Affinity Bridge
räusperte sich. »Die Galerie ist heute
geschlossen, Sir. Ich fürchte, Sie haben sich umsonst auf den Weg gemacht.«
Newbury lächelte. »Ganz im Gegenteil, guter Mann. Wir sind
dienstlich hier.« Er löste sich von Veronica und zog eine schwarze lederne
Brieftasche aus der Jackentasche, in der knisternde gelbe Dokumente steckten.
»Erlauben Sie, dass ich mich ausweise.«
Der Polizist trat weiter vor und nahm die angebotenen Papiere
entgegen, überflog sie kurz und riss die Augen weit auf, als er das Siegel und
die Paraphe Ihrer Majestät entdeckte. Als er sie zurückgab, hatte sich seine
Haltung deutlich verändert. »Bitte verzeihen Sie mir, Sir. Wie kann ich Ihnen
helfen?«
Newbury verstaute die Brieftasche in der Jacke. »Vielen Dank. Wir
sind im Bilde, was Mister Morgans Tod angeht. Sie müssen unseretwegen nicht
Ihre Pflichten vernachlässigen, Wachtmeister. Dennoch würde ich Sie gern
fragen, ob es seit gestern Abend irgendwelche neuen Entwicklungen gab. Haben
Ihre Beamten da drinnen etwas Interessantes gefunden?« Er nickte in die
Richtung des Gebäudes.
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Inspektor Lewis hat
gestern viel Zeit damit verbracht, die Mitarbeiter zu vernehmen und in der
Galerie nach Hinweisen zu suchen, doch anscheinend ist dort alles in Ordnung.
Es ist auch unwahrscheinlich, dass das Opfer hier getötet wurde, und bisher
lieà sich keinerlei Motiv finden, das auf irgendeinen Verdächtigen hinweist.
Wenn Sie mich fragen, sieht es genauso aus wie die anderen Morde in
Whitechapel.« Er sah sich über die Schulter zur Galerie um. »Trotzdem behalten
wir das Haus natürlich im Auge.«
Newbury runzelte die Stirn. »Hätten Sie etwas dagegen, dass wir uns
ein wenig umschauen? Wir bringen nichts durcheinander, aber dies könnte uns bei
unseren eigenen Ermittlungen nützlich sein.«
Der Polizist trat zur Seite, um sie durchzulassen. »Aber gern. Die
Mitarbeiter sind heute alle zur Arbeit gekommen, die meisten halten sich
drinnen auf. Niemand weiÃ, was nun aus ihnen werden soll.«
»Ja, das ist eine traurige Sache.« Newbury ging als Erster zum
Eingang der Galerie und stieg die Treppe hinauf. »Vielen Dank, Wachtmeister.«
Er öffnete die Tür und trat ein, Veronica folgte ihm.
Der Vorraum war groÃzügig bemessen und mit einem breiten
Empfangstisch ausgestattet. Zwei Türen führten zu beiden Seiten in verschiedene
Gebäudeflügel. Newbury nahm an, dass sich dort die beiden Galerien befanden,
von denen er in den Zeitungen gelesen hatte. In einer wurden gerade die Werke
des Franzosen Gustave Loiseau ausgestellt, in der anderen ein britischer
Künstler namens Paul Maitland. Der Empfangstisch war nicht besetzt, und es war
still, als trauerte das Gebäude selbst um den Verlust des Besitzers.
Newbury schritt mit laut klickenden Absätzen über den Marmorboden
quer durch den Raum. Vor der Tür auf der rechten Seite blieb er stehen und
drehte sich zu Veronica um. »Wollen wir uns die Gebäudeflügel aufteilen, Miss
Hobbes? Die Impressionisten haben mir noch nie zugesagt, aber ich bin
neugierig, weshalb um diesen Franzosen in London so ein Aufhebens gemacht
wird.« Er grinste. »Rühren Sie nichts an, falls Sie Morgans Büro finden. Das
sollten wir uns gemeinsam vornehmen.«
Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern entfernte sich rasch
durch die offene Tür, bis seine Schritte im weitläufigen Foyer nicht mehr zu
hören waren.
Veronica wartete, bis Newbury verschwunden war, dann wandte
sie sich in die andere Richtung und betrat den linken Teil des Gebäudes.
Als sie durch die Tür trat, wurde ihr bewusst, dass die Galerie aus
einer Reihe miteinander verbundener Räume bestand. In jedem gab es eine Auswahl
von Gemälden, die akkurat ausgerichtet an den weiÃen Wänden hingen. Die meisten
zeigten Landschaften, auf einigen erkannte sie Ansichten aus England. Die
Farben waren gedämpft, doch auf dem schlichten Weià der Wände strahlten sie und
sprangen den Betrachter förmlich an. Sie nahm an, dass diese Wirkung
beabsichtigt war.
Auf ihrer Runde durch den Raum achtete sie kaum auf die Einzelheiten
der Gemälde. Die ernste, rührselige Stimmung der Motive behagte ihr nicht, und
Aufschlüsse über Christopher Morgan waren hier sowieso nicht zu finden, denn in
der Galerie stand der Künstler mit seinen Werken im
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