Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
daran roch. Entschlossen machte sie einen Schritt zur Seite und entzog sich ihm.
„Es wird gleich Essen geben. Ich muss mich umziehen”, sagte sie und machte schnell ein paar Schritte zur Tür. „Wir sehen uns bei Tisch.” Ihr Herz klopfte den ganzen Weg nach oben, und sie wollte dringend Johanna sehen, um sich von ihren verwirrenden Gedanken abzulenken.
* * *
Paul schwitzte. Er hielt den Degen aber noch locker und war bereit für eine Konterriposte. Bei einem unbekannten Gegner war er lieber vorsichtig. Zu Studentenzeiten im Corps hatte er fast täglich trainiert, aber in letzter Zeit war er einfach nicht dazu gekommen. Nun musste er sich eingestehen, dass er ein wenig aus der Übung war. Sein Gegner überraschte mit einer Finte und nach zwei Ausfallschritten hatte er ihn von der Planche gedrängt.
Lachend schob der seine Maske hoch und reichte Paul die Hand. Paul schlug ein und gratulierte ihm.
„Du bist nicht in Form, großer Bruder!”, rief Friedrich von der Bank aus.
„Scheint so.” Paul zog sich die Maske vom Kopf. „Schluss für heute.”
„Dann habe ich gewonnen.” Friedrich freute sich sichtbar. Er hatte gegen Paul gewettet und seinen Gegner ausgesucht. „Danke, Herrmann!”, rief er Pauls Kontrahent hinterher.
Paul grinste und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß weg. „Herzlichen Glückwunsch. Ich muss öfter üben.” Er ging in die Duschen, und nachdem er sich angezogen hatte, trafen sie sich vor der Sporthalle.
„Zum Löwen?”, fragte Friedrich, und Paul nickte. Sie waren früher öfter in diese Wirtschaft gegangen. Früher – war das nur ein halbes Jahr her? Es kam Paul viel länger vor.
„Ich kann aber nicht so lang”, schränkte Paul ein.
„Was ist? Annabelle ist doch noch weg, oder?”
„Ja, aber das Fräulein Sorokin …”
Friedrich war nicht im Bilde: „Welches Fräulein? Was ist da los, großer Bruder? Hast du noch ein Eisen im Feuer?”
„Hör auf, mich dauernd »Großer Bruder« zu nennen”, sagte Paul und erklärte auf dem Weg zum Restaurant seinem Bruder die komplizierte Sachlage.
„Vom Regen in die Traufe”, kommentierte Friedrich später kauend. Paul trank einen großen Schluck Bier und seufzte.
„Sieht sie gut aus?”, fragte Friedrich interessiert.
„Ist das wichtig?” Paul dachte an Alexandra und wollte eigentlich nicht darüber nachsinnen, ob sie hübsch sei.
„Das ist sehr wichtig. Die Frauen machen uns das Leben so schwer, da müssen sie wenigstens hübsch sein.”
Paul stellte sein Glas lautstark auf den Tisch: „Was redest du da? Wer macht dir denn das Leben schwer? Was ist mit Johanna?”
Friedrich verzog das Gesicht: „Was soll mit ihr sein? Wir sprechen hier über dich, nicht über mich.”
„Aha.” Paul drehte sein Glas und starrte in den Schaum.
Friedrich zerriss seine Brezel: „Genau: Aha … es ist wie bei dir, oder nicht? Wir sind jetzt so lange zusammen, da erwartet man etwas. Bei euch bist es du, der etwas erwartet, bei mir ist es Johanna. Ich mag sie, aber ...” Er schob sich ein großes Stück in den Mund und kaute nachdenklich.
„Aber?”, bohrte Paul.
Friedrich schluckte und starrte ihn an. Paul fiel jetzt erst auf, dass sein Bruder sich einen Schnurrbart wachsen ließ, und fragte sich nach dem Grund der Veränderung.
„Herrgott, ich weiß es nicht”, sagte Friedrich heftig. „Ich will eigentlich noch nicht heiraten! Ich würde gerne noch ein bisschen frei sein. Ausprobieren. Ich habe sogar über die Kolonien nachgedacht.”
Paul bedankte sich bei der Bedienung für sein Schnitzel. Nachdenklich säbelte er ein Stück ab.
„Weiß sie das?”, fragte er dann.
Friedrich nickte: „Ich glaub schon. Sie ist schnippisch und hat mich sogar schon versetzt.”
„Und das kratzt an deinem Stolz.”
Friedrich trank sein Bier aus und signalisierte nach einem weiteren. „Schluss mit mir. Wir wollten über dich sprechen.”
Paul wehrte mit seiner Gabel ab: „Du wolltest über mich sprechen. Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will.” Er hatte das größte Problem damit, mit seinem Bruder über solche Dinge zu sprechen. Er war es eher gewohnt, sich Friedrich gegenüber keine Blöße zu geben, die dieser gnadenlos ausnutzen würde, um sich über Paul lustig zu machen.
„Ich interessiere mich für deine Träume”, behauptete Friedrich ernsthaft.
Paul lachte: „Du interessierst dich gewiss nicht für meine Träume, du suchst nur nach Möglichkeiten, mich zu necken.”
Friedrich beugte sich vor:
Weitere Kostenlose Bücher