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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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weitergegeben.
    Die Familie meines Vaters entstammte einer vornehmen Königslinie der Ashanti. Anfang des 20. Jahrhunderts sollte mein Großvater König werden, doch da an diesem Amt von jeher Blut klebte, wollte er es nicht annehmen. Nun kann man die Königswürden bei den Ashanti nicht einfach ablehnen, weshalb er sich gemeinsam mit Bruder und Schwester zur Flucht entschloss. Das Mädchen kam dabei zu Tode, doch die beiden Brüder fanden schließlich in einem Dorf in der Nähe von Accra eine zweite Heimat, kauften Land und machten gute Geschäfte. Sie gründeten Familien und mehrten ihren Reichtum. Alles schien in bester Ordnung, bis viele Jahre später mein Großvater von seinem eigenen Bruder vergiftet wurde – angeblich aus Neid, weil dieser finanziell nicht mehr mithalten konnte. Mein Großonkel nahm das gesamte Familienvermögen an sich, sodass meine Großmutter samt meinem Vater und seinen Geschwistern auf einmal arm waren. Zu arm sogar, um die Schulgebühren aufbringen zu können.
    Damals demonstrierte meine Tante Oforiwaa Stärke, denn jung, wie sie war, ging sie arbeiten, um ihren Brüdern wenigstens die Haupt- und Mittelschule finanzieren zu können. Aus diesem Grund hat mein Vater diese Schwester zeitlebens in Ehren gehalten und im Ernstfall eher ihr gehorcht, als sich den Wünschen meiner Mutter zu fügen. Bis diese Spannungen eines Tages dazu führen sollten, dass der feine Riss, der von Anfang an da gewesen war, größer wurde und unsere Familie schließlich auseinanderbrach. Doch das war viel später. Meine lebhafte und leidenschaftliche Mutter liebte ihren schweigsamen und stolzen Ashanti-Gatten. Und mein Vater liebte die temperamentvolleAntonia vom Stamm der Ga. In dieses Spannungsfeld wurde ich hineingeboren. Temperament und Geschäftssinn erbte ich von meiner Mutter, den zähen Ehrgeiz und das Durchhaltevermögen von meinem Vater.
    ZWISCHEN VOODOO-HEILERN UND GESUNDBETERN
    Als ich am 19. Dezember 1965 auf die Welt kam, war meine Schwester Emily zwei Jahre alt. Meine Familie glaubte nicht, dass ich lange leben würde, denn ich war von einer seltsamen Krankheit befallen, die unerklärlich und unheilbar zu sein schien. Nahm man mich morgens auf den Arm, dann blieb in der Wiege meine Haut zurück. Ich war ein zierliches und schönes Kleinkind und alle nannten mich nur »Puppe«. Doch dass »Puppe« das Erwachsenenalter erreichen würde, damit rechnete niemand.
    Ich erlebte Phasen der Gesundung, doch immer wieder ging das Ganze von vorne los. In einer frühen Erinnerung sehe ich mich in meinem Bettchen sitzen und mit meinen Haaren spielen, die mir dabei büschelweise ausfielen. Ich konnte sie einfach vom Kopf abziehen und hielt sie dann staunend in Händen. Niemand traute sich so recht, mich anzufassen. Es dauerte immer lange, bis mir Haut und Haare nachgewachsen waren.
    Aus diesem Grund hat man mich nach Strich und Faden verwöhnt – ich bekam einfach alles, was ich wollte. Ich konnte stundenlang weinen, sollte mir jemand doch einmal einen Wunsch verwehren. Sie wird ja eh nicht alt, meinten die Großen und behandelten mich wie eine Prinzessin. Besonders meine Oma mütterlicherseits hatte mich fest in ihr Herz geschlossen. Und da meine Mutter eine Makola-Marktfrau war und täglich ihren Geschäften nachging, brachte sie mich sofort zu meiner Oma, wenn meine Krankheit erneut ausbrach.
    »Hier«, rief meine Mutter dann außer Atem, »nimm sie. Ich kann das nicht mit ansehen.«
    So tüchtig sie auch sonst war, mit meiner Krankheit konnte sie einfach nicht umgehen. Meine Großmutter schon. So wurde ich ein richtiges Oma-Kind.
    Meine Oma wohnte in Bukom, das ist die ärmste Gegend von ganz Accra. Ja, eigentlich ist es ein Slum. Sie hatte neun Kinder geboren und einige von ihnen auf ihre Verwandtschaft verteilt. Das ist in Ghana so üblich: In dem Bestreben, ihren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen, versuchen die Mütter, ihre Sprösslinge bei besser gestellten Verwandten unterzubringen. Diese nehmen in der Regel gerne eine Nichte oder einen Neffen auf und bieten ihre Hilfe häufig sogar ungefragt an.
    So kam es, dass meine Mutter selbst nicht in Bukom aufwuchs, sondern bei der Cousine ihrer Mutter im vornehmen Stadtteil Adabraka. Dort half sie in der Familienbäckerei mit und lernte ihren Mann, meinen Vater, kennen, der eines Tages kam, um bei ihr Brot einzukaufen. Diese Tante hatte meine Mutter zwar bei sich aufgenommen, finanzierte ihr allerdings keine Schulausbildung, was sehr schade ist,

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