Affinity Bridge
Tasse und die Untertasse entgegen.
»Danke. Ich bin Miss Veronica Hobbes, und es ist mir eine Freude, Sie
kennenzulernen.«
Evelyn Blackwood, eine junge, dunkelhaarige Frau in einem roten
Jackett und passendem Rock, musterte Veronica von oben bis unten. »Sind Sie zum
ersten Mal im Orleans Club, Miss Hobbes? Ich habe Sie jedenfalls noch nicht
hier gesehen.«
Veronica nickte. »Ja, das trifft zu. Mein Kollege möchte sich mit
einem der Mitglieder treffen, und ich hielt es für angebracht, hier auf ihn zu
warten.«
Isabella Marriott zwinkerte verschwörerisch. »Nun, meine Liebe, wer
ist denn dieser geheimnisvolle Kollege? Sie können sicher sein, dass Ihr
Geheimnis bei uns gut aufgehoben ist.«
Veronica wäre beinahe laut herausgeplatzt. Sie hatte keinen Grund,
ihre Verbindung mit Newbury geheim zu halten, und es war klar, dass die beiden
Damen sich sehr nach neuer Gesellschaft sehnten und auf Klatsch und Intrigen
aus waren, um sich die Zeit zu vertreiben. Was immer sie dachten, sie konnten
keinen Schaden anrichten. Vielleicht hatten sie sogar etwas über Morgan zu
sagen. »Ich bin mit dem Wissenschaftler und Anthropologen Sir Maurice Newbury
hier.«
Isabelle und Evelyn wechselten einen Blick. »Ein Sir? Nun, da haben
Sie sich aber einen vornehmen Begleiter ausgesucht, Miss Hobbes.« Die beiden
kicherten wie Schulmädchen. Veronica fand die Situation ungeheuer ermüdend.
»Nun verraten Sie uns doch, Miss Hobbes, sieht er etwa obendrein auch noch
teuflisch gut aus?«
Veronica trank einen Schluck Tee und wünschte einen Moment lang, die
Tasse enthielte etwas Stärkeres. »Ja, das trifft wohl zu.« Sie versuchte, die
Schüchterne zu spielen und sich auf die Erwartungen der Damen einzustellen.
Evelyn klatschte in die Hände. »Wie aufregend! Eine neue Romanze im
Orleans Club. Das müssen wir Juliana erzählen!«
»Aber, aber, Evelyn, nun übertreiben Sie nicht gleich.« Isabella
legte eine Hand auf das Knie ihrer Freundin. »Miss Hobbes hat doch gerade erst
zu erzählen begonnen.« Erwartungsvoll wandte sie sich an Veronica.
Das war die Gelegenheit, das Gespräch in die gewünschte Richtung zu
lenken. »Sir Maurice hat hier einen wichtigen Termin mit Mister Christopher
Morgan. Ich habe schon viel über ihn gehört, hatte bisher aber leider noch keine
Gelegenheit, ihm persönlich zu begegnen. Er ist doch sicher ein angesehener
Herr?«
Isabella nickte ernst. »O Miss Hobbes, er ist einer der Besten.
Mister Morgan ist hier wie in Twickenham eine Stütze der Gesellschaft. Er besitzt
in der Stadt eine Kunstgalerie, und alle Damen, die das Glück hatten, sie
besuchen zu können, bekräftigen, dass es dort die schönsten Gemälde gibt.
Mister Morgan ist ein wahrer Gentleman. Wenn Ihr Sir Maurice mit Mister Morgan
zu tun hat, so kann man nur sagen, dass eine solche Beziehung allen beiden
gewiss gut zu Gesicht steht.«
Veronica lächelte. »Das freut mich zu hören, Miss Marriott. Vielen
Dank für Ihre Offenheit.«
Evelyn beugte sich vor und stellte die leere Tasse auf das Knie.
»Juliana ist Evelyns ältere Schwester. Sie hat vor Kurzem einen Industriellen
namens Greene geheiratet und will Romanautorin werden.«
»Wirklich?«
Evelyn nickte begeistert. »Ich glaube, sie ist wirklich gut und wird
Margaret Oliphant ordentlich Konkurrenz machen.« Sie tippte auf das Buch, das
neben ihr auf dem Sessel lag, und lächelte.
Veronica gab sich Mühe, ein wenig Begeisterung zu zeigen. »Sie ist
sicherlich sehr begabt, Miss Blackwood.« Sie stellte die Tasse und die
Untertasse auf den Tisch. Es klopfte an der Tür. Die drei Frauen drehten sich
um und blickten zu Newbury, der dort aufgetaucht war.
»Miss Hobbes, es tut mir leid, dass ich Ihre Unterhaltung stören
muss, aber ich glaube, wir sind hier fertig.«
Veronica lieà sich die Erleichterung nicht anmerken, als sie sich
von den beiden Damen verabschiedete. »Einen schönen Tag noch, meine Ladys. Es
war mir ein Vergnügen.«
Evelyn blickte zwischen Newbury und Veronica hin und her. »Sie
müssen unbedingt wieder herkommen, Miss Hobbes. Sir Maurice, und bitte
versprechen Sie uns, dass Sie Ihre reizende Begleiterin wieder mitbringen.«
Newbury überspielte sein Lachen mit einem Husten. »Gewiss doch, zu
gegebener Zeit, meine Damen.«
Evelyn lächelte triumphierend. »Dann wäre das ja geklärt.
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