brille aufgesetzt. Jetzt ist sie ruhig.«
    Kato starrte die Frau an. Jetzt erkannte sie sie: Es war die Patientin, die sie festgeschnallt in dem kleinen Saal gesehen hatte. Die Frau, der das lange, spitze Instrument in den Schädel getrieben worden war.
    Kato erschauderte und wandte den Blick ab. »Sie lebt«, sagte sie.
    Angelica lächelte schief. »Mehr oder weniger. Wie wir alle.« Sie beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Wir hoffen, dass wir rauskommen, dass uns einer holt und aus diesem Gefängnis befreit – aber das ist natürlich ein Teil der

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