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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Uhren, die vorher hinter dieser Tür gelegen hatte, noch eins der anderen Zimmer, die sie kannte. Sie trat zögernd ein und drückte die Tür hinter sich zu. Der düstere, lang gestreckte Raum schien so etwas wie ein Archiv oder ein Lager zu sein. Hohe Regale erstreckten sich über seine gesamte Länge, Leitern standen daran, die sich auf Rollen bewegen ließen. Kästen und Kisten, Körbe und Pappschachteln füllten die Regale bis zur Decke. Es raschelte in der Dunkelheit hinter und zwischen den Regalen. Irgendwoher kam ein matter Lichtschein, und ihm folgend tastete sich Kato jetzt durch den Lagerraum.
    Eine zweite Tür, durch die Licht fiel, lag am anderen Ende des Raumes. Kato trat in die Türöffnung und sah, wie ein junger Mann sich mit konzentrierter Miene über einen mechanischen Apparat beugte, der auseinandergenommen zwischen Zahnrädern, Federn und Messingteilchen vor ihm auf einem Tisch lag. Er trug ein seltsames Gebilde vor den Augen, das einer Kreuzung aus Brille und Fernglas glich, und hielt eine lange Pinzette in der Hand, mit der er im Inneren des Apparates herumstocherte.
    »Hallo«, sagte Kato. »Ist Meister Tiez …?« Weiter kam sie nicht, denn der junge Mann riss den Kopf hoch und schob mit der gleichen Bewegung das Brillending auf seine Stirn, wobei er sein glattes schwarzes Haar zu einem wirr abstehenden Schopf zusammendrückte. Er starrte Kato so wütend an, dass sie unwillkürlich einen Schritt zurück machte.
    »Wer bist du?«, herrschte der junge Mann sie an. »Was willst du hier?« Seine Augen glichen gesplittertem Glas, in dem sich das Licht brach.
    »Ich suche nach Meister Tiez«, erwiderte Kato. Sie wollte sich nicht durch sein unhöfliches Geraunze beirren lassen. »Ich bin eine Freundin«, fügte sie hinzu.
    Der junge Mann musterte sie abschätzig vom Kopf bis zu den Füßen. »So?« Er hob die Hand und schob die Brille wieder über seine Augen. Die beiden teleskopartigen Auswüchse starrten Kato mit der kalten Bösartigkeit von Insekten an. »Er ist hinten.« Mit diesen Worten griff er zu einem Lötkolben und begann, winzig kleine Kettenglieder aneinanderzufügen. Kato starrte fasziniert auf das Werkzeug. Sie hatte noch nie einen solchen Lötkolben aus der Nähe gesehen und bemerkte nun, wie ein kaum fingernagelgroßer Plasmateufel, der rittlings darauf hockte, die Spitze zum Weißglühen brachte.
    »Was ist?«, fragte der junge Mann, ohne aufzublicken oder in seinem diffizilen Tun innezuhalten.
    »Hinten«, wiederholte Kato und schob sich an ihm vorbei, um zu einer zweiten Tür zu gelangen, die tiefer in das Haus hineinführte. Sie warf einen Blick auf das, was er da zusammenfügte, und lachte unwillkürlich auf. »Was ist das, eine Ratte?«
    Der junge Mann würdigte sie keiner Antwort. Er nahm mit der Pinzette ein Messingschräubchen auf und griff dann nach einem feinen Schraubendreher, mit dem er es festzog. Die Apparatur, an der er herumwerkelte, hatte vier zierliche Pfoten, einen langen, beweglichen Schwanz, eine spitze Schnauze und kleine glitzernde Augen. Sie war ganz und gar aus Kupfer, Messing und Blech gefertigt. »Die ist aber hübsch«, kommentierte Kato und schaute ihm über die Schulter. »Hast du die gemacht?«
    »Ja«, erwiderte er schroff. »Lass mich jetzt arbeiten, Nervensäge.« Seine Worte klangen zwar nicht mehr ganz so wütend und angriffslustig wie seine Begrüßung, waren aber von Freundlichkeit oder auch nur Höflichkeit immer noch weit entfernt. Kato lachte und tat ihm den Gefallen.
    Die nächste Tür führte sie in ein enges Gelass, in dem der Antiquar an einem Stehpult stand und Zahlen von einem Zettel in ein riesiges, dickes Buch übertrug. In der Ætherlampe auf seinem Pult schlug ein kleiner blauhäutiger Plasmateufel eifrig Purzelbäume.
    »Der Salamander ist ja blau?«, entfuhr es ihr.
    Horatius Tiez zuckte so heftig zusammen, dass er mit der Schreibfeder einen dicken Strich über die halbe Seite zog. »Meine Güte«, stieß er hervor und zerrte sein Schnupftuch aus der Tasche, um sich über die Stirn zu fahren. »Hast du mich erschreckt!« Er blickte betrübt auf die verdorbene Seite hinab, zuckte mit den Achseln und schloss das Buch. »Wo kommst du her, liebes Kind?«
    »Ich muss mit Ihnen sprechen.« Kato verschränkte die Finger ineinander. »Ich habe über all diese seltsamen Dinge nachgedacht, aber es gibt so vieles, was ich nicht verstehe.« Sie sah in die geduldigen Augen des Antiquars und seufzte. »Mein Vater hat mich angewiesen, mit

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