Affären
röhrenden Schrei aus. Alex war verunsichert und fasste sie an den Schultern an.
»Bist du okay?«, fragte er außer Atem, noch bevor ihr Orgasmus abschwächte. Sie nickte und fiel schlaff auf die Seite. In ihrem Kopf drehte sich alles. So heftig war sie schon seit langem nicht gekommen, und für eine kurze Weile vergaß sie alles über Babys und Tests und
Fruchtbarkeitsbehandlungen. Nachdem Alex' Atem sich normalisiert hatte und er wieder eingeschlafen war, musste Carrie an den Mann im Chatroom denken. Sie hätte gern gewusst, wie es sich anfühlte, wenn er sich ›ihren Po vornahm‹, wie er sich ausgedrückt hatte. Sie hatte es noch nie getan.
Ein paar Stunden später war Alex früh und fröhlich auf den Beinen. Er war viel zu gesprächig für jemand, der sich vor der Sonne erhob. Carrie saß in ihrem Bademantel in der Küche und schaute zu, wie er trockenen Toast aß und die Zeitung durchblätterte. Seine Aktentasche stand neben seinem Fuß auf dem Boden - wie ein getreuer Hund.
Carrie schaute ihm zu, aber sie schien weit entfernt zu sein, während sie am Kaffee nippte. Sie hätte wahrscheinlich noch einmal Sex verlangen sollen, bevor er ging, aber irgendwas an ihm stieß sie ab. Vielleicht lag es an der Art, wie er die Toastscheibe kaute, oder wie seine Haare so makellos lagen. Jedenfalls war nichts da, was die Lust bei ihr auslöste.
»Ich bin weg«, sagte er zu ihr, als er mit der Zeitung fertig war. Sein Kuss glitt von ihrem Mund ab, weil er zu hastig war. Sie hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel. Der Motor seines Autos lief kurz, dann warf er den Gang ein und rauschte aus der Ausfahrt.
»Ich liebe dich auch«, sagte sie laut ins stille Haus hinein.
Sie setzte sich vor den Computer, ohne zu wissen, wonach sie suchte. Nach nichts Bestimmtem. Sie öffnete die E-Mails und las die Nachrichten mit der Ferne, die sie auch beim Anblick ihres Mannes empfunden hatte. Sie sollte lieber unter die Dusche gehen. Und sich anziehen. Irgendwas Produktives tun.
Dann sah sie die E-Mail. Von jemandem, der sich schlicht John Smith nannte. Vielleicht der unauffälligste Name der Welt. Sie öffnete die E-Mail und wusste schon, wer John Smith war.
Mir hat unsere Zeit gestern Abend gut gefallen, Carrine. Ich glaube, wir passen in der Cyberwelt gut zusammen. Werde ich dich wiedersehen?
Eine schlichte E-Mail, ein schlichter Name. Carrie erinnerte sich daran, dass sie mit ihm Dinge tun wollte, die sie bei Alex schon aufgegeben hatte. Er schien für alle sexuellen Dinge zu haben zu sein. Das mochte sie. Es ist nicht gefährlich, dachte sie, es passiert ja nur in der Phantasie.
Ja.
Gleich nachdem sie ihm ihre Antwort geschickt hatte, begann ihr Schirm zu blinken. Ein kleiner Kasten baute sich auf. John Smith wollte sie als Freundin unter seine Favoriten aufnehmen. Carrie lächelte ihr erstes Lächeln an diesem Tag und drückte einmal, um sein Ansinnen zu erlauben. Sekunden später unterhielten sie sich, und überraschenderweise war Sex nicht das erste Thema, das John anschnitt. Er wollte mehr über sie erfahren.
Mehr? Carrie runzelte die Stirn. Sie ließ sich Zeit und holte sich ein Glas Orangensaft. Er wollte mehr wissen? Sie benutzte das Internet nur als Vorlage für die Phantasien, die ihr den Orgasmus brachten. Sie achtete darauf, keine Spuren zu hinterlassen, die zu ihr führen könnten. Die Kerle, mit denen sie es virtuell trieb, waren wahrscheinlich ebenso verheiratet wie sie und suchten auch nach einer Erleichterung. Fein; so sollte es sein. Und dieser Kerl wollte mehr wissen? Carrie wollte ihm gern mehr erzählen.
Als es Mittag wurde, hatte sie dem unsichtbaren Mann auf der anderen Seite der Mattscheibe Dinge gesagt, die sie niemals jemandem im wahren Leben erzählt hätte. Sie hatte ihm Dinge erzählt, die nicht einmal ihr Ehemann wusste. Warum auch nicht? John Smith kannte ihren richtigen Namen nicht, er wusste nicht, wo sie wohnte (abgesehen von der heimlichen Freude, die sie spürte, als sie herausfand, dass sie beide in einem Bundesstaat wohnten, aber das war ja nicht weiter schlimm). Er konnte ihr keine Probleme verursachen. Warum also sollte sie ihm nicht alles erzählen, was sie ihm erzählen wollte?
Also erzählte sie ihm, dass sie in Denver aufgewachsen war. Und sie erzählte von Alex. Sie verriet ihm, was sie am liebsten aß, was ihre liebsten Filme waren, und dann erzählte sie ihm sogar vom verdammten Hund.
Sie sagte nichts über die Probleme, die sie und Alex hatten, auch nichts
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