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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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Fischer nicht wagen, ihre Boote aus dem Hafen zu steuern, dann ist es Aufgabe der Ältesten von Anthonys Familie, bestimmte Rituale zu vollziehen, um den Meeresgott zu besänftigen. Sie gelten als die Herren des Meeres. Sie bestimmen, wann man im Meer baden oder zum Fischen rausfahren darf und wann nicht. So ist etwa der Dienstag ein heiliger Tag, an dem man sich dem Ufer nicht nähern darf. Die Frauen aus dieser Familie hatte ich oft sagen hören, dass sie ihren Männern anmerkten, wenn das Meer »hochgeht«, weil sie dann unberechenbar und jähzornig würden und man ihnen an solchen Tagen besser aus dem Weg ginge. Viele Jahre später, als ich in Deutschland mit Anthony entsetzliche Szenen erlebte, habe ich mich gefragt, ob wohl in Bukom gerade das Meer hoch stehe, ob er über all die Entfernung auch in Düsseldorf noch den Zorn des Meeresgottes zu spüren bekam.
    Während unserer gesamten gemeinsamen Zeit in Ghana hat Anthony mich stets auf Händen getragen. Wie eine Prinzessin behandelte er mich, wenn er aus London kam und für Monate bei mir blieb. Es ist eine überaus glückliche Zeit gewesen, die ich in vollen Zügen genoss: als unbeschwerte Gymnasiastin an der Seite dieses wunderbaren Mannes, der mir den Zutritt zu ganz neuen Kreisen ermöglichte.
    Anthony nahm mich mit zu Empfängen und Partys, auf denen die High Society aus Kultur und Politik ein und aus ging. Von so einem Leben hatte ich nicht einmal zu träumen gewagt. Noch immer besuchte ich meine Oma in Bukom, ich kannte das Leben dort, die Armut und Not. Nun aber bewegte ich mich auch regelmäßig auf vornehmen Veranstaltungen. Wie sehr ich das liebte!
    Einmal, am Anfang unserer Beziehung, waren wir bei einem seiner Onkel eingeladen, der Oberster Richter am Landesgericht war. Nie werde ich vergessen, wie beeindruckt ich von der riesigen Villa war, von dem prächtigen Portal, zu dem eine steinerne Freitreppe emporführte. Obwohl ich schon immer ein toughes Mädchen gewesen bin, fühlte ich mich angesichts der vornehmen Gäste, die von einem Butler mit weißen Handschuhen begrüßt wurden, durchaus eingeschüchtert. Hoffentlich konnte ich mich so benehmen, wie man es von mir erwartete! An Anthonys Arm bewegte ich mich über das spiegelblanke Parkett, begrüßte eine Menge Leute, die Anthony gut kannten, und versuchte, meine Nervosität zu verbergen. Ich bewunderte die Eleganz der Damen, die seidene Kleider oder Kostüme und kostbaren Schmuck trugen, die perfekten Maßanzüge der Herren. Bedienstete in Livreen gingen mit silbernen Tabletts herum und boten den Gästen Champagner an. An Anthonys Arm gelangte ich in einen mit Blumen geschmückten Empfangssaal, in dem sich noch mehr Gäste bewegten. Mir wurde schwindelig angesichts all dieser Pracht und der Anwesenheit so vieler Menschen aus der besten Gesellschaft. Der üppige Duft der Blumen mischte sich mit den Parfums der Damen, das Stimmengewirr, so zurückhaltend sich auch alle unterhielten, wogte in meinen Ohren auf und ab. Durch eine weit geöffnete Flügeltür sah ich hinaus auf eine Terrasse, auf der ein eindrucksvoller weißhaariger Herr stand und ankommenden Gästen die Hand schüttelte.
    »Das ist mein Onkel«, erklärte mir Anthony. »Ich stelle dich ihm gleich vor, wenn der erste Andrang vorbei ist. Komm, ich zeig dir den Park.«
    Aber vor meinen Augen drehte sich alles.
    »Ich möchte mich lieber einen Moment setzen«, bat ich Anthony. »Mir ist heiß. Und ein bisschen schwindelig.«
    Fürsorglich suchte Anthony mir einen Platz, und nachdem er sich vergewissert hatte, ob er mich auch wirklich für ein paar Minuten allein lassen konnte, ging er hinaus in den Park.
    Ich sah mich um. Langsam beruhigte ich mich wieder. Direkt neben mir war ein beeindruckendes Buffet aufgebaut. Ich rührte nichts an, hielt mein Glas fest in der Hand und betrachtete alles genau. Beobachtete, wie sich Gäste, die einander kannten, begrüßten. Studierte die Bewegungen, die Mienen und den Rhythmus, mit dem sie sich einander näherten und wieder entfernten. Meine Nervosität legte sich. Ich verglich die Garderoben der Damen mit meinem schlichten Kleid, das meine schlanke Figur vorteilhaft betonte. Nein, dachte ich, ich muss den Vergleich nicht scheuen. Ein Gefühl von Glück durchströmte mich. Wie im Märchen erschien mir, was von nun an meine Welt sein sollte – mein Leben an Anthonys Seite.
    Mir war eine Gruppe junger Leute aufgefallen, die nahe der Terrassentür beieinanderstanden. Ein großer junger Mann sah

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