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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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entfernt hatte, beugte sich dann vor und sagte leise: »Besuchen Sie mich bitte morgen in meiner Dienststelle, Fräulein von Mayenburg. Wir sollten miteinander reden.« Er nickte ihr bedeutungsvoll zu, reichte ihr seine Karte, lüpfte noch einmal den Hut und war zur Tür hinaus, ehe Kato sich aus ihrer verblüfften Erstarrung lösen und ihn fragen konnte, was er damit gemeint hatte.
    Sie steckte die Karte hastig ein, als sie Adelaïdes Schritte auf dem Steinboden herannahen hörte.
    »Ist der unangenehme Mensch fort?«, fragte die Baronin. Sie tupfte sich mit einem Tüchlein über die Stirn. »Danke, dass du ihn zur Tür begleitet hast. Der Gedanke war mir unerträglich, dass er hier herumschnüffeln könnte.« Sie legte ihre Hand auf Katos Schulter und seufzte. »Du bist ganz blass. Hat er dich so erschreckt? Du solltest es dir nicht so zu Herzen nehmen, Liebes. Das ist nur ein subalterner Geheimpolizist, der sich wichtigmacht. Dein Vater ist immer noch stellvertretender Polizeidirektor und steht im Rang weit über diesem Ungeziefer.«
    Kato ließ sich von ihr ins Esszimmer führen und zwang sich dazu, ein Abendessen einzunehmen, bei dem ihre Stiefmutter sich alle Mühe gab, sie beide aufzuheitern, indem sie von dem kaiserlichen Maskenball der vergangenen Saison erzählte. Kato lächelte ihr zu Gefallen, nickte, stocherte in ihrem Essen und dachte nach. Der Kommissär hatte ein überaus ungutes Gefühl zurückgelassen. Sein ganzes Wesen, sein Auftreten, seine Andeutungen – all das sprach laut: Gefahr. Sie wusste, dass die höfliche Einladung eine verkappte Drohung war – eine Vorladung?
    Kato hörte auf, vorzugeben, dass sie aß, und schob den Teller weg. »Ich habe Kopfschmerzen«, sagte sie. »Darf ich mich zurückziehen?«
    Ihre Stiefmutter bot Kompressen an, aber Kato wehrte alles ab, beteuerte, es sei nicht schlimm, nur Müdigkeit nach einem langen Tag, und flüchtete sich auf ihr Zimmer.
    Dort saß sie eine Weile beim Licht einer Kerze an ihrem Schreibtisch und starrte auf das leere Blatt ihres Tagebuchs hinunter. Sie fürchtete sich davor, die Lampe zu entzünden. Jemand hatte ihr nachspioniert und sie bei der Geheimpolizei angeschwärzt. Und wenn dieser Jemand auch ihr Tagebuch las und alles weitergab, was sie darin geschrieben hatte? Wusste das Sicherheitsbureau nun auch, dass ihr Vater den Verstand verlor und sie selbst mit den Ætherwesen redete? Würde man sie holen und ins Rote Haus bringen, einem peinlichen Verhör unterwerfen, einsperren?
    Kato nahm ihr Tagebuch und sah sich unschlüssig um. In ein paar Tagen fuhr sie ins Pensionat und würde für ein oder zwei Jahre nicht hierher zurückkehren. Vielleicht reichte das ja, um das Misstrauen des Sicherheitsbureaus einzuschläfern. Aber was, wenn sie stattdessen ihren Vater vorladen würden? Musste sie ihn nicht warnen? Oder besser, ihre Stiefmutter?
    Kato stopfte das Tagebuch unter die Matratze, löschte die Kerze und verkroch sich unter ihre Decke. Wenn Doktor Rados das nächste Mal kam, würde sie sich ihm anvertrauen. Seine Fragen hatten ohnehin schon darauf gezielt, er schien etwas zu vermuten. Er kannte sie schon so lange, er würde verstehen. Vielleicht wusste er Rat.

    Der kaiserliche Maskenball war das wichtigste gesellschaftliche Ereignis des Sommers. Für den Ball pflegte Kaiser Ferdinand Maximilian mit seiner Familie sogar für ein paar Tage aus seiner Sommerresidenz in die Hofburg zurückzukehren.
    Kato hatte sich schon das ganze Jahr auf diesen Ball gefreut. Heuer durfte sie zum ersten Mal daran teilnehmen, obwohl sie erst zu Beginn der nächsten Saison offiziell in die Gesellschaft eingeführt werden würde. Aber anscheinend hatte jemand sie für alt genug befunden, ihre Eltern zum Ball zu begleiten, und eine Einladung geschickt.
    Am Morgen des Balls waren deshalb alle Sorgen fürs Erste vergessen. Kato konnte den Sonnenuntergang kaum erwarten, obwohl doch gerade erst die Frühstückszeit angebrochen war. Der Tag dehnte sich endlos vor ihrem Blick. Aber schneller als gedacht, war er über den Vorbereitungen für den Maskenball vorübergegangen. Kato hatte noch eine kleine Auseinandersetzung mit Adelaïde führen müssen, die mit einem wunderschönen, pastellfarbenen Colombinenkostüm für Kato aufwartete und ganz und gar kein Verständnis dafür aufzubringen vermochte, dass ihre Stieftochter immer noch darauf bestand, als Junge verkleidet dieses gesellschaftliche Ereignis zu besuchen.
    »
Toute
Vienne
wird dort sein«, klagte Adelaïde

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