Affinity Bridge
mit ihm in den Tod stürzen können!«
Bainbridge zog angesichts dieses Ausbruchs eine Augenbraue hoch.
»Miss Hobbes, mir ist völlig klar, dass Sie immer noch unter einem Schock
leiden, was aber nach dem morgendlichen Angriff auf Sie nicht weiter
verwunderlich ist. Vielleicht benötigen Sie etwas Zeit für sich allein, um sich
zu erholen?«
Newbury lächelte, als Veronica sich eine heftige Antwort verkniff.
Mit blitzenden Augen sah sie ihn an. »Entschuldigung, Sir Maurice. Ich wollte
nicht Ihr Urteilsvermögen infrage stellen.«
Newbury lachte ein wenig gezwungen. »Oh, in dieser Hinsicht haben
Sie sicherlich recht, meine liebe Miss Hobbes. Es war ein ziemlich närrisches
Unterfangen, das ich so schnell sicher nicht wiederholen werde, so viel kann
ich Ihnen versprechen. Fürs Erste habe ich genug von Ringkämpfen mit Schurken.
Was mich aber wirklich ärgert, ist die Tatsache, dass es mir nicht gelungen
ist, den Kerl für den Ãrger, den er mir eingebrockt hat, zur Rechenschaft zu
ziehen.«
»Aber ganz im Gegenteil, alter Freund!«, widersprach Bainbridge
sofort. »Ihr Eingreifen hat dazu geführt, dass ein gefährlicher Krimineller von
den StraÃen Londons verschwunden ist. Man muss Ihnen dazu gratulieren, denn
Sie haben gute Arbeit geleistet!«
Newbury zuckte ergeben mit den Schultern und wandte sich an
Veronica. »Und Sie sind wohlauf, Miss Hobbes? Haben Sie sich bei der Auseinandersetzung
mit dem Mann verletzt?«
Veronica schüttelte den Kopf. »Nein, mir geht es gut, vielen Dank.
Ich bin höchstens etwas erschüttert, kann Ihnen aber erfreulicherweise berichten,
dass Sie und Sir Charles eingetroffen sind, bevor es wirklich zu Gewalttaten
kommen konnte. Es hätte mir nicht gefallen, wenn ich das heiÃe Schüreisen
tatsächlich gegen den Mann hätte einsetzen müssen.« Sie blickte amüsiert zu
Bainbridge, der den Humor nicht bemerkt hatte oder sich jedenfalls nichts
anmerken lieÃ.
Newbury lächelte. »Anscheinend hatten Sie alles unter Kontrolle,
als wir eintrafen, Miss Hobbes. Trotzdem tut es mir leid, dass ich Sie in diese
schreckliche Sache hineingezogen habe. Hätte ich am Anfang der Ermittlungen
schon gewusst, dass Sie auf irgendeine Weise in Gefahr geraten könnten, dann
hätte ich natürlich darauf verzichtet, Sie derart zu exponieren.«
Veronica beugte sich vor und rang beunruhigt mit den Händen.
»Keineswegs, Sir Maurice. Ich will es gar nicht anders haben, und jetzt könnte
ich es sicher nicht ertragen, wenn ich ausgeschlossen würde.«
»Nun gut.« Ihr Vorgesetzter nickte bedächtig und schürzte die Lippen,
als wäre er zufrieden damit, dass er seine Pflicht getan und Veronica eine
Gelegenheit gegeben hatte, sich zurückzuziehen. »Dann wollen wir mal gründlich
über die Ereignisse nachdenken. Miss Hobbes, können Sie uns ganz genau
schildern, was sich hier zugetragen hat? Ich meine, bevor wir den Schurken
vertrieben haben. Das könnte für den Fall von Bedeutung sein.«
»Das ist mir leider auch nicht völlig klar«, erwiderte sie seufzend
und blickte zwischen Newbury und Bainbridge hin und her. »Ich war hier in diesem
Raum und habe am Kamin einen Tee getrunken. Auf einmal habe ich im Flur ein
Geräusch gehört, mich umgedreht und den Mann dort gesehen, den blauen
Wachtmeister. Er ist hereingestürmt und mit bloÃen Fäusten auf mich
losgegangen. Ich habe mir den Schürhaken vom Kamin geschnappt und ihn damit in
den Flur zurückgetrieben. In diesem Augenblick sind Sie beide auch schon
eingetroffen. Anscheinend ist er irgendwie durch die Hintertür eingedrungen.«
»Was sagt Ihre Haushälterin?«
»Mrs. Grant ist erst vorhin eingetroffen. Im Augenblick ist sie in
der Küche und bemüht sich, die Hintertür provisorisch zu versperren. Donnerstags
kommt sie immer erst um halb neun.«
Newbury sank müde in die Polster und blickte zur Uhr auf dem
Kaminsims. »Glauben Sie, Mrs. Grant könnte überredet werden, für zwei
bedürftige Herren eine Kanne Earl Grey aufzubrühen? Charles und ich haben eine
Menge mit Ihnen zu besprechen.«
Veronica runzelte die Stirn. »Mrs. Grant wird Sie sicher gern
versorgen. Aber was müssen Sie mit mir besprechen?«
Newbury strich sich mit einer Hand über das Gesicht und beugte sich
vor. »Fangen wir am besten ganz von vorne an.«
Bei einer Tasse Tee
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