African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
Jahrgangs gewesen. Ich hatte meine Begabung für Computer entdeckt und erkannt, dass ihnen die Zukunft gehörte. Ich wollte Programmiererin werden, damit die Zukunft auch mir gehörte.
UNVERSCHÄMTES GLÜCK
Ich war sehr glücklich darüber, dass Anthony, Bernard und ich endlich eine Art Familie waren, auch wenn wir immer noch nicht zusammenlebten. Anthony war weiterhin in London, besuchte mich aber wieder regelmäßig. Nach bestandenem Abitur kehrte ich nach Accra zurück, wo ich am West Africa Computer Science Institute eine einjährige Ausbildung zur Programmiererin machte. Anthony fand das gut und unterstützte mich in dieser Zeit finanziell.
Wie er sein Geld eigentlich verdiente, hat Anthony mir nie genau erzählt. Seine Familie war überaus einflussreich, viele seiner Verwandten bekleideten politische Ämter und tun dies noch heute. Es hat ihm nicht an Kontakten gemangelt und für die Details interessierte ich mich nicht.
Wie jeder tüchtige Afrikaner hatte auch Anthony stets mehrere Eisen im Feuer. Immer öfter flog er nun nach Deutschland, um dort Gebrauchtwagen aufzukaufen und nach Accra zu verschiffen. Das war ein einträgliches Geschäft und hatte den Vorteil, dass wir regelmäßig einen tollen Wagen fahren konnten, bevor dieser seinen Käufer erreichte. Einmal unternahm Anthony mit mir eine Spritztour in einem besonders schicken BMW, der bereits verkauft war, und baute einen Unfall. Anthony hatte eine Menge Ärger, bis der Kunde schließlich einen angemessenen Ersatz erhielt. Auch heutzutage kommen viele ausrangierte Autos aus Deutschland nach Accra. Darunter Lkw und Lieferwagen, die man im Straßenverkehr leicht erkennt, weil sich niemand die Mühe macht, die ursprünglichen Aufschriften zu übermalen. So fährt dann ein Lieferwagen von einer Fensterfirma aus dem Schwäbischen auf den Straßen umher und kreuzt dabei zum Beispiel einen mit Kokosnüssen vollbeladenen Lkw einer norddeutschen Schreinerei.
Anthony nahm an meinem Werdegang großen Anteil. Er wollte alles wissen: was ich dachte, was ich tat, mit wem ich mich traf, woran ich gerade arbeitete. Noch nie hatte sich jemand so sehr für mich interessiert. Meine Pläne, in die Computerbranche einzusteigen, gefielen ihm. Während meiner Ausbildung zur Programmiererin sagte er mir oft, wie stolz er auf mich sei. Das spornte mich noch mehr an.
Für mich ist diese Phase meines Lebens eine überaus glückliche Zeit gewesen. Die Computerarbeit machte mir Spaß, ich hatte wirklich ein Händchen fürs Programmieren. Wenn ich einmal die Lösung für eine Aufgabenstellung nicht gleich fand, konnte ich nächtelang nicht schlafen. In Projektgruppen arbeiteten wir gemeinsam an solchen Problemen und ich lernte dabei etwas, das mir heute noch weiterhilft, auch wenn ich schon lange nicht mehr mit Computern arbeite: Für jedes Problem gibt es eine Lösung. Das Problem enthält seine Lösung bereits in sich selbst. Das Kniffelige an der Arbeit beim Programmieren, das Tüfteln und Suchen nach der Lösung, hatte für mich einen ganz besonderen Reiz. Und so kam es schon mal vor, dass ich nachts aufstand, in die Schule fuhr, dort den Hausmeister herausklingelte und dazu überredete, mich in unsere Räume zu lassen, um weiterarbeiten und der Lösung damit einen Schritt näher kommen zu können. Und wie stolz war ich, wenn wir sie endlich gefunden hatten! Meine Lehrer schätzten mich. Einer sagte einmal:
»Wenn du hart arbeitest, kannst du es in dieser Branche weit bringen. Gib dich nicht mit dem Programmieren zufrieden«, rieter mir, »sondern mach weiter und werde Systemanalytikerin! Das ist ein Beruf mit Zukunft!«
Das war gut und schön, aber inzwischen war ich Mitte 20 und es wurde Zeit, dass ich mein eigenes Geld verdiente. Bernard ging bereits zur Schule, die finanziert werden musste. Meine Verwandten hatten mich seit Jahren unterstützt, damit ich meine Ausbildung beenden konnte, aber nun fühlte ich mich selbst in der Verantwortung. Und doch setzte sich dieser Gedanke in mir fest: Systemanalytikerin – das war es, was ich eigentlich werden wollte. Mein Leben lag schließlich noch vor mir. Ich hatte Zeit. Doch zunächst brauchte ich einen Job.
Ich schloss meine Ausbildung ab wie viele andere auch und machte mich daran, eine Stelle zu finden. Ein Vorhaben, das in Accra damals so gut wie aussichtslos war, verfügte man nicht über ausgezeichnete Kontakte. Mein Stolz verbot es mir, mich völlig von Anthony abhängig zu machen. In dieser Hinsicht schlug ich
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