Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
beruhigend. „Valentin ist in der Fabrik. Ich glaube, dass Paul im Haus ist.”
Sie nahm ihre Freundin bei der Hand, und während sie über den Acker stapften, dachte Annabelle über die grüne Erscheinung nach. Es schien, als ob Valentins Geist sich selbstständig gemacht hatte. Anders konnte sie sich das, was Johanna ihr erzählte, nicht erklären, falls man es überhaupt erklären konnte. Aber sie wollte mit Johanna jetzt nicht darüber sprechen, sondern lauschte lieber in den Nebel nach möglichen Gefahren.
Sie erreichten das Haus und schlichen vorsichtig zur Eingangstür, vor der zwei Soldaten postiert waren. Als diese die Frauen erblickten, eilten sie sofort zu Hilfe. Johanna sackte vor Erleichterung in den Armen eines Mannes zusammen und wurde ins Haus getragen.
„Ist Paul Falkenberg hier?”, fragte Annabelle. Der Soldat nickte. Annabelles Knie wurden weich vor Erleichterung, aber dann sagte der Mann: „Sie sind alle in der Fabrik.”
Entsetzt stockte Annabelles Schritt, aber der Soldat hielt sie fest am Arm und führte sie in die Halle. „Sie können dort nicht allein hin. Sie müssen sich ausruhen.”
„Wie soll ich mich ausruhen?”, sagte Annabelle laut, und riss sich los. Sie sah sich um. Dieses schreckliche Haus! Sie wollte schreien, und sofort wieder nach draußen laufen, oder in die Tunnel, oh nein, nicht die Tunnel … Sie drehte sich im Kreis und suchte nach einem Ausweg.
„Annabelle”, hörte sie eine Stimme von oben. Sie sah auf und entdeckte Alexandra. Annabelle hätte nie gedacht, dass der Anblick der Russin ihr so gut tun würde. Alexandra flog die Treppe herunter und umarmte Annabelle kurz aber heftig.
„Es geht Ihnen gut”, sagte sie ehrlich erleichtert, und Annabelle sah sie sprachlos an. „Kommen Sie mit”, sagte Alexandra resolut und führte Annabelle in das Speisezimmer, in dem auch Johanna von einer Dienerin mit etwas zu trinken versorgt wurde.
„Was ist geschehen?”, fragten die drei Frauen dann fast gleichzeitig, und es wäre lustig gewesen, wären sie nicht so erschöpft, ängstlich und wütend gewesen.
* * *
Ein Ruck ging durch die Halle, als die Puppe aufhörte zu singen. Sie verstummte für einen kurzen Moment, dann schrie sie, entsetzt, verzweifelt, wie ein Tier. Paul spürte die Veränderung und überließ die Weiterführung der Harmonie einen Moment lang dem mechanischen Mann, um sich umzuschauen.
Die Bulldoggen zerfielen in ihre Einzelteile. Es gab einige Grüppchen von Verletzten und anderen, die sich um sie kümmerten. Die Krähen kreisten über der Szenerie. Wo war Annabelle? Sie musste doch irgendwo hier sein!
Plötzlich packte ihn jemand am Arm.
„Ihr Bruder”, schrie Schneider und zog ihn mit. Paul stolperte und sah, dass Hartwig sich durch einen Berg Metallteile wühlte, folgte dann aber dem Polizisten. Sie umrundeten eine pumpende Maschine und er hörte Schreie. Er rannte los und fand Friedrich, der unter Teilen eines Metallhundes begraben war und vor Schmerzen brüllte. Paul erkannte entsetzt, das sein rechter Arm ein blutiges Gewirr aus Lederfetzen, Metallteilen und Fleisch war, aber keine Hand mehr hatte.
Zusammen mit Schneider schob er den Metallhund von Friedrich herunter und hob seinen Bruder dann auf.
„Wir müssen ihn ins Haus bringen”, sagte Schneider und schob Friedrich seinen Arm von der anderen Seite unter. Gemeinsam bewegten sie sich in Richtung der Wendeltreppe.
Bevor sie dort ankamen, sahen sie, dass die Sängerin mit Hartwig kämpfte. Sie sang nicht mehr, sondern tanzte wie eine Ballerina immer wieder aus der Reichweite des Mannwolfs, um ihn dann mit wirbelnden Tritten zu traktieren. Die Krähen griffen sie an und rupften ihr das tote Fleisch vom Gesicht. Blitzschnell hatte sie nur noch einen glänzenden Metallkopf mit grün glühenden Augen. Sie drehte sich und traf Hartwig hart am Brustbein, sodass dieser einige Meter weit flog und reglos auf dem Boden lag. Dann tauchte sie in einen schon hüfthohen Haufen Metall, der sie wie Treibsand verschluckte.
„Wir ziehen uns zurück!”, schrie Schneider.
„Was ist mit Annabelle?”, fragte Paul. Er war nicht bereit, ohne sie zu gehen.
„Sie ist nicht hier”, sagte der Professor. Der mechanische Mann folgte ihm auf Schritt und Tritt.
„Wo ist sie?”
„Nicht mehr im Werk. Draußen. Sie ist in den Rhein gesprungen.”
Paul konnte es nicht glauben, und wenn Friedrich nicht so schwer verletzt gewesen wäre, dann hätte ihn nichts davor zurückgehalten, ihr hinterher zu
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