African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
Sohn das entsprechende Alter erreicht hatte, suchte ich für ihn einen Platz in einem guten Kindergarten und bezahlte ein Taxi, das ihn täglich rechtzeitig dorthin brachte. Im Internat merkte niemand etwas von meinen zwei Rollen, auch unter der Dusche sah man mir nichts an; mein Körper war rank und schlank wie vor der Geburt, ich hatte keine Schwangerschaftsstreifen oder sonstige Anzeichen einer Mutterschaft.
Ich war eine der wildesten Schülerinnen, das gebe ich gerne zu. Meine Freundinnen und ich hatten nichts als Blödsinn im Kopf, es gab sicherlich kein Verbot, das wir nicht übertraten. Besonders beliebt waren unsere kleinen Fluchten quer durch den Busch zur nächsten Kneipe, der »Sra Memorial Bar«. Ausgerechnet der Besitzer der Bar war einer unserer Lehrer, doch er hat uns nie verpfiffen. Er brachte uns sogar heimlich Bier ins Internat mit. Einmal wäre ich bei einem dieser verbotenen Abstecher zur Bar fast über eine Schlange gestolpert. In Europa denken alle, als Afrikaner sei man mit wilden Tieren aufgewachsen. Diese Schlange war jedoch das einzige »wilde« Tier, das ich jemals zu Gesicht bekam.
An die Zeit im Internat denke ich gerne zurück. Wir hatten unglaublich viel Spaß miteinander. Wir rauchten Zigaretten, die eine Mitschülerin von ihrem Bruder bekommen hatte, und vergruben die Reste im Gemüsebeet. Obwohl das Kochen in den Schlafsälen nicht erlaubt war, hatte ich alles, was ich brauchte, um mir mein Lieblingsessen zu brutzeln – auch streng verbotene Elektrogeräte, welche die Stromversorgung regelmäßig lahmlegten. Nachdem die Sicherung das erste Mal herausgesprungen war, musste ein Elektriker geholt werden. Während der alles wieder in Ordnung brachte, stand ich unter seiner Trittleiter und beobachtete jeden seiner Handgriffe ganz genau. Wenn die Sicherung von da an wieder einmal den Geist aufgegeben hatte, fügte ich die Drähte selbst wieder zusammen. So kam uns niemand auf die Schliche. 24 Mädchen teilten sich einen Schlafsaal und mein Bett war fast ganz hinten im Eck, weit entferntvon den Kontrollgängen der Hausmeisterin, mit der ich ständig im Clinch lag.
»Ich werde dafür sorgen, dass du von dieser Schule fliegst!«, drohte sie mir einmal an.
»Das werden wir schon sehen«, antwortete ich.
Und obwohl ich keinen Streich ausgelassen habe, ist es ihr nie gelungen, mich auf frischer Tat zu ertappen.
So fröhlich und ausgelassen ich auch war, immer wieder überfiel mich die Sehnsucht nach meinem Sohn. Ich wusste ihn bei meiner Großmutter in den besten Händen, und dennoch tat es weh, ihn nicht einfach in die Arme nehmen zu können, wenn mir danach war. Die bitteren Erfahrungen der Schwangerschaft hatten ihre Spuren hinterlassen und konnten mich von einem Augenblick auf den anderen in tiefe Traurigkeit stürzen. Das machte mich, obwohl ich alles dafür tat, dass es nicht so war, indirekt doch zu einer Außenseiterin. Es gab niemanden, mit dem ich über diese Dinge hätte sprechen können. Und so verbarg ich sie noch tiefer in meinem Herzen und machte umso waghalsigere Streiche.
Ein Jahr nach Bernards Geburt war Anthony endlich nach Ghana zurückgekommen. Er hatte beschlossen, mir zu glauben, und erkannte Bernard als seinen Sohn an. Wir holten nach, was sieben Tage nach der Geburt versäumt worden war. Es war eine kleine feierliche Zeremonie, die in Bukom im Haus meiner Großmutter stattfand. Auch wenn man das Outdooring eigentlich nicht nachholen kann, war mir diese Feier sehr wichtig, damit die Schande aufgehoben wurde und Bernard ein Kind mit einem Vater war. Als Anthony den Namen seines Sohnes aussprach, waren alle Nachbarn und Verwandten anwesend. Damals hat Anthony seinen Sohn zum ersten Mal gesehen.
Anthony unterstützte uns fortan auch finanziell. Dennoch hat Bernard niemals mit uns zusammengelebt. Als er vier Jahre alt war, nahm meine Mutter ihn zu sich. Bei ihr wuchs er mitmeiner kleinen Schwester Ama Tanowaa auf, die keine fünf Jahre älter war als er. Bernard dachte lange, sie beide seien Geschwister.
Ich hatte noch zwei Jahre Gymnasium vor mir. Was auch geschehen war: Anthony war nach wie vor meine große Liebe. Seine »Londoner Schwierigkeiten« seien ein für alle Mal überwunden, sagte er. Er liebe niemanden auf der Welt so wie mich. Das wollte ich ihm zu gerne glauben.
Trotz all des Blödsinns, den ich angestellt, trotz meines Doppellebens und der vielen Gedanken, die ich mir um Bernard und Anthony gemacht hatte, ist mein Abitur eines der besten meines
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