Affaere im Paradies
erkannte er, dass Laurel bereits aufgeräumt hatte. Das würde sie ihm bestimmt unter die Nase reiben, dachte Matthew lächelnd. »Ich rieche nichts Angebranntes.«
Er schlenderte in die Küche und zog die Augenbrauen hoch. Was sie da gerade vorbereitete, schien jeden Zentimeter der Arbeitsfläche zu benötigen. Matthew stellte den Wein im Spülbecken ab – dem einzigen freien Platz – und schüttelte den Kopf. Das sollte die Frau sein, deren Unterlagen stets peinlich akkurat in Ordnung waren? Deren Schreibtisch aufgeräumt und ordentlich am Ende eines jeden Tages zurückblieb? Er tauchte seinen Zeigefinger in eine Schale und hob einige kalte, klebrige Makkaroni hoch.
»Laurel«, fing er an und ließ die Makkaroni fallen. »Da gibt es ein entzückendes Lokal in der Canal Street, das wunderbare Meeresfrüchte anbietet. Warum gehen wir nicht …« Am Eingang zum Schlafzimmer blieb er stehen. Leer. Er spürte die ersten Anzeichen der Unruhe. »Laurel?« wiederholte Matthew und stieß die Tür zum Badezimmer auf. Leer. Furcht überkam ihn, die er verdrängte. Sie war nur schnell weggegangen, um eine fehlende Zutat für ihr Rezept zu besorgen. Wahrscheinlich hatte sie ihm eine Nachricht hinterlassen.
Als er in das Wohnzimmer zurückgestürmt kam, fand er sie neben dem Telefon. Doch noch ehe er sie gelesen hatte, spürte er weniger Erleichterung, sondern große Furcht.
»Matthew – Marion hat mich ganz aufgeregt angerufen. Louis verliert die Beherrschung, redet von Elise und Anne. Er hat sich in seinem Schlafzimmer eingeschlossen. Sie braucht Hilfe. Ich konnte ihr das nicht abschlagen. Laurel.«
»Verdammt noch mal!« Matthew warf den Zettel hin und raste zur Tür. Die Furcht war noch immer in ihm.
Die Schatten wurden länger, als Laurel in die Einfahrt nach ›Heritage Oak‹ einbog. Um sie herum war die Stille des Spätnachmittags. Ein Vogel rief, als wolle er diese Stille prüfen, und schwieg dann wieder. Als sie den Wagen am Ende der Auffahrt anhielt, rannte Marion ihr über die Vordertreppe entgegen.
Ihr Haar hatte sich gelöst, ihr Gesicht war bleich und tränenüberströmt. Laurel fuhr es durch den Sinn, dass sie Marion noch nie so völlig außer Fassung erlebt hatte.
»Dem Himmel sei Dank, Laurel.« Marion griff nach ihr, als hinge ihr Leben davon ab. »Ich konnte ihn nicht aufhalten. Ich konnte ihn nicht aufhalten!«
Instinktiv blickte Laurel hinüber zum Fenster von Louis’ Zimmer. Sie hatte die Furcht erregende Vorstellung, er könnte tot dort oben liegen, hingestreckt von der eigenen Hand. »Wovon, Marion? Was hat er getan?«
»Der Sumpf. Er ist in die Sümpfe gegangen.« Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und schluchzte. »Ich glaube, er hat den Verstand verloren. Was er alles gesagt hat … Er hat mich beiseite gestoßen.«
Nicht tot, sagte Laurel sich. Er ist nicht tot. Du musst ruhig bleiben. »Was hat er gesagt?«
Marion ließ ihre Hände sinken. In ihren Augen stand Entsetzen. »Er sagte«, fing sie flüsternd an, »er sagte, er gehe fort, um Elise zu finden.«
»Elise«, wiederholte Laurel und zwang sich, sich nicht von dem Grauen, das sie erfasste, leiten zu lassen.
»Wir müssen etwas unternehmen!« Marion griff erneut nach ihr. »Laurel, wir müssen etwas tun, hinter ihm hergehen – ihn finden. Er hat einen Nervenzusammenbruch oder …«
»Marion, wie können wir ihn dort finden? Wir sollten die Polizei benachrichtigen.«
»Nein! Keine Polizei. Es geht um Louis.« Sie schien sich in den Griff zu bekommen und ließ Laurel los. »Ich kann ihn finden. Ich kenne die Sümpfe ebenso gut wie er. Du musst nicht mit mir kommen – das wäre zu viel von dir verlangt.«
Laurel fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, während Marion sich über den Rasen hin in Bewegung setzte. Louis hatte sie auf ihr erstes Pony gesetzt, fiel ihr plötzlich ein. Geduldig hatte er mit ihr Schach gespielt und ihren weitschweifigen Geschichten gelauscht. Was immer er auch getan haben mochte, wie konnte sie fortgehen, ohne wenigstens versucht zu haben, ihm zu helfen?
»Marion warte. Ich komme mit dir.«
Marion blieb stehen und streckte ihr die Hand hin.
Sie gingen schnell auf das sumpfige Gelände zu. Heftige Abscheu erfasste Laurel, als sie am Rand zum Morast standen, aber sie verdrängte das Gefühl des Ekels. Es ist nur ein Ort, hielt sie sich vor. Und Louis war hier.
Lange Schatten fielen jetzt auf den Boden. Das Tageslicht wurde immer fahler. Ihnen blieb eine Stunde, vielleicht etwas mehr,
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