Affinity Bridge
Tod in gewisser Weise mit unserer Untersuchung des Absturzes der Lady Armitage zu tun hat. Es wäre doch ein unwahrscheinlicher
Zufall, dass Morgen mir schreibt, er habe einschlägige Beweise, und einen Tag
später muss er sterben. Die Frage ist allerdings, ob sein Tod wirklich mit den
Morden des glühenden Polizisten zusammenhängt oder ob wir es mit einem
Täuschungsmanöver von jemandem zu tun haben, der uns auf eine falsche Fährte
lenken will.« Er kratzte sich am Kinn. »Ich wünschte, ich hätte eine
Gelegenheit bekommen, mit dem Mann zu reden. Möglicherweise hat er uns aber
trotzdem einen Hinweis hinterlassen.«
Veronica zog die Augenbrauen hoch.
»Gestern Abend habe ich mit Bainbridge die Leichenhalle aufgesucht,
um den Toten zu untersuchen. Wir fanden Spuren eines seltsamen blauen Pulvers
an der Kehle und am Kragen.«
»Was bedeutet das?«
»Bisher noch gar nichts. Es könnte aber ein Hinweis darauf sein,
dass sich der Mörder als der glühende Polizist ausgibt, indem er Gesicht und
Hände mit einem leuchtenden Pulver einreibt. Das würde jedenfalls gut zu den
Beschreibungen passen, die wir von verschiedenen Zeugen erhalten haben.
Scotland Yard führt gerade einige Untersuchungen durch, um den Hersteller des
Pulvers zu identifizieren.«
»Demnach sind Sie überzeugt, dass hinter dem glühenden Polizisten
nichts Ãbersinnliches steckt?«
Newbury schüttelte den Kopf. »Ich bin überzeugt, dass Newburys
Mörder keines übernatürlichen Ursprungs ist. Bisher haben wir bei den anderen
Toten in Whitechapel keine Rückstände dieses Pulvers gefunden, weshalb ich auf
MutmaÃungen, ob sie von demselben Täter ermordet wurden oder nicht, vorerst
verzichte. Wir können dies nicht völlig ausschlieÃen, dürfen aber auch keine
vorschnellen Schlüsse ziehen. Dank des Pulvers haben wir nun immerhin eine
Spur. Ob es uns hilft, das Geheimnis zu lüften, das den Absturz des Luftschiffs
umgibt, oder ob es uns obendrein zum Mörder von Whitechapel führt, werden wir
zu gegebener Zeit schon sehen.« Er lächelte. »Was auch herauskommt, ich hoffe,
wir finden heute in Morgans Kunstgalerie weitere Antworten oder wenigstens
einige Hinweise, die uns in die richtige Richtung lenken.«
»Eines ist wohl sicher«, antwortete Veronica. Sie faltete die Hände
im SchoÃ. »Eine einfache Lösung gibt es nicht.«
»Das ist ohnehin nur höchst selten der Fall, meine liebe Miss
Hobbes«, pflichtete Newbury ihr bei.
Newbury schaute erschrocken auf, als die Droschke
unvermittelt mit einem Ruck anhielt. Er spähte aus dem Fenster. Sie standen vor
einem einstöckigen Ziegelbau, kaum gröÃer als ein öffentliches Badehaus, mit
einem geneigten grauen Schieferdach und einem Portikus im klassischen Stil.
Zwischen vier groÃen korinthischen Säulen führten niedrige Stufen zur Tür hinauf.
Auf den Verzierungen des Gebäudes rankte sich Efeu empor, der rings um den
Eingang sauber gestutzt war. Ein hübscher kleiner Garten bekräftigte den
Eindruck, dass die Galerie und das Gelände makellos in Schuss gehalten wurden.
Am Tor hing ein schlichtes Schild: Kunstgalerie Christopher
Morgan .
»Miss Hobbes, ich glaube, wir sind da.«
Veronica sah sich um. »Ob angesichts der jüngsten Ereignisse
überhaupt jemand hier ist?«
»Ich habe keine Ahnung, aber das soll uns nicht aufhalten. Kommen
Sie.«
Newbury entlohnte den Kutscher und blieb vor dem gusseisernen Tor
stehen, um das Haus zu betrachten. Der Kutscher lenkte die Pferde durch den
groÃen Wendekreis am Ende der Zufahrt und fuhr in die Stadt zurück. Bald
klapperten die Hufe auf der PflasterstraÃe.
Newbury nahm sich einen Moment Zeit, um das Gebäude und das Gelände
zu betrachten. Die Blumenbeete waren immer noch voller Farbtupfer, obwohl es
schon Ende November war. Ãber ihnen kreisten gurrende Tauben am Himmel, hoch
über der geschäftigen Stadt. Veronica folgte Newbury und blieb ebenfalls
stehen. Nach einem Moment bot er ihr den Arm, und sie hakte sich dankbar unter.
Zusammen gingen sie über den knirschenden Kies zum Eingang der Galerie.
Zu ihrer Ãberraschung gesellte sich gleich darauf im Hof ein
stämmiger Polizist zu ihnen, der sie anscheinend hatte kommen sehen. Er war aus
dem Schatten des Eingangs, wo er offenbar schon eine Weile gestanden hatte,
vorgetreten, nickte höflich und
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