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Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Titel: Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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aufgefallen, das Dinge sich unterschiedlich unter dem Einfluss von Æther verhielten. Manche Mechaniken brauchten nur wenig Æther, um zu laufen und sich verblüffend lebensecht zu verhalten, andere blieben trotz Unmengen Æthers leblos. Er hatte eine Theorie testen wollen, und dafür dieses Gerät entwickelt. Es zeigte ihm, dass die Gegenstände, die besonders gut funktionierten, scheinbar Æther aus der Luft absorbieren konnten. Wenn er also mit dem zweiten Trichter den Æthernebel wieder absaugte, kam von diesem wenig zurück, was einen weiten Ausschlag mit dem Griffel hervorrief.
    Seit er im letzten Winter die Sammlung des Professors untersuchte, und in dessen Ferienhaus im Schwarzwald auf Hinweise gestoßen war, die den Verdacht erhärteten, dass sich der Professor mit Magie beschäftigt hatte, war Paul mit der Maschine schon durch einige Räume gegangen und hatte sie untersucht. Eine halb zerstörte und nur unzureichend reparierte Holzstatue, die einen tibetanischen Tempelhütehund darstellte, hatte enorme Werte erbracht. Er wusste aus Erzählungen von Karl Burger, dass diese Statue sich bewegt und ihm das Leben gerettet hatte.
    Aber was hatte es mit der Puppe auf sich? Er legte sie auf den Schreibtisch, um sie genauer zu untersuchen.
    * * *
    Valentin lief wie ein Tier im Käfig in seinem Zimmer auf und ab. Er ärgerte sich – mehr noch, er war wütend. Er hatte die Beherrschung verloren und vielleicht alles verdorben. Er hätte Annabelle noch mehr Zeit lassen sollen, es drängte doch nicht! Er konnte sie hier festhalten, solange er wollte, solange es eben dauerte. Er musste geduldiger sein. Aber sie war so verführerisch, und sie hatte es doch auch gewollt, sie hatte es zugelassen, ihn gebraucht … Er hatte nicht das Gefühl gehabt, etwas Falsches zu tun. Trotzdem hatte sie ihn plötzlich abgewehrt und behauptet, sie würde ihn nicht lieben.
    Er hatte es seit seinem Eintreffen hier vermieden, das Portrait seiner Mutter anzusehen, spürte aber ihren Blick auf ihm, und wusste, sie billigte es nicht. Er hatte etwas falsch gemacht, und sie war böse auf ihn. Nun stand er vor dem Bild, die Augen niedergeschlagen, Wut und Scham brodelten in ihm, bis er es nicht mehr aushielt. Auf einem Sideboard lagen sein Besteck und die Schüssel. Es musste sein, er brauchte Erleichterung, und sie würde es wollen. Mit zitternden Händen band er sich den Arm ab und nahm das Skalpell. Die Adern an seinem Arm waren zum Bersten gefüllt und es genügte ein kleiner Schnitt, um das Blut fließen zu lassen. Er sah zu, wie es in die Schale tropfte und mit jedem Tropfen wurde ihm leichter. Er löste das Band und wartete, bis der Blutstrom versiegte.
    Erst jetzt wagte er es, seiner Mutter in die Augen zu sehen. Sie lächelte, und er war erleichtert. Sie hatte ihm verziehen, sie liebte ihn. In seinen Gedanken erzählte er ihr von Annabelle. Dass sie es wert war, dass sie die Richtige war. Dass er natürlich sie, seine Mutter, mehr liebe, aber er schuldete es ihr doch, ein gutes Leben zu führen, ein Leben, wie sie es sich gewünscht hätte. Sie hatte schließlich ihr Leben für ihn gegeben, das musste doch etwas bedeuten?
    Er legte sich auf sein Bett und starrte an die Decke. Valentin wollte nichts sehnlicher, als den Traum seiner Mutter zu leben: ein Kind zu zeugen, es aufwachsen zu sehen, es zu lieben und zu trösten in den einsamen Nächten, wenn die Schatten aus den Schränken wanderten und man nichts hörte, außer dem Stampfen der Maschinen und dem Kreischen der Verdorbenen, die um das Haus schlichen. Er wusste, dass Annabelle ihrem Kind die Lieder vorsingen würde, die er nur auf Schallplatten gehört hatte, wenn sein Vater es ihm erlaubte. Sein Vater, der immer eifersüchtig alles hütete, was seiner Mutter gehört hatte, ihre Kleider, ihr Parfum, ihre Bürsten, all die Kleinigkeiten – und eben ihre Stimme, diese wundervolle Stimme, die Valentin nie vernommen hatte, wenn er es am Nötigsten gehabt hätte.
    Aber darüber wollte er jetzt nicht mehr nachdenken. Annabelle war hier, und er musste seine Chance nutzen. Er hatte ihren Gesichtsausdruck gesehen, als sie über den Anderen gesprochen hatte und es hatte geschmerzt. Aber als er sie dann bewusstlos neben seinem Vater gefunden hatte, da hatte er für einen Moment gehofft, der Alte wäre tot. Er hatte ihn wegbringen lassen und dann eine ganze Weile neben Annabelle gesessen und sie angeschaut. Er konnte immer noch die Sommersprossen auf ihrer Nase finden, die er als Jüngling so

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