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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Gebilden. Ein reißendes Geräusch, schreckliche, schmerzhafte Kälte. Hände, die sie so grob und unsanft berührten, dass sie vor Schmerz beinahe ohnmächtig wurde. Gleißendes, unbarmherziges Licht schmerzte in den Augen und schnitt wie mit Messern in ihren Kopf. Geräusche wie raues Sandpapier schmirgelten das Fleisch von ihren Knochen. Sie konnte sich nicht bewegen, nicht atmen, nicht schreien. In ihren Lungen war Eis, ihre Augen füllten sich mit Feuer, ihr Mund mit Sand.
    Sie bemerkte, während sie das Bewusstsein verlor, dass jemand sie aufhob und davontrug.

    Ihre Hände und Füße brannten wie Feuer. Kato jammerte leise und blinzelte durch die Wimpern. Immer noch nistete die Eiseskälte in ihren Knochen, aber sie lag warm in Decken gewickelt in einem kleinen Zimmer, durch dessen mit Vorhängen verschlossenes Fenster gedämpftes Tageslicht fiel.
    Kato drehte den Kopf, weil sie jemanden atmen hörte. Am Kopfende ihres Bettes stand ein Stuhl, und auf dem saß ein Wärter, das Kinn auf die Brust gesenkt, und schlief. Gelegentlich entfuhr ihm ein schnaubender kleiner Schnarcher, und seine großen Hände, die er im Schoß gefaltet hielt, zitterten leise, dann lagen sie wieder ruhig da.
    Kato schlug die Decken beiseite und richtete sich so langsam und lautlos wie möglich auf. Sie schob sich aus dem Bett und tappte zur Tür.
    Der Wärter schnaufte laut und murmelte: »Fräulein Kato?« Er gähnte. »Wo wollen Sie hin?«
    Kato verschränkte die Arme und drehte sich um. »Ich verspüre ein dringendes Bedürfnis.«
    Der Wärter fuhr sich mit beiden Händen über den Kopf, auf dem ein dichter graubrauner Haarkranz eine kreisrunde kahle Stelle umzingelte, und gähnte wieder. »Nachtschicht«, sagte er entschuldigend. »Ich war zwanzig Stunden ohne Unterbrechung auf den Beinen.« Er stand auf und zog einen Schlüsselbund hervor. »Ich bringe Sie zum Waschraum. Dann möchte der Professor Sie sehen.« Er zögerte, bevor er den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte. »Sie haben Elementare beschworen«, sagte er hastig und leise. »Aber Sie haben sie nicht mitgebracht. Der Professor wird Sie noch einmal in den Sarg legen lassen, und dieses Mal wird er verlangen, dass sie einige dieser Wesen fangen.« Seine Miene war abwartend.
    Kato erwiderte seinen Blick. »Wird er das?«, fragte sie ebenso reserviert zurück.
    Der Wärter nickte. »Er wird sich nicht abspeisen lassen. Wenn Sie sich weigern, wird er mit Konsequenzen drohen. Nehmen Sie die Drohung besser nicht auf die leichte Schulter. Tun Sie lieber, was er will.«
    »Warum sagen Sie mir das? Was bezwecken Sie damit?« Kato war es müde, dass jeder, dem sie hier begegnete, sie mit Ratschlägen, verkappten Drohungen und Warnungen bedachte. Sie schob das Kinn vor und starrte den Wärter zornig an.
    Er erwiderte ihren Blick erstaunt, dann mit deutlicher Belustigung. Seine Augen waren gleichzeitig grau und grün, wie lebendiger Stein. »Sehr gut«, sagte er. »Das ist die richtige Einstellung, Fräulein Kato. Sie dürfen nichts und niemandem vertrauen – vielleicht gerade mal Ihrem eigenen Verstand. Aber auch dessen Hervorbringungen sollten Sie mit einem gesunden Misstrauen prüfen … vergessen Sie niemals, wo Sie sich befinden!«
    Wie bei Ihrer Begegnung mit Moroni war Kato auch jetzt erstaunt, wie ungewöhnlich ihr dieser einfache Wärter begegnete. Sie musterte ihn eindringlich. »Wer sind Sie?«
    »Grünwald, Josip Grünwald. Ich arbeite auf Station D.« Er seufzte. »Wir kennen uns, Fräulein Kato. Aber Sie haben eine Behandlung erhalten, die Ihr Erinnerungsvermögen beeinträchtigt hat.«
    Kato überlief es heiß und kalt. »Wie lange befinde ich mich schon in dieser Anstalt?«
    Der Wärter steckte den Schlüssel in die Tür. »Nicht gar so lange, wie man Ihnen einzureden versucht«, erwiderte er ausweichend.
    Kato hielt ihn fest. »Warum warnen Sie mich? Sie gehören zu dieser Einrichtung, der Professor ist Ihr Vorgesetzter. Was bekümmert es Sie, was mit mir geschieht?«
    Grünwald hielt inne, ehe er die Tür aufschob. »Ich bin ein Freund Ihrer Familie«, sagte er. Er legte einen Finger warnend auf seine Lippen und winkte Kato hinaus in den Gang.
    Kato folgte ihm schweigend und nachdenklich. Ein Freund der Familie? Also ihres Vaters? Das konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen. Die wenigen Herrschaften, die der Freiherr von Mayenburg zu seinem Freundeskreis zählte, kannte Kato allesamt; sie waren ebenfalls Angehörige des Adels und keineswegs

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