Affinity Bridge
Mittelpunkt.
Ein Bogengang führte zum nächsten, gröÃeren Raum. Die Bilder waren
von der gleichen Art wie zuvor: Bäume und Landschaften, hin und wieder ein
Gebäude. Veronica bezweifelte nicht, dass der Künstler sein Handwerk verstand,
doch die Motive lieÃen sie kalt. Sie ging weiter und hoffte, im nächsten Raum
jemanden anzutreffen.
Sie wurde nicht enttäuscht. Anscheinend bildete der dritte Saal den
Abschluss der Ausstellung. Durch eine hohe vertäfelte Tür mit einem kleinen
Messingschild, auf dem das Wort PRIVAT stand, drangen Stimmen heraus. Sie
ging hinüber und klopfte nachdrücklich an, und die Sprecher verstummten.
Gleich darauf näherte sich jemand von drinnen der Tür, dann ging sie
mit laut quietschenden Scharnieren einen Spalt auf, und ein jungenhaftes
Gesicht mit rotem Haar und hellblauen Augen erschien. »Ja?«
Veronica fand den jungen Mann ein wenig ungehobelt. »Oh, guten
Morgen. Ich bin im Rahmen einer Untersuchung der Krone hier. Es geht um Mister
Morgans unglücklichen Tod. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich eintreten und
Ihnen ein paar Fragen stellen dürfte.«
Der Mann schnitt eine Grimasse. »Noch mehr Fragen?« Er zog die Tür
ganz auf und machte Platz, damit Veronica passieren konnte. »Wir haben gestern
schon andauernd mit der Polizei geredet. Müssen wir das wirklich alles noch mal
durchkauen?«
Veronica sah sich im Zimmer um. Dieser Bürobereich war
offensichtlich den Mitarbeitern vorbehalten, die hinter den Kulissen der
Galerie ihrer Arbeit nachgingen. Drei weitere Personen saÃen an einem groÃen
Tisch, zwei Männer und eine Frau. Alle sahen sie neugierig an, während Veronica
den Raum überblickte. Es gab noch zwei weitere Türen, an beiden waren
Messingschilder wie das angebracht, vor dem sie gerade gestanden hatte. Auf
einem stand LAGER , auf dem anderen MR . C . MORGAN , ESQ ., INHABER .
Sie wandte sich an den Mann mit den roten Haaren. »Ich fürchte
schon, aber wir werden uns sehr bemühen, uns auf das Nötigste zu beschränken.«
Sie betrachtete die erwartungsvollen Gesichter am Tisch. »Ich bin Miss Veronica
Hobbes. Darf ich mich einen Moment setzen, während wir auf meinen Kollegen
warten?«
Es gab ein kurzes Schweigen, dann stand eine der Frauen auf. »Bitte,
gern, Miss Hobbes. Wir wissen ja, dass Sie nur helfen wollen.« Sie blickte den
rothaarigen Mann mit gerunzelter Stirn an, ehe sie auf einen Stuhl deutete.
Veronica nahm das Angebot dankbar an. Die Frau und der rothaarige Mann setzten
sich. Der Mann lieà sich Veronica gegenüber nieder und machte ein finsteres
Gesicht. »Ich bin Cynthia«, fuhr die Frau fort. »Das ist Jake.« Sie deutete auf
den Mann zu ihrer Linken, einen schlanken, zierlichen, eleganten Kerl in grauem
Anzug, der daraufhin nickte. »Das ist Stephen«, fuhr sie fort und deutete auf
den Mann rechts neben ihr, der anscheinend eine Art Arbeiter war. Er trug eine
Weste und ein Hemd und war recht dunkel. »Und das hier«, sie schüttelte den
Kopf und deutete gleichzeitig auf den Rothaarigen, »das ist Adam.«
Veronica bemühte sich sehr, freundlich zu lächeln. »Ich nehme an,
Sie hängen im Augenblick alle ein wenig in der Luft.« Die erste Frage richtete
sie an die Frau. »Kannten Sie alle Mister Morgan sehr gut?«
Cynthia nickte. »So gut, wie man seinen Arbeitgeber eben kennt. Er
war ein guter Mann, Miss Hobbes, und so einen Tod hatte er gewiss nicht
verdient.« Sie blickte zu Jake, der bereitwillig den Gesprächsfaden aufnahm.
»Wir haben die Gerüchte über den glühenden Polizisten gehört und die
Zeitungsartikel über die Morde in Whitechapel gelesen, aber keiner hier kann
verstehen, was Mister Morgan damit zu tun gehabt haben soll. Mit uns hat er
jedenfalls nie darüber gesprochen. Es ist uns völlig unbegreiflich.«
»Anscheinend weià auch niemand, was mit der Galerie geschehen soll.
Mister Morgans Sohn weilt in Afrika, seine Frau ist letztes Jahr an einer
Lungenentzündung gestorben. Wir warten nun darauf, dass uns der Anwalt sagt,
ob wir auf der StraÃe stehen oder nicht.« Adam schüttelte den Kopf.
»Hat sich Mister Morgan in den letzten Wochen merkwürdig verhalten?
Gab es ungewöhnliche Vorfälle in der Galerie?«
Als sie ein Geräusch hörten, drehten sie sich zu Newbury um, der in
der Tür stand. Offenbar hatte er die letzten Bemerkungen
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