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Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Titel: Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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gerne berührt hätte. Ihre Haut war leicht gebräunt, aber das würde vergehen, wenn sie erst eine Weile bei ihm wäre. Mit den Augen hatte er all die Stellen erforscht, die er seinen Fingern verwehrte, damit sie nicht zu früh aufwachte und die Illusion der Intimität zerstörte. Mehrmals hatte er sich kaum beherrschen können, seine Fingerspitzen hatten nur wenige Millimeter über der so verführerisch seidigen Haut ihres Dekolletés geschwebt.
    Er hatte sich gewünscht, sie würde nie aufwachen, und dann hatte er sich gewünscht, sie würde aufwachen und ihn anlächeln. Nur ihn, weil sie den Anderen vergessen hatte. Als sie dann endlich aufgewacht war, da war sie so verletzlich gewesen, und wie hätte er es denn nicht so deuten sollen? Sie hatte sich an ihn geschmiegt, und alles wies darauf hin, dass sie es auch wollte. Seine Lippen erinnerten sich noch an die Seidigkeit ihrer Haut, er bildete sich sogar ein, sie noch riechen zu können. Und als sie ihre Lippen geöffnet hatte, das hatte er doch nicht falsch verstanden!? Nein, es war so, sie fühlte auch etwas für ihn. Sie meinte nur, falsche Treue zu ihrem Eheversprechen halten zu müssen. Er musste Annabelle einfach überzeugen, dass das nicht mehr nötig war. Dass er die bessere Wahl war. Er verschränkte die Hände über der Brust und dachte nach. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er sich ausmalte, was er ihr bald zeigen würde. Dann würde sie alles erkennen und dankbar in seine Arme fallen, das wusste er genau.
    * * *
    Die Einheit löste sich vom Netz und erhob sich ungelenk. Einzelne Verbindungen kehrten sich noch einmal um, optimierten sich in der Bewegung und gestalteten sich nach dem Plan. Als sie schließlich aufrecht stand und ihre Sensoren kalibrierte, streckte sie die zwei Appendices aus und sog den Lebensatem mit ihren Endungen auf. Der grüne Strom waberte in den vorgesehenen Kanälen und breitete sich überall aus.
    Dann öffnete sie ihre Optiken: Mit grün leuchtenden Pupillen sah sie das erste Mal die Welt. Sie blickte zurück auf das Nest und erkannte, dass es ihr schwerfallen würde, sich zu trennen. Als sie die ersten Schritte wagte, rieselten noch kleine Teile von ihr herunter und wurden sofort wieder vom Nest aufgenommen.
    Sie drehte sich um, machte zwei Schritte zurück, bückte sich und griff in die wuselnde Fülle. Genießerisch schloss sie die Augen, als sie die Verbindung zur »Obersten Ordnung« spürte. Sie beschloss, eine Modifikation vorzunehmen; es war erlaubt, solange sie innerhalb der Parameter blieb. Subeinheiten krabbelten ihre ‚Arm’ entlang und brachten die nötigen Teile zu den richtigen Stellen. Sie fühlte, wie die Verbindung von einem leisen Summen zu dem wundervollen Gesang wurde, den sie zur Sicherheit brauchte.
    Als die letzte Subeinheit fertig war, löste sie die Arme vom Nest und richtete sich auf. Die Verbindung blieb stabil. Die »Oberste Ordnung« signalisierte Zustimmung. Die Einheit berührte ihren glänzenden Kopf und drehte sich dann entschlossen um. Es wurde Zeit zum vereinbarten Ort zu gehen. Sie summte eine Melodie, die Musik des Nests, der ihre vokalen Resonanzkörper eine Stimme gaben. Ihre Rezeptoren nahmen den Schall wahr und sie empfand so etwas wie Stolz. Sie war perfekt, der Plan war fehlerlos, sie würde zu seinem Stolz funktionieren, bis er sie nicht mehr brauchte.

 
     
    Kapitel 7
     
    Als Paul am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich miserabel. Sein Forscherdrang hatte ihn am Abend vorher noch lang wachgehalten, aber er hatte kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht. Er sah auf die Uhr, erschrak mächtig und sprang schnell aus dem Bett.
    Er musste heute ins Amt, da gab es kein Entkommen. Als er nach der Brosche auf dem Nachttisch griff, fiel sein Blick auf die Puppe, die er mitgenommen hatte. Ja, das war eindeutig Annabelle, und der Gedanke an sie war schmerzhaft. Es gab irgendeine Verbindung zwischen der Puppe und Annabelle, aber Paul nahm an, dass es wohl nur daran lag, dass die Haare des Abbilds echte Haare von Annabelle waren.
    Er lief die Treppe herunter und begrüßte im Flur Frau Barbara, die ihn kritisch ansah. Paul versuchte schnell noch seine Haare in Ordnung zu bringen, aber die Hausdame sah ihn immer noch mit zusammengekniffenen Augen an. Er blickte an sich herunter. Seine Weste war falsch geknöpft!
    „Sie arbeiten zu viel, Herr Paul”, sagte sie vorwurfsvoll.
    Er nickte: „Da haben Sie völlig recht, Frau Barbara. Ich werde mich bessern.” Er stellte

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