Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
Knöpfe.
„Komm”, sagte Valentin und bot ihr seinen Arm. Widerstrebend hakte Annabelle sich ein. Sie sah sich um, und griff nach Johanna, die mächtig beeindruckt von dem Raum zu sein schien.
Valentin führte sie eine Tür hinaus, durch die eine verblüffte Sekretärin an ihnen vorbei huschte, und kurz danach gingen mehrere Männer in Anzügen rasch an ihnen vorbei in Richtung des Büros; sie blieben vor Valentin und seinen Begleiterinnen kurz stehen, um sie höflich zu begrüßen und eilten dann schnell weiter. Annabelle hatte den Eindruck, dass die Blicke zwischen den Männern sehr viele Dinge kommuniziert hatten, die ihr verborgen bleiben sollten.
Valentin führte sie einen Gang entlang, der auf der einen Seite mit Fenstern versehen war, durch die man in die düsteren Fabrikhallen schauen konnte. Da sie sich im ersten Stock befanden, sah Annabelle von oben auf das Gewusel der vermummten Arbeiter. Alle trugen schwere Schutzkleidungen. Schwarze Maschinen pumpten und Männer rollten Fässer hin und her. Mechaniker kletterten auf den Gestängen herum, warteten und reparierten die Maschinen während der Arbeit. Überall gab es Anzeigen, die von aufmerksamen Augen beobachtet wurden, Hebel, die gezogen, Knöpfe, die gedrückt und Armaturen, die gedreht wurden. Glaseinsätze leuchteten grün und zeigten, dass alles mit Æther geflutet war.
Alle, denen sie begegneten, grüßten Valentin ehrerbietig. Er sprach mit manchen Angestellten ein paar Sätze, ruhig und bestimmt, und Annabelle war überrascht über seine plötzlich spürbare Autorität. Die Menschen hier respektierten ihn auf eine distanzierte Art und Weise. Das war nicht so, wie sein Vater es ihr beschrieben hatte. Rudolf Bader schien seinen Sohn nicht gut zu kennen.
Je weiter sie liefen, desto deutlicher wurde ein Stampfen, welches alles erschütterte.
„Ist das die Dampfmaschine?”, fragte Annabelle besorgt.
Valentin nickte: „Ja. Eigentlich sind es mehrere. Wir können nicht nur von einer abhängig sein.”
„Es ist alles so gewaltig”, sagte Johanna.
„Ja, Vater denkt in großen Dimensionen.” Er sagte das nachdenklich, als ob er etwas verschwieg.
Annabelle blieb stehen: „Ich möchte das nicht mehr sehen.” Sie sah Johanna an, die nickte.
„Vater wird wollen, dass ich euch alles zeige.” Valentin sah sie an und runzelte die Stirn.
Annabelle wehrte ab: „Das ist mir egal. Dann ist mir eben schlecht geworden. Ich bin eine Frau, ich darf Kopfschmerzen haben.” Sie sah ihn hoffnungsvoll an.
Valentin lächelte: „Ja, das Privileg hast du. Was möchtest du tun?”
„Schwimmen.” Alles, nur weg hier!
„Gern.” Er nahm ihren Arm fester und führte sie zurück.
* * *
Paul hatte sofort nach Hause eilen wollen, als er den Anruf bekam. Aber sie hatten ihn im Amt aufgehalten, und so war es später Nachmittag, als er ankam. Er ging erst in sein Zimmer, legte eine Maske mit Schutzbrille an, und schalt sich einen Idioten, weil er den Apparat in der Bibliothek hatte stehen lassen. Das war unverantwortlich! Er lebte schließlich nicht mehr allein! Aus seinem Schrank holte er zusätzlich einen dicken Wintermantel und Handschuhe, um sich so wenig wie möglich dem Æther aussetzen.
Vorsichtig öffnete er die Tür zur Bibliothek, trat dann schnell ein und schloss sie wieder. Er durchquerte den Raum langsam, obwohl ihm nach Rennen war. Der Æther lag wie eine dünne grüne Schneedecke auf dem Fußboden. Der Raum war kalt, da niemand seit dem Vorfall das Feuer geschürt hatte. Das war gut: Kalter Æther war weniger aktiv. Er versuchte, die Ætherschicht so wenig wie möglich mit seinen Schritten zu verwirbeln. Es war immer wieder faszinierend, wie Æther sich verhielt. An manchen Stellen kräuselte er sich hoch, als wolle er erforschen, was sich um ihn herum befand. Wie Flammen, die plötzlich aus einer Glut hervor züngelten. Hier kroch er die Wand hoch und anderswo gab es unsichtbare Grenzen für ihn. Der Tempelhund beispielsweise war völlig eingehüllt, und fast schienen seine Augen grün zu leuchten.
Seine Maschine sirrte immer noch vor sich hin. Er nahm den Trichter und betätigte ein paar Hebel. Klackernd stellten sich einige Weichen um und der Trichter sog den Æther wieder ein. Paul stellte den Griffel ab, da er ja keine Untersuchung machte. Er wollte einfach nur den Raum reinigen. Trotzdem fielen ihm einige Merkwürdigkeiten auf. Der Æther kletterte beispielsweise an den Fenstern hoch und haftete in seltsamen Formationen an den
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