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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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Wasserbehälter, um ihre schmerzbrennenden Augen zu kühlen. Doch auch das brachte nur vorübergehende Erleichterung. Nach einer Stunde hatte noch niemand seine Sehkraft wiedererlangt. Einige alte Leute und viele Kleinkinder lagen im Sterben. Das Gas hatte die Bronchien geschädigt und zu inneren Blutungen geführt, die ohne ärztliche Behandlung nicht mehr zu stillen waren.
    „Die Gasschwaden verdünnen sich“, sagte Zudeck-Perron. „Auch wenn man es nicht sieht, sie lösen sich allmählich auf.“
    Anica war besorgt. Von Südwesten her schob sich eine rußgraue, berghohe Wolkenwand in Richtung auf den Pass heran. Die Insekten gebärdeten sich wie toll. Stechmücken und Schmeißfliegen blieben buchstäblich auf der Haut kleben, auch wenn man sie erschlug. Selbst hastige Handbewegungen konnten sie nicht mehr aufscheuchen. Die Gebirgsluft begann schwer zu werden von Feuchtschwüle, drückte auf die Trommelfelle. Ein feiner Luftzug waberte von Südwesten heran, die Blätter der Bäume und Büsche fingen an, sich sacht zu bewegen. Unvermerkt setzte Regen ein. Der Schleier des dünnen Sprühregens löste das Gas innerhalb weniger Minuten vollends auf. Zuerst sah es so aus, als falle eine schmutzig-schwarze Staubwolke auf den Dorfplatz, aber bald schälten sich die Konturen eines Hubschraubers aus dem Dunst. Männer in Schutzanzügen und Gasmasken mit Messgeräten in den Händen sprangen heraus. Nach kurzer Zeit nahmen sie die Giftlarven herunter.
Anica und Zudeck-Perron taten es ihnen aufatmend gleich. Die Luft war wieder frei von toxischen Chemikalien. Die angeschlagene Bevölkerung versammelte sich speiend und hustend auf dem Platz vor der Gefängnisfestung. Der Hauseingang erwies sich als brauchbarer Unterstand, aus dem sich gute Aufnahmen machen ließen. Sie hielten mit Fotoapparat und TV-Kamera die Bilder der am Boden kauernden Dorfbewohner fest, dokumentierten ihre Sehunfähigkeit, ihr Fiebern, ihre Hustenanfälle. Die Teleobjektive bannten die grotesk verkrümmt auf der nassen Erde liegenden Kinder und Säuglinge, die zum Teil nicht mehr lebten, den Gesichtsausdruck erblindeter Greise und klagender Frauen, die entzündeten, aufgequollenen Lippen der Menschen, die oftmals keuchend durch den weit aufgerissenen Mund atmeten, weil das Giftgas die Nasenschleimhäute hatte aufquellen lassen. Niemand bekam mehr Luft durch die Nase, niemand verfügte über seine normale Sehkraft. So bemerkten die Dorfbewohner die Anwesenheit der Medienleute mit ihren Kameras nicht.
Die Journalisten hingegen beobachteten, dass UN-Offiziere den Oberst verhörten. Nun hatten sie ihm Handschellen angelegt. Seine verhärmte Frau mit ihrem Kind, einem versehrten Mädchen von höchstens fünf Jahren, stand jammernd und wehklagend vor dem UN-Kommandeur, um ihren Mann frei zu betteln.

68 Der illegale Soldat
     
    Unvermittelt trat Corporal Noah Nymiah mit zwei Männern im Schlepptau auf Anica zu. „Eine Überraschung, Ma´am“, sagte er augenzwinkernd, tippte mit dem Zeigefinger an den Helmrand. „Yes, Noah, nice surprice”, entgegnete Anica grüßend. Sie hatte in diesem Krieg schon zu viel erlebt, als dass sie wirklich überrascht gewesen wäre, wem auch immer zufällig wieder zu begegnen.
„Freut mich, Sie wiederzusehen“, rief Nymiah. „Wie sagten Sie damals noch: `Zufälle haben ihre Ursachen´. Und sei es die Beziehung, die entsteht, wenn man mitsammen die Schulbank drückt oder zusammen einen Schützengraben teilt in feindlicher Erde.“ Sein Handy piepste. „Pardon, Ma´am, was sein muss, muss sein. Ich lasse Ihnen diese Burschen eine Weile hier. Der eine kann gut auf Sie aufpassen. Der andere noch besser deutsch sprechen.“ Nachlässig tippte er an den Helm, machte kehrt.
    Ein jubelnder Freudenschrei entschlüpfte Anica, als sie ihrem Freund um den Hals fiel, und einen Augenblick später fand sie sich in seinen Armen festgehalten, ganz fest, so dass sie seine Muskeln auf ihren Rippen spürte. „Oh, Dragan“, sagte sie. „Oh, du! Ein gutes Schicksal hat uns hier wieder zusammengeführt.“
    „Ja, Anica, Liebes.“
    „Sind wir wirklich wieder zusammen?“
    „Ja, ja. Wirklich. Wir Wunderkinder“, ergänzte der Serbe lächelnd und hielt Anica umfangen, während er ihr in groben Zügen von dem Verlust seiner Tupolew berichtete.
    Unvermittelt, in seinen Armen, die glühende Wange an seiner Brust, begann Anica wütend auf ihn einzuschelten, warum er die gefährliche Fliegerei nicht längst aufgegeben habe; urplötzlich und als

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