Aethermagie
Finger hindurch an. »Das ist doch dein Herr, hast du das nicht eben erzählt?«
Kato nickte unbehaglich. Mizzi ließ die Hände sinken und lehnte sich gegen die hohe Tür, um sie zu schließen. »Sag, stimmt es, dass der Baron Mayenburg ein bisschen …«, sie suchte nach Worten, »nun, dass er ein wenig wirr ist?« Sie machte eine bezeichnende Geste mit den Fingern zum Kopf.
Kato spürte, dass sie rot wurde. »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, erwiderte sie schroff. »Was wolltest du mir zeigen?«
Mizzi ließ nicht locker. »Er soll es ja wohl übertreiben mit dem Trinken«, plauderte sie. »Da hat sich schon mancher den Verstand weg… Au, du tust mir weh! Grober Bengel!«
Kato löste verlegen den Griff um Mizzis Arm. »Entschuldige«, sagte sie. »Aber du darfst so nicht über meinen … über den Herrn Baron reden. Er ist ein guter Herr.«
Mizzis Blick, klar und scharf, schien sich geradewegs in Katos Inneres zu bohren. »Er ist also nicht verrückt? Wenn man ihn da draußen so tappisch herumzeppeln sieht, könnt man es aber glauben.«
Kato holte tief Luft. »Wieso interessiert er dich? Und wieso weiß ein Kammerkätzchen so viel über die Herrschaften?«
Mizzi strich ihre Schürze glatt und ruckte an ihrer Maske. »Ich bin halt interessiert«, gab sie schnippisch zurück. »Man hört und sieht mancherlei, wenn man den Herrschaften dient.«
Kato erwiderte nichts darauf. Die vermeintliche Kammerzofe war mit Sicherheit die Tochter eines Hofbeamten, der zu Hause über seine Arbeit schwatzte. Adelaïde hatte ja schon angedeutet, dass Gerüchte über Papa in der Stadt herumgeisterten.
»Zeig mir also, was du mir zeigen wolltest«, forderte sie Mizzi nicht sonderlich höflich auf.
Die Zofe zuckte die Achseln. »Nichts Besonderes«, sagte sie. »Aber komm halt.« Sie führte Kato zum anderen Ende des Saals, blieb dort stehen und sah sich um. »Kannst du es erkennen?«
»Was denn?« Kato betrachtete die Holztäfelung und die gemusterten Tapeten. An den Wänden hingen Ætherlampen, die in einem schwachen Licht glühten. Kato wandte hastig den Blick ab, ehe eins der in den Lampen dösenden Feuerwesen sie ansprechen konnte.
Mizzi war ihr Zusammenzucken nicht entgangen – anscheinend entging Mizzi ohnehin nicht viel. Sie nickte nachdenklich und drückte fest gegen eine Intarsie in der getäfelten Wand. Dann schob sie mit einem Ruck eine verborgene Tür auf. »Na? Was sagst du nun?« Sie griff nach einem Kerzenleuchter, der neben ihnen auf dem Tisch stand.
Kato staunte. Sie wandte den Blick von der dunklen Öffnung und sah Mizzi fragend an. »Warum zeigst du mir das? Das dürfte deiner Herrschaft nicht angenehm sein.« Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln, von dem sie hoffte, dass es gemein und hinterhältig aussehen würde. »Und wenn ich nun doch ein Anarchist bin …?«
Mizzi lachte entzückt. »Oh, das wäre so fein!«, rief sie. »Ich wollte mich immer schon mal mit einem Anarchisten unterhalten, aber meine Mutter erlaubt nicht …« Sie unterbrach sich und errötete. »Und, was bist du nun für einer?«, lenkte sie hastig ab.
Kato seufzte und machte Anstalten, ihre Kappe abzunehmen. Aber Mizzis seltsames Gebaren ließ sie innehalten. Das Mädchen riss die Augen auf und hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Dann hörte Kato es auch: Schritte und Stimmen. Die Schritte näherten sich dem Salon, hielten vor der Tür. Die Klinke bewegte sich.
»Rein da«, zischte Mizzi und stieß Kato in das dunkle Gelass in der Wand. Sie hantierte herum, betätigte einen verborgenen Hebel, und die Täfelung schnappte hinter ihnen zu. Mizzi war so geistesgegenwärtig gewesen, den Kerzenleuchter mit hereinzunehmen, und stellte ihn jetzt auf ein Sims.
Sie lehnten nebeneinander an der Wand und hielten die Hände vor die Münder, um ihren aufgeregten Atem zu dämpfen. Kato sah in Mizzis vergnügte Augen und musste an sich halten, um nicht laut zu lachen.
Das Zischen der Ætherlampen, die aufgedreht wurden, das Klirren eines Glasstöpsels, der aus einer Karaffe gezogen wurde, das Geräusch, mit dem ein Sessel über einen Teppich gezogen wurde, Rascheln und Hüsteln. Das alles war sehr deutlich zu hören, was die beiden Mädchen dazu brachte, sich vollkommen ruhig zu verhalten.
Dann begann ein Mann zu sprechen. Er äußerte in einem melodisch und ein wenig fremdartig klingenden Tonfall die Frage: »Dürfen wir also heute Abend noch mit der Audienz rechnen?«
Ein anderer Sprecher antwortete mit rauem Bass:
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