Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
packte staunend aus. Zuoberst lag das Bild, das Alexandra zuletzt von der Wand genommen hatte.
„Ein Dolmen”, sagte Annabelle nachdenklich. „Mein Vater liebte die Bretagne, aber ich mochte unser Haus in der Provençe lieber. Papa sagt immer, das Mittelmeer hätte die Menschen zu glücklich gemacht, der Atlantik wäre eine Herausforderung. Mir zuliebe sind wir meistens nach Grau-du-roi gefahren, aber manchmal auch nach Carnac, weil er die Steine untersuchen wollte. Sie faszinierten ihn, besonders die mit den Ornamenten.”
„Der Rahmen ist außergewöhnlich”, sagte Alexandra. Annabelle sah ihn an, konnte aber nichts entdecken. Die Russin fuhr mit den Fingern über das Holz und silbrig-grüne Zeichen erschienen wie Rauch und verschwanden genauso schnell. Annabelle sah Alexandra neugierig an.
„Ich hatte einen Unfall mit Æther”, sagte Alexandra, und sah kurz zu Paul, der die Stirne runzelte.
„Es war meine Schuld”, sagte er.
„Es ist geschehen, und es ist niemandes Schuld”, erwiderte Alexandra und sah wieder zu Annabelle.
„Vielleicht wenn du die Handschuhe ausziehst”, schlug die Russin vor.
„Tatsächlich.” Annabelle untersuchte den Holzrahmen genauer und öffnete dann die Verschlüsse, um das Bild herauszunehmen. Hinter dem Bild war ein gefalteter Zettel.
„Das ist die Schrift meines Vaters.”
Sie las:
Ich glaube, Dolmen sind für die am Meer Lebenden eine Möglichkeit gewesen, die Energie zu speichern. Es muss auch von Meerwasser etwas ausgehen, wenn auch weniger. Die Tatsache, dass man mit den Dolmen auch immer religiöse Kultstätten verbindet, lässt stark auf eine Verwendung als Medium zur Sammlung und Speicherung schließen. Auch die Platzierung der bekannten und erhaltenen Strukturen hat sicher so etwas zu bedeuten.
Ich frage mich, ob es nicht noch eine weitere Ebene gibt, aber das werde ich erst testen können, wenn sich meine Vermutungen über den Ursprung von Æther beweisen.
„Paul, sieh mal!”, rief sie und gab ihm das Blatt. Dann sah sie zu Alexandra.
„Wie bist du an die Dinge gekommen?”
„Ich war im Zimmer deines Vaters, im Haus der Baders.”
„Ach … er hatte ein Zimmer dort.” Annabelle fühlte sich verraten. Sie hätte das gerne gewusst.
Alexandra sprach schnell weiter: „Ja, es war besonders geschützt, so wie der Rahmen. Und ich hatte ja nichts anderes beizutragen, da habe ich mich dort umgesehen.”
„Vielen Dank.” Annabelle packte die restlichen Sachen aus und freute sich, noch mehr Aufzeichnungen in seiner Schrift zu finden.
„Und ich habe noch dieses hier”, sagte Alexandra und holte das Jackett hervor. Annabelle setzte sich und strich über den rauen Stoff.
„Tweed. Er hat es in Edinburgh gekauft. Er mag die Schotten. Ich mag es nicht, weil es so kratzt, aber er sieht gut darin aus.” Sie roch daran und der vertraute Duft von Pfeifentabak und Wolle brachte ihr die Erinnerung ganz nahe.
„Als ich diesen Automaten das erste Mal sah, da dachte ich wirklich, mein Vater wäre dort, lebendig, und es war wundervoll”, sagte sie leise. „Es ist seltsam, aber dass der mechanische Mann sich zerstört hat, ist für mich tröstlich. Er repräsentierte eine Hoffnung, die nicht gut für mich ist.”
„Denkst du, dein Vater ist tot?” Alexandra war ganz vorsichtig, aber Annabelle bemerkte, dass auch Paul aufmerksam zuhörte. Sie dachte lange nach, dann sagte sie: „Ich weiß es nicht, aber ich habe gemerkt, es ändert nichts an meinem Leben. Ich muss meine Entscheidungen auf einer anderen Basis treffen.” Sie betrachtete ihren neuen Ring und lächelte Paul an. „Was aber nicht bedeutet, dass ich es nicht mehr wissen will. Ich möchte gerne Gewissheit haben.”
Paul nickte: „Wenn wir einen Hinweis finden, dann gehen wir dem selbstverständlich nach.”
Annabelle erinnerte sich, dass sie etwas gesucht hatte: „Wo ist meine Mappe, die ich von Bader bekommen habe? Ich hatte sie Otto gegeben.”
„Er hat sie mir heute Morgen nach dem Treffen gegeben”, sagte Paul. „Sie liegt noch in meinem Büro, im Amt.”
Annabelle sah noch kurz ins Feuer und entließ die Neugier: „Dann hat es auch noch bis morgen Zeit. Ich werde jetzt zu Bett gehen. Gute Nacht.”
Sie verabschiedete sich, die Jacke im Arm und ging mit einem guten Gefühl. Die Eifersucht, die sie vor einigen Tagen noch verspürt hätte, wenn sie Paul und Alexandra allein gewusst hatte, war verflogen. Das erinnerte sie aber aus verschiedenen Gründen an Johanna. Sie
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