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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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und musterte mit leidvollem Blick den braunen Anzug. »Alles, was in der Stadt Rang und Namen hat, ist anwesend. Du willst doch nicht ernsthaft, dass dein erster Auftritt bei Hofe in einem solchen Zigeuneraufzug vonstattengeht?«
    Kato ließ sich nicht erschüttern. »Papa hat es mir erlaubt. Wenn Sie darauf bestehen, dass ich dieses Kostüm der Colombine trage, werde ich lieber zu Hause bleiben, Frau Mama.«
    Adelaïde hatte endlich nachgegeben. Kato ließ sich von ihrem Mädchen dabei helfen, die ungewohnte Kleidung anzuziehen. »Hör auf zu kichern, Ivanka«, mahnte Kato das Mädchen, das vor unterdrücktem Gelächter ein ganz rotes Gesicht hatte. »Hilf mir lieber mit den Knöpfen.«
    Endlich steckte sie in dem braunen Anzug und musterte sich kritisch. »Ich sehe wirklich aus wie ein Junge«, sagte sie zu Ivanka, die nur prustete, sich die Augen wischte, nickte, mit den Händen wedelte und hilflos knickste.
    »Albernes Huhn«, murmelte Kato und beugte sich vor, um ihr Haar noch enger an den Kopf zu drücken und mit ein paar Nadeln festzustecken. »Ich brauche noch eine Kopfbedeckung. Das habe ich ganz und gar vergessen.« Sie schob das Mädchen zur Tür. »Lauf, Ivanka. Hol mir eine Kappe von einem der Burschen. Beeil dich!«
    Sie ging ein paar Schritte vor dem Spiegel auf und ab, probierte den festen Gang und die freie Bewegung in der ungewohnten Kleidung. Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl, ein Beinkleid zu tragen. Im Spiegel sah ihr Gang falsch aus, sie machte viel zu kleine Schritte. Männer schritten viel ausgreifender daher, mit breiteren Schultern und ungenierten Bewegungen. Kato probte das, wie sie es an den Stallburschen beobachtet hatte, an den Husaren und an ihrem Vater. Sie reckte das Kinn und warf die Knie in die Luft, setzte die Füße hart und nach außen gerichtet auf, schwenkte die Arme, ballte die Fäuste, stemmte sie in die Hüften und schnitt ein grimmiges, herausforderndes Gesicht. Am liebsten hätte sie auch einmal ausgespuckt, wie sie es bei den Kutschern so oft beobachtet hatte, aber da sie das bei Hofe wohl unterlassen musste, erübrigte sich die Probe hier vor dem Spiegel wohl auch.
    Ivanka stieß die Tür auf und eilte herein, eine speckige Kappe schwenkend. Kato nahm sie mit spitzen Fingern entgegen und roch daran. »Iih«, sagte sie. »Was ist das?«
    »Veilchenhaarwasser«, erklärte das Mädchen. »Die Kappe gehört dem Marek.«
    Kato nickte ergeben. Der Küchengehilfe war ein ordentlicher junger Bursche, der immer sehr höflich grüßte, wenn er Kato zu Gesicht bekam. Es war nett, dass er ihr seine Kappe lieh – auch wenn sie schrecklich nach dem billigen Haarwasser stank. Sie stülpte die Kappe über ihr zusammengestecktes Haar und zog sie tief in die Stirn.
    Ivanka bekreuzigte sich. »Jesses Maria und Joseph«, rief sie aus. »Wie ein junger Mann schaun Sie aus, gnädiges Fräulein! Akkurat wie ein junger Mann!«
    »Fein«, erwiderte Kato vergnügt und betrachtete sich im Spiegel. »Das wird eine Gaudi!« Sie drehte eine übermütige Pirouette und fasste Ivanka an den Händen, um eine Polka mit ihr zu tanzen, wie sie der k.k. Hofball-Musikdirektor Strauss zu komponieren pflegte. Kato pfiff vergnügt die Tritsch-Tratsch-Polka und wirbelte Ivanka über das Parkett, bis ihre Stiefmutter die Tür aufstieß und laut über den infernalischen Radau schimpfte. Ivanka riss sich kreischend los und rannte hinaus.
    »Katharina«, sagte Adelaïde und ließ sich in einen Sessel sinken. »Katharina …« Sie führte nicht aus, was sie sagen wollte, sondern schüttelte nur den Kopf. »Kind, Kind«, sagte sie dann seufzend, »es ist gut, dass dies nicht deine offizielle Einführung in die Gesellschaft ist. Hoffen wir, dass sich im nächsten Jahr niemand mehr an diesen Auftritt erinnert.«
    Kato drehte sich zufrieden vor dem Spiegel. »Mich erkennt eh keiner.«
    »Amen.« Adelaïde erhob sich und zupfte mit betrübter Miene an Katos Jacke herum. »Nun gut. Du bist fertig, wie ich sehe.« Ihr Blick fiel auf die Kappe, sie schüttelte den Kopf und seufzte wieder. »Komm gleich in den großen Salon, dann können wir gehen.«
    Kato sah ihr nach. Adelaïde trug ein schönes erdbeerfarbenes Kostüm. Anscheinend hatte sie für den diesjährigen Ball die Commedia dell’Arte als Thema gewählt und sich als Isabella verkleidet. Es tat Kato ein wenig leid, dass sie ihrer Stiefmutter nicht den Gefallen tat, die Colombinen-Maske zu tragen, denn die beiden Kostüme hätten schön zueinandergepasst.
    Aber

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