Affaere im Paradies
haderte mit ihrem Schicksal. Wenn ihr Bruder Curt ihn nicht auf dem College kennen gelernt hätte, dann hätte Matthew niemals die Stellung beim … ›Herald‹ angetreten. Dann wäre er in New York unerträglich, statt Tag für Tag nur einen Meter von ihr entfernt unerträglich zu sein.
Nur widerwillig gestand sie sich ein, dass er der beste Reporter von allen war. Er war gründlich, seine Berichte waren aufschlussreich, und er besaß den Instinkt eines Bluthundes. Aber das machte den Umgang mit ihm nicht einfacher.
Matthews Artikel über den Mord war fundiert und brachte die Geschichte auf den Punkt. Am liebsten hätte sie ihm seine zehn Dollar in den Hals gestopft. Das hätte es ihm erschwert, sich damit zu brüsten.
In den zwölf Monaten, die sie ihn kannte und mit ihm arbeitete, hatte er nie so auf sie reagiert, wie es die anderen Männer taten. Er hatte keine Hochachtung vor ihr, sein Blick drückte keine Bewunderung aus. Sie hasste es zwar, ehrerbietig behandelt zu werden, aber seine Gleichgültigkeit fand sie ebenso abscheulich.
Er hatte sie niemals eingeladen … Nicht, dass sie das von ihm erwartet hätte, betonte Laurel vor sich selbst. Aber leider entging ihr so auch das Vergnügen, ihm eine Abfuhr zu erteilen. Obwohl er in ihr Wohnhaus gezogen war und direkt neben ihr wohnte, hatte er doch niemals, nicht einmal unter dem kleinsten Vorwand, an ihre Tür geklopft. Ein Jahr lang hatte sie gehofft, er möge es tun … damit sie ihm die Tür vor der Nase zuknallen konnte.
Stattdessen, dachte sie, und ihre Lippen wurden ganz schmal dabei, fällt er mir auf ein Dutzend andere Arten lästig. Er ließ boshafte, kleine Bemerkungen über ihre Freunde fallen – die noch irritierender waren, weil sie unweigerlich zutrafen. Im Augenblick war Jerry Cartier sein bevorzugtes Opfer, ein ultrakonservatives, irgendwie schwerfälliges Mitglied des Stadtrates. Laurel traf sich mit ihm nur, weil sie viel zu gutmütig war, um es zu unterlassen, und gelegentlich brachte er sie auf eine Spur, die sie in ihrem Artikel verwerten konnte. Aber Matthew versetzte sie in die unverzeihliche Lage, Jerry wider besseres Wissen verteidigen zu müssen.
Das Leben wäre leichter, dachte sie, wenn Matthew Bates noch immer in Manhattan an seinen Artikeln basteln würde. Und wenn er nicht so unglaublich attraktiv wäre. Laurel verbannte Matthew und auch ihre zehn Dollar, aus ihren Gedanken, während sie den dichten Strßenverkehr hinter sich ließ.
Obwohl die Sonne schon tief stand, leuchtete der Himmel noch immer. Die Wärme und das Licht flimmerten durch die Zypressen und ergossen sich auf die Straße. Tief zwischen den Bäumen lagen Schatten, ertönten die Geräusche von Insekten und Vögeln – den Tieren dieser Sumpflandschaft. Sie hatte immer gewusst, dass es in den Sümpfen Geheimnisse gab. Geheimnisse, Schatten, Gefahren. Sie trugen nur noch zu der Schönheit der Landschaft bei. Irgendwie war es aufregend zu wissen, dass so nahe an der Zivilisation noch eine andere Art von Leben – primitiv, räuberisch – existierte.
Als Laurel in die Straße einbog, die zu ihrem Familienstammsitz »Promesse d’Amour« führte, empfand sie das gewohnte Gefühl von Stolz und Ruhe. An jeder Seite der Auffahrt wuchsen Zedern, deren Kronen sich berührten und so die Straße in einen kühlen, dämmrigen Tunnel verwandelten.
Am Ende der Auffahrt hielt Laurel an und warf einen Blick auf das Gebäude. Es hatte zwei weitläufige Stockwerke und wurde von einer Fülle von Azaleen, Kamelien und Magnolien umgeben. Die zarten Farben der Blüten, ihr sanfter exotischer Duft – all das verstärkte den Eindruck der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg und der Trägheit. Durch das heruntergekurbelte Fenster roch Laurel die Mischung aus Hitze und süßem Duft.
Die achtundzwanzig Säulen im dorischen Stil wirkten würdevoll und nicht im Mindesten prahlerisch. Jede Ecksäule war von Efeu überwuchert. Die schmiedeeisernen Muster des umlaufenden Balkons waren so zart wie schwarze Spitze, und französische Türen führten von dort in jeden Raum. Das Haus vermittelte den Eindruck von Beständigkeit, Sicherheit und Grazie. Laurel kam das Haus vor wie eine Dame, die mit den Jahren alt geworden war und jetzt über Charakter und Würde verfügte.
Sie nahm die Seitenstufen, die zur Veranda hinaufführten, und betrat das Haus, ohne anzuklopfen. Hier hatte sie ihre Kindheit und ihre Teenagerjahre verbracht. Ein breiter Korridor teilte das Haus in zwei Hälften und
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