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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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waren.
    Der Freiherr blickte auf diese irritierende Art knapp an ihrem Ohr vorbei, lächelte und deutete auf den Hocker zu seinen Füßen. »Setz dich her. Was hast du auf dem Herzen?«
    Kato ließ sich auf dem Hocker nieder und lehnte sich an sein Knie. So hatte sie als kleines Mädchen immer bei ihm gesessen. Seine Hand hatte dann immer auf ihrem Scheitel gelegen und sie hatte es genossen, einfach nur in seiner Nähe zu sein. Er war immer so beschäftigt. Meist las er Schriftstücke oder seine Zeitung, aber manchmal hatte er auch etwas vorgelesen oder mit ihr geplaudert.
    »Papa?«, sagte sie nach einer Weile, in der er ins Leere blickte und sie nach den Worten suchte, mit denen sie ihn um Rat fragen konnte. Er erschien ihr seit ein oder zwei Jahren so zerbrechlich, dass man kaum wagte, ihn anzurühren oder laut zu sprechen. Es war, als verlöre er mit jedem seiner Atemzüge ein wenig mehr Substanz – oder als hätte das, was er in der gleichen Zeit an körperlicher Fülle zugenommen hatte, gleichzeitig sein Wesen geschwächt und gleichsam verdünnt.
    »Papa«, wiederholte sie, als er sich auf ihren Anruf hin nicht regte, »darf ich dich etwas fragen?«
    Sein Gesicht wandte sich ihr langsam zu. Er nickte.
    »Warum magst du keine Ætherlampen?«
    Der Freiherr senkte die Lider und griff mit unsicherer Hand nach seinem Glas. »Ætherlampen«, murmelte er. »Dieses schreckliche Licht. Ich mag es nicht, es tut mir in den Augen weh.«
    Kato seufzte. »Papa«, sagte sie tastend, »warum hat man diese Silberkäfige um die Glaskolben gespannt? Ich habe in Büchern danach gesucht, aber …«
    Ihr Vater erschreckte sie damit, dass er sein Glas so hart abstellte, dass es zu zerbrechen drohte. »Ich möchte darüber nicht reden«, sagte er. Und während seine Stimme sich klagend erhob: »Ich wünsche nicht, dass du über solche Dinge nachdenkst. Warum tust du das? Es ist gefährlich …« Er verstummte, beugte sich vor, griff nach Katos Schultern. Zum ersten Mal seit langer Zeit sah er ihr direkt in die Augen, und Kato, die bei seinem Ausbruch erschreckt zurückgefahren war, erwiderte nun beklommen seinen Blick. Fiebrig erschien er ihr, unstet und flackernd.
    »Bist du meine Tochter?«, flüsterte er. »Du willst nicht, dass die Geheimpolizei uns holt. Du willst nicht, dass dein Vater, der so lange und treu der Krone gedient hat, in Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt wird. Das willst du doch nicht?«
    Kato schüttelte heftig den Kopf, zu erschreckt, um zu sprechen.
    »Du willst auch nicht, dass sie mich und dich nach dem Brünnlfeld bringen? Dort kommt niemand mehr heraus, niemals. Sie sperren uns dort zu den Irren und vergessen uns. Kind, ich flehe dich an – sprich niemals darüber. Denk nicht einmal mehr darüber nach. Mach es wie ich: Meide diese schrecklichen Lampen. Sieh, wie schön das Kerzenlicht scheint. So ein beruhigendes, warmes, ungefährliches Licht …« Sein Griff lockerte sich, sein Blick flackerte davon, seine Stimme murmelte leise unzusammenhängende Worte. »Licht«, hörte Kato, die es bis ins Mark gruselte. »Keine Stimmen und keine Wesen, die man nicht sehen darf. Goldenes Wachs. Emsige Bienen und duftender Honig. Frühling …« Das Gemurmel verebbte. Dem Freiherrn sank das Kinn auf die Brust, er gab schnarchende, prustende Töne von sich.
    Kato schob sich zitternd vom Hocker und stand auf. »Papa?«, flüsterte sie.
    Der Freiherr antwortete nicht. Seine Hand, eben noch in hilflosem Zorn geballt, lag nun entspannt in seinem Schoß, er hatte sich in den Schlaf geflüchtet.
    Kato verließ das Zimmer. Ihre Hände waren kalt und ihre Stirn glühte. Was fürchtete ihr Vater so sehr, dass er darüber fast den Verstand verlor? Das Brünnlfeld … dort war die Landesirrenanstalt untergebracht. Was hatte dieser schreckliche Ort mit den Ætherwesen zu tun? Und wieso hatte jemand wie ihr Vater, der eine wichtige Position bekleidete, solche Angst vor der Geheimpolizei?
    Kato fand sich in ihrem Zimmer wieder und wusste kaum, wie sie dorthin gelangt war. Mit zitternden Fingern schloss sie die Tür hinter sich ab und lief zum Sekretär. Sie öffnete ihn, riss die Schublade auf, zog Schreibzeug und Tagebuch heraus und tunkte die Feder ein.
    Ihr Blick wanderte zu der unangezündeten Lampe. Betrachtete das Silbergitter des Käfigs. Sie streckte zögernd die Hand aus, berührte die Stäbe, ließ ihre Finger zum Knopf der Ætherzufuhr gleiten. Kurz entschlossen drehte sie ihn auf und wartete.
    Zischend fuhr der Æther

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