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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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Ich war ihm ausgeliefert.
    Bislang war ich, wenn Anthony mich zu sehr geschlagen hatte, immer zur Haustür hinausgelaufen. Doch unsere Wohnung lag im Erdgeschoss und hatte auch eine Tür, die in den Innenhof führte. In dieser Nacht, ich weiß nicht warum, nahm ich die Hintertür und rannte durch den Hof auf die Ausfahrt zu. Es war Winter und bitterkalt. Ich trug nur mein Nachthemd. Da hörte ich ein leises Rufen. Es war die Stimme einer Frau.
    Diese Frau wohnte in einem kleinen einstöckigen Häuschen im Hof. Sicherlich hatte sie schon oft unsere Auseinandersetzungen mit angehört, es konnte gar nicht anders sein. Zuvor hatte sie mir nie geholfen, aber in jener Nacht, als sie mich durch den Hof rennen sah, da ergriff sie die Initiative.
    »Komm rein, schnell«, rief sie leise auf Englisch und winkte mich zu sich.
    Ich sah mich um. Ihre Tür stand offen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Diese Frau erschien mir wie ein Engel.
    »Komm rein!«, rief sie erneut.
    Am ganzen Körper zitternd, folgte ich ihr ins Haus. Sie reichte mir eine Decke, in die ich mich fest einwickelte.
    »Hast du Familie in Deutschland?«, fragte sie mich, nachdem ich mich ein bisschen beruhigt hatte.
    Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich war ganz allein in diesem immer noch fremden Land. Aber ich verstand, was sie meinte. Hätte ich hier Familie, würde sie mir raten, zu ihr zurückzugehen. Aber ich hatte niemanden in Deutschland. Niemanden außer Anthony.
    »Warum gehst du nicht in deine Heimat zurück?«, wollte sie wissen.
    »Ich hab kein eigenes Geld«, sagte ich. Und schämte mich entsetzlich. Dass ausgerechnet ich einmal in eine solche Lage kommen würde, das hätte ich mir niemals träumen lassen. Doch nun saß ich hier, mit nichts als einem Nachthemd auf der bloßen Haut, in einem fremden Land.
    »Was ist nur mit den afrikanischen Männern los? Ich kenne viele Afrikaner, die ihre Frauen schlagen.«
    »Wirklich?«, fragte ich erstaunt. Bislang hatte ich geglaubt, ich sei die Einzige auf der Welt, der so etwas passiert.
    »Klar. Und nicht nur Afrikaner. Darum gibt es in Deutschland Frauenhäuser. Hast du schon mal davon gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf. Die Frau stand auf und begann, Tee zu kochen.
    »Übrigens«, sagte sie, »ich heiße Marlies. Und wenn du willst, kannst du heute Nacht bei mir bleiben. Da rüber solltest du wohl besser nicht mehr gehen.«
    Sie deutete mit dem Kopf in Richtung unserer Wohnung. Ich merkte, dass ich zitterte, was nicht nur an der Kälte lag, die ich immer noch in den Knochen hatte. Aber ich wusste, Anthony würde sich nicht die Mühe machen, mir zu folgen. Bislang hatte mich noch immer die Polizei zurückgebracht. Warum sollte es dieses Mal anders sein? Er ahnte ja nicht, dass ich auf einmal unerwartet Hilfe erhalten hatte. Und das war auch gut so.
    Allmählich begann ich, mich zu entspannen. Marlies goss den Tee auf und stellte bald darauf einen dampfenden Becher vor mich hin. Ich ergriff ihn, als wäre er ein Rettungsanker, und legte beide Handflächen um die Tasse.
    »Was sind denn Frauenhäuser?«, wollte ich wissen.
    »Da können Frauen hin, die von ihren Männern misshandelt werden«, sagte Marlies, als wäre dies das Selbstverständlichste auf der Welt. »Dort können sie eine Weile wohnen, bis sie wieder auf die Beine kommen.«
    »Und warum holen die Ehemänner die Frauen dort nicht wieder raus?«
    Marlies lächelte. »Weil die Adressen geheim sind. Niemand erfährt sie, nur die Frauen, die dort wohnen.«
    Ich war hellwach. Dies schien eine Möglichkeit zu sein. Doch zu oft war ich bereits abgewiesen worden, um gleich wieder Hoffnung zu schöpfen.
    »Mein Mann ist Engländer«, sagte ich, »und er arbeitet beim Militär.«
    »Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist. Wenn er dichschlägt, und das tut er, wie ich selbst bezeugen kann, dann hast du ein Recht darauf, in ein Frauenhaus zu gehen. Wenn du willst, dann helfe ich dir.«
    Ich konnte es kaum glauben. Diese Frau wollte mir tatsächlich helfen. Gott hatte mich nicht vergessen!
    »Möchtest du in ein Frauenhaus gehen?«, wollte Marlies wissen.
    Natürlich wollte ich das. Auf einmal tat sich in meiner hoffnungslosen Situation ein Ausweg auf. Ich liebte Anthony, liebte ihn mit aller Kraft, mit Haut und Haar. Aber es war vollkommen unmöglich geworden, mit ihm zusammenzuleben. Inzwischen war ich seit fast einem Jahr in Deutschland und mein Leben hatte sich in eine derartige Katastrophe verwandelt, wie ich es nie für möglich gehalten

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