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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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und blickte sich dabei um, »ich habe Hader gesagt, dass du Katos Beschützer bist. Ich wollte sie nicht diesem Sadisten überlassen. Er ist wieder auf Streit aus.«
    Kato blickte in das runde, stumpfsinnige Gesicht des Wärters und fragte sich, ob er Angelicas Worten überhaupt hatte folgen können. Er löste seinen starren Blick von Angelica, als sie nicht weitersprach, sondern ihn nur erwartungsvoll ansah, und schenkte seine stumme Betrachtung nun Kato.
    »Wir kennen uns bereits«, sagte sie. Ihr Herz schlug bis zum Hals.
    Er neigte den Kopf und streckte schweigend die Hand aus. Kato ergriff sie und sah zu, wie ihre Hand in seiner Pranke verschwand. Er drückte sie sehr vorsichtig und ließ sie dann so behutsam los, als entließe er einen Schmetterling in die Freiheit.
    Angelica lachte und gab Kato einen Knuff in die Seite. »Er ist jetzt dein Freund«, sagte sie und blinzelte Moroni zu. »Das bist du doch, oder?«
    Er nickte und kratzte sich dann mit verwirrter Miene am Kopf. »Char-cot«, sagte er mit seiner dumpfen Stimme. Er nahm Kato an der Hand und zog sie hinter sich her.
    »Wir sehen uns heute Abend«, rief Angelica ihr nach. »Lass dir den Kopf nicht abschrauben.« Ihr Lachen verklang hinter der sich schließenden Tür.
    Kato musste laufen, um mit dem großen Wärter Schritt zu halten. Während sie einen der langen Flure durchquerten, fand sie die Zeit, Moroni zu beobachten. Er gab wirklich eine zu komische Figur ab, wie er mit einer schaukelnden Bewegung dahertrabte, die täppisch und ungelenk aussah, mit baumelnden Armen und auswärts gedrehten Füßen. Seine Kleider und der graue Kittel, den er darüber trug, waren allesamt etwas zu kurz und zu eng ausgefallen, was seinen massigen Körper unförmiger wirken ließ als er es eigentlich war. Aber bei aller scheinbaren Ungelenkheit lief er doch erstaunlich leichtfüßig und leise, und wenn man genauer hinsah, zeigten seine Bewegungen, dass seine Masse nicht zuletzt aus kräftigen Muskeln bestand.
    »Warte«, rief Kato, »du bist zu schnell. Ich möchte nicht völlig außer Atem bei Professor Charcot eintreffen!«
    Er verlangsamte seine Schritte und wartete auf sie. Kato begegnete mehr zufällig als absichtlich seinem Blick und bemerkte verblüfft, dass seine Augen, wenn er sie wie jetzt einmal nicht zusammenkniff, erstaunlich wach dreinschauten. Moroni musste ihr Erstaunen bemerkt haben, denn er schlug die Augen nieder und grinste dümmlich.
    Kato runzelte die Stirn. »Du spielst den Idioten nur?«, sagte sie leise, damit es niemand außer Moroni hören konnte – auch wenn augenscheinlich niemand in der Nähe war.
    Er räusperte sich mehrmals. Hob die breiten Schultern und senkte sie wieder. »Ein wenig«, gab er zu. »Niemandem verraten, Fräulein Kato. Bitte.«
    Kato schnappte nach Luft. »Aber …«, sagte sie, »aber warum?«
    Seine Augen waren gar nicht so trüb und farblos, wie sie bisher gedacht hatte. Er sah sie zum ersten Mal geradeheraus an, ohne zu blinzeln oder ihrem Blick auszuweichen, und Kato erkannte, dass sie von einem klaren, hellen Blau waren. »Es ist sicherer«, antwortete er. »Die Brille.« Er rührte mit dem Finger an sein Auge und legte ihn danach an die Lippen. »Bitte«, wiederholte er und sah sie eindringlich flehend an.
    »Warum hast du dich mir verraten?«, fragte Kato. Es war absichtlich geschehen. Jemand, der so virtuos den Schwachsinnigen spielte, würde das nicht ohne Anlass vergessen.
    Moroni beugte sich zu ihr. »Ich habe den Auftrag, auf Sie aufzupassen«, flüsterte er. »Sie müssen auf der Hut sein. Heute ist ein guter Tag, ich bin wach. Aber es gibt auch schlimme Tage, und dann müssen Sie auf sich selbst achten.« Seine Stimme war tief und kultiviert, er sprach ohne jedes Holpern und Stocken.
    Kato wich zurück. »Ein wenig gespielt?«, wiederholte sie seine ersten Worte. »Moroni, du bist genauso wenig ein Idiot wie ich.«
    Zum ersten Mal sah sie sein unverstelltes Lächeln. »Mag sein«, erwiderte er. »Heute ist ein guter Tag. Aber wir sollten das lieber gleich wieder vergessen, Fräulein Kato. Denken Sie an die Brille!«
    Kato erschauderte. »Vor wem soll ich auf der Hut sein?«, fragte sie hastig und dachte an den rattengesichtigen Wärter mit der fleischigen Nase, vor dem Angelica sie gewarnt hatte.
    Moroni blickte sie starr und scheinbar verständnislos an. Er nuschelte ein paar unverständliche Worte, griff nach ihrem Ellbogen und zerrte sie recht unsanft weiter. Kato, die zuerst erschrak und sich dann

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