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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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verschwand – tauchte ein Stück weiter rechts wieder auf und verschwand erneut. »He, du«, rief Kato. »Bleib doch stehen. Ich tu dir nichts.«
    »Sie hat eine Sichtung«, murmelte die Stimme des jungen Arztes dicht neben ihrem Ohr. Kato achtete nicht darauf. Ihr Herz schlug schneller. »Hallo«, lockte sie sanft. »Hab doch keine Angst. Wo bist du?«
    Das Licht blieb auf einer Stelle. Flackerte unschlüssig. Leuchtete heller auf und näherte sich. Als es herankam, konnte Kato die dunkleren Umrisse in dem hellen Glanz erkennen. Ein Feuerwesen kam auf sie zu, zögernd, langsam.
    »Bist du ein Jäger?«, hörte sie ein Stimmchen fragen. »Ich darf nicht mit Jägern sprechen.« Der Salamander kam noch einen Schritt näher. »Aber du hast so eine schöne Stimme«, sagte er sehnsüchtig. »Sag etwas zu mir, bitte.«
    Kato hockte sich hin und hielt lockend die Hand auf. Sie hatte noch nie mit einem Plasmateufelchen gesprochen, das nicht in eine Lampe gesperrt war. »Wie heißt du?«, fragte sie.
    Der Salamander verharrte. »Wenn ich dir meinen Namen sage, kannst du mich fangen.« Er begann sich wieder zu entfernen.
    »Halt, halt«, rief Kato hastig. »Ich will dich nicht fangen, ich möchte bloß mit dir reden. Kennst du Calander?«
    »Calander«, wiederholte das flammende Wesen. Es war jetzt so nah, dass Kato sein Gesicht sehen konnte, die dunklen Augenlöcher, den breiten Mund, die sich ringelnden Flammenhaare. Das Plasmateufelchen hatte eine zartviolette Haut und zierliche Arme und Beine. »Calander. Nein, ich weiß nicht, ihr dürft unsere Namen nicht wissen. Nicht Calander und auch nicht Miramir …«
    »Calander«, wiederholte Kato laut. »Bist du auch hier irgendwo?« Als niemand antwortete, beugte sie sich noch weiter vor und flüsterte: »Miramir – bist du das?«
    Das Feuerwesen schlug erschreckt die Hände vor den Mund. »Du weißt meinen Namen«, wisperte es. »Jetzt muss ich dir folgen.«
    »Sie hat einen«, hörte Kato die ferne Stimme des Arztes.
    Der Professor räusperte sich und sagte eindringlich: »Sie müssen ihn jetzt auf ihre Hand befehlen, Fräulein Kato. Wenn Sie Ihre Quälgeister jemals loswerden und diese Anstalt als gesunde junge Frau verlassen möchten, dann ist das der einzige Weg.«
    Das Flammenwesen starrte Kato mit weit aufgerissenen Augen an. »Jäger«, wisperte es. »Sie werden mich in ein Gefängnis sperren und ich werde schreckliche Qualen erdulden.«
    »Befehlen Sie ihm, sich auf ihre Hand zu setzen«, rief der Professor.
    Kato biss sich auf die Lippe. »Wo sind wir hier?«, flüsterte sie dem Plasmateufelchen zu. »Was ist das für eine Welt?«
    »Das ist der Wald der Funkenbäume«, antwortete das kleine Wesen. »Siehst du, wie schön sie blühen? Ach, ich werde sie nie wieder sehen.« Und mit diesen Worten brach es in ein herzzerreißendes Schluchzen aus. Feurige Tränen liefen aus seinen Augen und es rang voller Angst und Trauer die Hände.
    Kato setzte sich auf die Fersen zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich weigere mich«, sagte sie laut und klar. »Ich werde nicht dabei helfen, eins dieser bedauernswerten Wesen zu fangen oder zu quälen.«
    »Sie existieren nur in Ihrer Einbildung«, rief der Professor. »Fräulein Kato, Sie wollen doch gesund werden! Sie wollen zu Ihrer Familie zurückkehren! Es ist nur ein kleiner Schritt …«
    »Nein!«, rief Kato und sah das weinende Flammenwesen an. »Lauf, kleiner Salamander«, flüsterte sie. »Rette dich. Ich werde deinen Namen nicht aussprechen.«
    Der Plasmateufel verschwand, als hätte jemand ihn ausgepustet. Kato schlang zitternd die Arme um sich. Es war so kalt. Das zarte Geräusch, das über ihrem Kopf erklang, hielt sie zuerst für das Singen des Windes, ein eisiges Knistern und Sirren. Aber dann hörte sie, dass es eine feine Stimme war, dass jemand hoch oben, unsichtbar im Nebel, sang.
    Kato hob den Kopf und spürte die immer kälter werdende Luft über ihre Haut streichen wie eine eisige Hand. »Hallo«, rief sie. »Ist da jemand?«
    Das Singen verstummte. Etwas Kleines schwirrte dicht an ihrem Kopf vorbei und verbarg sich wieder im Nebel. Zarte Flügel, schillernd wie Seifenblasen. Ein ovales Gesicht mit großen, glitzernden Augen. Fühler? Haare? Ein Körper, der an einen Schmetterling erinnerte, aber Arme und Beine besaß wie ein Mensch. »Eine Sylphe«, rief Kato unwillkürlich aus. »Bleib doch hier, bitte!« Aber das Singen entfernte sich.
    »Zweite Sichtung«, murmelte die ferne Stimme.

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