Affären? Nein Danke!
anschnitt, das ihr am meisten zu schaffen machte.
Endlich, nach so vielen Jahren, kam die Sache zur Sprache.
“Ich habe darüber nicht nachgedacht.”
“Stimmt. Du hast dir nie Gedanken über mich und meine Gefühle gemacht.” Janet unterdrückte gewaltsam die aufsteigenden Tränen.
Ihr Vater rutschte unbehaglich auf dem Sofa hin und her, und Janet nahm an, dass das nicht nur daran lag, dass dieses Möbelstück so entsetzlich unbequem war.
“Weißt du was, Vater? Du hast mir noch nie in all den dreißig Jahren meines Lebens gesagt, dass du mich liebst.” Sie blinzelte heftig gegen die Tränen an. “Liebst du mich, Vater?”
Er räusperte sich. “Natürlich.”
“Wirklich?”
Er biss die Zähne zusammen. Dann sagte er: “Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst.”
“Wieso hast du Gracie verlassen, als ich Scharlach hatte?”, fuhr Janet fort. “Hättest du nicht wenigstens warten können, bis ich wieder gesund war?”
Er vermied es, sie anzusehen. “Ich denke, du hast ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren”, sagte er nach einer Weile. “Ich war schon einmal verheiratet.”
Janet straffte sich. “Und weiter?”
“Lillian war meine erste große Liebe. Ich habe sie mehr als alles auf der Welt geliebt.” Niles Hunter klammerte sich an die Sofalehne, als wäre sie ein Rettungsring. “Wir hatten einen Sohn. Benjy war das Licht meines Lebens.”
Verblüfft starrte Janet ihn an. “Ich habe einen Bruder?” Sie fühlte sich wie unter Schock. Ihr Vater hatte eine andere Familie? Menschen, die er liebte?
“Du hattest einen Bruder”, korrigierte er. “Benjy und seine Mutter starben bei einem Autounfall, als er fünf Jahre alt war.”
Janet schluckte. “Wie entsetzlich.”
“Ja.”
Sie schwiegen beide. Janet begriff nun vieles, was ihr vorher unklar gewesen war.
“Deine Mutter war meine Sekretärin, Janet. Nach dem Tod meiner Frau war ich so unglücklich, dass ich kaum lebensfähig war. Deine Mutter hat sich um mich gekümmert. Sie hat für mich gesorgt. Auch für meine sexuellen Bedürfnisse.”
Auf diese Information hätte Janet verzichten können.
“Sie wurde schwanger, und ich heiratete Gracie, weil ich sie mochte und es als meine Pflicht betrachtete, für euch beide zu sorgen. Aber ich habe sie nie geliebt. Es ging einfach nicht.”
“Und mich hast du auch nicht geliebt.”
Er nickte. “Jedes Mal, wenn ich dich ansah, habe ich mit dem Schicksal gehadert und mich gefragt, weshalb du hier bist und Benjy nicht.”
Es tat weh. Unendlich weh. Doch sie hatte ja die Wahrheit wissen wollen.
“Dann wurdest du krank. Ich habe die Vorstellung einfach nicht ertragen, noch ein Kind zu verlieren. Deshalb habe ich mich von Gracie scheiden lassen und den Kontakt zu dir weitgehend vermieden.”
“Du hast mich verlassen, ehe ich dich verlassen konnte, so wie Benjy es getan hat.”
“Glaub mir, Janet, ich habe mir deswegen schwere Vorwürfe gemacht. Du musst nicht denken, dass ich mir einbildete, richtig gehandelt zu haben.”
“Woher sollte ich das wissen, Vater? Alles, wonach ich mich gesehnt habe, war deine Liebe.”
“Es tut mir leid. Ich konnte dir nicht geben, was du brauchtest”, sagte er mit einem tiefen Seufzer. Er wirkte mit einem Mal alt und erschöpft.
Janet hatte Mitleid mit ihm, weil er so viele Dinge im Leben verpasst hatte. Dazu kam ein neues, bisher unbekanntes Gefühl – Gelassenheit. Sie hatte ihren Frieden mit Niles Hunter gemacht. Vermutlich würde er sie niemals wirklich lieben. Doch damit konnte sie jetzt leben. Sie hatte ja Gracie, ihre verrückte, liebevolle Mutter. Sie hatte Lacy und CeeCee. Bessere Freundinnen konnte man sich nicht wünschen.
Und Gage?
Er war ein attraktiver, wohlhabender Arzt mit einem hinreißenden Sinn für Humor. Ein Mann, der tiefe Gefühle für sie empfand und sich nicht schämte, diese Gefühle offen zu zeigen. Ein Mann, der mit gleicher Leidenschaft an seinem Beruf hing wie sie selbst. Ein Mann mit einem wunderbaren Lächeln und einer Engelsgeduld.
Ob er sie ebenso sehr liebte wie sie ihn?
In diesem Augenblick erkannte Janet die Wahrheit. Romantische Liebe war kein Märchen. Es gab sie tatsächlich.
Sie hatte diese Liebe in Gages Augen gesehen.
“Janet!”, rief Peter ihr am nächsten Morgen hinterher, als sie gerade die Praxis betreten hatte und in ihr Büro gehen wollte.
Sie drehte sich um. Er stand in der Tür zur Küche und hatte eine Tasse Kaffee in der Hand.
“Guten Morgen, Peter.” Sie lächelte, obwohl
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