Aethermagie
jetzt begriff Kato auch, wieso die Kammerzofe ihr so bekannt vorgekommen war. Sie schnappte nach Luft und wusste nicht, ob sie eine Verbeugung, einen Hofknicks oder einen Fluchtversuch machen sollte. »Eu… Eure Kaiserliche Hoheit«, sagte sie und verbeugte sich hastig. »Ich bitte um Vergebung, ich wusste nicht …«
»Ach, jetzt sei doch kein Spielverderber!«, rief das Mädchen aus und verschränkte die Arme. »Davon bekomme ich das ganze Jahr genug zu sehen. Heut bin ich nur die Mizzi, so wie du der Károly bist.«
»Nur«
, sagte Kato, von der Erkenntnis erschlagen, dass sie wahrhaftig mit der Erzherzogin Marie-Louise Elisabeth Sophia von Lothringen, der einzigen Tochter des Kaisers, durch die Eingeweide der Hofburg gekrochen war.
»Jetzt verdirb mir nicht den Spaß«, fauchte ›Mizzi‹. »Es war doch wirklich eine solche Gaudi bis jetzt. Ich ärgere mich, dass ich keinen anderen Ausgang gesucht habe, aber ich wollte aus diesem finsteren Loch heraus und an einen Platz, wo uns niemand stört.« Sie drehte sich um sich selbst und schob Kato dann ohne weitere Umstände zum Bett. »Setz dich«, befahl sie. »Ich will jetzt alles wissen.«
Kato hockte sich steif vor Schreck auf die Bettkante. »Was wollt Ihr … was willst du wissen?«
Die Prinzessin ließ sich neben Kato aufs Bett fallen und stützte das Kinn auf die Hände. Sie musterte Kato eingehend. »Nun, wie du ohne diese Kleider aussiehst, zum Beispiel.« Ihre Augen funkelten. »Und ob du gut küsst.«
Kato wurde es heiß und eng in ihrer Verkleidung. »Das …«, stotterte sie, »das ist nicht … Bitte, ich bin kein …«
Mizzi lachte auf und ließ sich auf den Rücken fallen. Sie strampelte mit den Beinen und giggelte wie eine echte Kammerzofe. »Ich weiß es doch, du dummes Ding«, rief sie lachend. »Glaubst du, meine Aufpasser hätten mich in deine Nähe gelassen, wenn wir nicht genau gewusst hätten, wer du bist?« Sie richtete sich wieder auf. »Du bist die Baronesse von Mayenburg und es tut mir leid, dass ich dich so aufgezogen hab. Das war nicht nett von mir.«
Kato schnaufte erleichtert. Dann zog sie die Brauen zusammen. »Was du über meinen Vater gesagt hast …«
Mizzi wich ihrem Blick nicht aus. »Es wird geredet«, sagte sie ernst. »Und nicht alles, was geredet wird, ist harmlos, Kato – du wirst doch Kato genannt, oder?«
»Ja.« Kato drückte die Handflächen gegen die Augen, dann zog sie mit einer wütenden Bewegung die Kappe vom Kopf.
Mizzi – Marie-Louise – beugte sich vor und nahm ihre Hand. »Du bist zornig«, sagte sie leise. »Ich habe dich nicht verspotten wollen, Kato. Du bist nur jemand, den ich schon länger kennenlernen wollte, und da habe ich deinen Namen halt auf die Liste der Einladungen gesetzt. Ich konnte doch die wunderbare Gelegenheit nicht ungenützt verstreichen lassen. Niemand weiß, wo wir uns befinden. Wir sind vollkommen ungestört und unter uns.«
Kato erwiderte voller Unbehagen den Blick der Prinzessin. Was wollte Marie-Louise von ihr? Warum behauptete sie, schon länger Katos Bekanntschaft machen zu wollen? Warum war sie so unangenehm gut informiert über ihren Papa?
»Warum?«, fragte sie rau und meinte damit all ihre Fragen auf einmal.
Die Prinzessin in ihrem Kammerzofen-Kostüm lehnte sich auf die Ellbogen zurück und wickelte eine Strähne ihres Haars, das sich aus dem Knoten gelöst hatte, nachdenklich um ihren Finger. »Dein Name ist mehrfach in Geheimberichten aufgetaucht«, sagte sie dann. »Natürlich darf ich diese Berichte nicht lesen.«
»Natürlich«, stimmte Kato zu. Sie rieb sich wieder über die Augen. »In welchem Zusammenhang ist mein Name dort erwähnt worden?«
»Dein Vater hat laut ärztlichem Bericht einen Nervenzusammenbruch erlitten. Stimmt das?«
»Das sagen die Berichte der Geheimpolizei?«
»Das sagt der Nervenarzt, der deinen Vater behandelt.«
Kato schluckte einen zornigen Ausruf herunter. »Dr. Rados liefert vertrauliche Angaben über seine Patienten an das Sicherheitsbureau?«
Mizzi zuckte die Achseln. »Natürlich, das tun doch alle. Sie sind dazu verpflichtet, du Schäfchen. Dein Vater ist ein ranghoher Beamter …«
Kato winkte ab. »Du hast recht, ich bin ein Schaf.«
Die Prinzessin seufzte. »Vergiss doch jetzt bitte für ein paar Minuten, wer ich bin und wer du bist. Tu mir den Gefallen. Ich bin die Mizzi, du bist die Kato – sei mir nicht bös, aber mit Károly könnt ich nicht gar so entspannt schwatzen – und jetzt lass uns reden. Ich bin auf
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