Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
als wären es immer nur andere. Aber ich gehöre dazu, ich bin selbst eine Verdorbene.” Das schreckliche Wort fiel wie ein Stein in den Raum. Johanna verbarg ihr entsetztes Gesicht hinter ihrer Serviette.
„Das ist doch etwas ganz Anderes”, wiegelte Rudolf Bader überrascht ab.
Annabelle schüttelte den Kopf: „Leider nicht: Wenn es darauf ankommt, dann bleibt eben doch der Makel. Was auch immer ihr in der Zeitung gelesen habt: Ich habe niemanden getötet, aber es hat nicht viel gefehlt. Die Art und Weise wie man mich behandelt hat, war schändlich und darf sich nicht wiederholen.” Sie hatte das ein wenig zu laut gesagt, und ihre Stimme zitterte.
Johanna hielt sich immer noch die Serviette vor den Mund, Rudolf Bader schlug die Augen nieder und legte den Löffel klirrend auf den Teller. Nur Valentin sah sie ruhig und intensiv an.
Annabelle redete weiter, sie konnte jetzt nicht aufhören: „Ich bin sehr glücklich, dass man das Amt gegründet hat, und ich werde alles dafür tun, dass die Situation von solchen Menschen, wie ich es bin, verbessert wird.”
„Annabelle, wir haben nie gedacht ...”, begann Rudolf Bader.
„Das weiß ich. Vielmehr hoffe ich es”, unterbrach sie ihn, dann hielt sie kurz die Hand vor den Mund, um zu verhindern, dass noch weitere Worte einfach so herauspurzelten. „Entschuldigung. Es fällt mir eben noch schwer, damit umzugehen.”
Rudolf Bader richtete sich auf. Für einen Moment war er ein bisschen wie früher, mächtig und imposant: „Du bist die Tochter meines besten Freundes, und wir nehmen dich, so wie du bist. Jetzt sprechen wir über erfreulichere Dinge.”
Annabelle schaffte es dann doch, ihre Suppe zu essen. Dass Valentin so ruhig neben ihr saß, beruhigte sie. Johanna plauderte mit Rudolf Bader über allerlei Prominenz, die sich in Baden-Baden befand. Bader kannte viele von früher, hatte die meisten aber lange nicht mehr getroffen. Annabelle war überrascht zu hören, dass er auch schon Mitglieder des britischen Königshauses empfangen hatte. Die Majestäten waren sehr interessiert an seinen Technologien zur Kompression des Æthers gewesen.
Schließlich sagte Rudolf Bader: „Bitte erzähl mir von deinem Herrn Falkenberg. Wie habt ihr euch kennengelernt?” Das tat Annabelle gern, und Johanna half ihr dabei. Wenn man die unangenehmen Stellen ausließ, war es eigentlich eine wirklich romantische Geschichte, dachte Annabelle zwischendurch überrascht.
„Wann werdet ihr heiraten?”, fragte Valentin, nachdem sie so viel von Paul erzählt hatte, dass sie Bauchschmerzen hatte, weil sie ihn vermisste.
Sie schlug die Augen nieder: „Wir haben noch keinen Termin, aber wenn ich zurückkomme, dann werden wir einen festlegen.” Sie schob einen Spargel auf ihrem Teller durch die erkaltete flüssige Butter und wünschte sich, sie hätte das nicht sagen müssen. Es kam ihr vor wie Verrat an Paul und ihrer Beziehung zu ihm, aber sie war miserabel im Lügen.
„Das würde deinen Vater sehr freuen”, sagte Rudolf Bader und sie sah ihn überrascht an. Er nickte und lehnte sich zurück. „Er machte sich immer Sorgen um deine Zukunft. Wir haben oft darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn du und Valentin …”
„Vater”, unterbrach Valentin. Seine Ohren leuchteten dunkelrot und er sah empört und zornig aus. Annabelle war überrascht über seine heftige Reaktion. Aber Rudolf Bader lachte und trank einen Schluck aus seinem Weißweinglas: „Was hast du? Es war naheliegend! Ihr habt euch gut verstanden als Kinder. Aber man weiß ja nie, was Gott mit einem so vorhat.” Er trank sein Glas aus und ließ sich nachschenken. Eine unangenehme Pause entstand.
„Als mein Vater das letzte Mal hier war”, begann Annabelle vorsichtig, „wann war das genau?”
„Nun, da müsste ich nachsehen. Meine Sekretärin hat darüber genaue Aufzeichnungen. Ich weiß noch, es war Sommer, sehr heiß, und wir saßen im Solarium, obwohl es kaum auszuhalten war. Dein Vater erzählte von dir, du hattest gerade in diesem Institut angefangen, weil er dich mit toten Tieren im Keller erwischte, und er konnte dich dort untergebringen. Er war stolz, dass du das wissenschaftliche Arbeiten so leicht gelernt hast.”
„Tote Tiere?”, fragte Valentin und sah Annabelle vielsagend an.
Sie lachte: „Naja, ein paar Schnecken und Würmer. Ich hatte mit dem Studium der fleischfressenden Pflanzen begonnen, und wollte die Wirkmechanismen herausfinden. Ich hatte nur vergessen, meine Präparate zu
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