African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
zu. Ich verbarg mein Gesicht in den Kissen, doch es war nutzlos. So trug ich auch die Idee mit dem Sprachkurs zu Grabe. Nicht, dass es am Geld gemangelt hätte. Anthony verdiente sicherlich gut und auch meine Eltern, die erständig um Geld bat, schickten ihm große Summen, wie ich später erfahren habe. Aber er war entschlossen, nicht in meine Ausbildung zu investieren. Und ohne Sprachkenntnisse kamen nur schlecht bezahlte Jobs infrage.
Aber ich war zu allem bereit. Alles war besser, als zuhause zu hocken und den Launen meines Mannes ausgesetzt zu sein.
Und dann kam Anthony eines Tages nachhause und erzählte mir mit einem aufgesetzten Lächeln, dass er einen Job für mich hätte.
»Was ist es?«, fragte ich voller Vorfreude.
»Du wirst putzen«, sagte Anthony. Und schien sich an meiner Enttäuschung zu weiden.
Ich weinte die ganze Nacht. Ich, die erfolgreiche Computerfachfrau, auf die meine Firma die schönsten Hoffnungen gesetzt und die in Accra in den vornehmsten Kreisen verkehrt hatte, ich sollte hier in Deutschland putzen gehen.
Egal, sagte ich mir. Es ist nur für zwei Jahre. Danach machst du deine Computerausbildung. Du bist zäh. Du hast schon Schlimmeres überstanden.
Der Bekannte, der uns die Oberhausener Wohnung besorgt hatte, vermittelte mir eine Putzstelle bei einer Firma, für die auch noch andere Ghanaerinnen arbeiteten. Besonders ein Mädchen war immer sehr nett zu mir, weshalb ich ihr mein Herz ausschüttete.
Sie war anerkannte Asylantin und erhielt daher regelmäßig Post vom Arbeitsamt. Da auch sie kein Deutsch konnte, brachte sie diese Briefe mit zur Arbeit, die unser Vorarbeiter in der Pause für sie übersetzte.
»Das ist ein Angebot für eine Umschulung. Du kannst Krankenschwester werden oder Sekretärin. Was ist dir lieber?«
Das Mädchen riss die Augen auf.
»Umschulung?«
»Du erhältst eine Ausbildung. Sie bezahlen sogar dafür.«
Das Mädchen spuckte auf den Boden.
»Pah! Ausbildung! Ich habe keine Lust aufs Lernen«, rief sie. »Warum lassen die mich nicht in Ruhe arbeiten. Das ist alles, was ich will. Arbeiten und Geld verdienen.«
Und damit riss sie den Brief in Fetzen.
Ich saß still dabei und hörte zu. Schluckte heimlich meine Tränen hinunter. Wie gerne würde ich etwas lernen, ganz egal was. Alles war besser, als zu putzen. So ist das, dachte ich verzweifelt: Die einen bekommen alles angeboten und wollen nicht. Und die anderen wollen zwar, dürfen aber nicht.
Wir putzten in der Musikhochschule Essen-Werden und so froh ich war, unserer kleinen Wohnung endlich entkommen zu sein und etwas zu tun zu haben, so schwer wurde mein Herz angesichts der fröhlichen, unbekümmerten Studenten, die ich täglich sah. Zu deutlich wurde mir vor Augen geführt, dass tatsächlich keine Ferien waren. Auch ich wollte studieren, weiterlernen. Ich putzte und weinte, die Tränen liefen mir fast ununterbrochen über das Gesicht.
Es gab in dieser Musikhochschule einen Raum, der es mir angetan hatte. Es war der Ballettsaal, ein großer Raum mit vielen Spiegeln. Hier herrschte eine ganz besondere, ja, fast heilige Atmosphäre. Ich kam mir vor wie in einer Kirche.
Ich weiß es noch wie heute, als ich diesen Saal zum ersten Mal putzte. Ich schloss die Tür und trat in die Mitte des Raumes. Dort kniete ich nieder und betete zu meinem Gott. Warum muss ich dies alles erleiden? Ich kam mir vor wie Hiob, den Gott prüft. Immer wieder sagte ich mir, dass Gottes Pläne groß sind und unbegreiflich. Aber sie haben einen Sinn. Und er bürdet uns immer nur genau so viel auf, wie wir tragen können.
Das alles wusste ich. Ich haderte nicht mit Gott. Ich suchte Zuflucht bei ihm. In Deutschland hatte ich noch keinen Anschluss an eine Kirchengemeinde gefunden. Für eine Weile war der Ballettsaal meine heimliche Kapelle. Jedes Mal, wenn ich dort gebetet hatte, fühlte ich mich gestärkt. Gott war da, er hatteeinen Plan mit mir und würde mir beistehen, auch wenn es noch so schlimm kommen sollte.
Eines Tages, ich war gerade tief ins Gebet versunken, ging die Tür auf und das ghanaische Mädchen, das sich so nett um mich kümmerte, stand auf der Schwelle.
»Was machst du denn da?«, wollte sie entgeistert wissen. Ich erhob mich rasch.
»Ich bete«, sagte ich, während ich mir die Tränen abwischte. »Ich habe großen Kummer. Du weißt doch, mein Mann schlägt mich …«
»Mach bloß weiter so«, schnitt sie mir das Wort ab, »wenn dich der Vorarbeiter so sieht …!«
Und damit schlug sie die Tür
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