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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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Demütigendes, geschlagen zu werden. Ich war wie gelähmt und außerstande, zuverstehen, was eigentlich mit uns los war. Irgendwann flossen meine Tränen wieder und ich begriff, dass nichts gut werden würde. Ein Dämon hatte von Anthony Besitz ergriffen und aus dem eleganten, besonnenen und weltgewandten Mann, den ich geheiratet hatte, einen unberechenbaren Tyrannen gemacht.
    Ich setzte meine Sonnenbrille auf und stahl mich aus der Wohnung. In Düsseldorf hatte ich in unmittelbarer Nähe des Hotels ein Büro von Ghana Airlines entdeckt. Dorthin fuhr ich, um mir mein Rückflugticket aushändigen zu lassen. Hier in diesem Land hatte ich nichts mehr zu suchen. Mit einigem Glück konnte ich vielleicht meine Stelle in Accra wieder antreten. Und wenn nicht, würde ich schon wieder auf die Beine kommen. Ich musste nachhause, musste in das Land, in dem ich mich auskannte, wo ich über Kontakte verfügte, wo meine Familie lebte. In Ghana käme ich allein zurecht. Dort wäre ich in Sicherheit.
    Mein Herz klopfte bis zum Hals, während die junge Frau im Computer nachsah. Schließlich blickte sie auf.
    »Ihr Mann hat sich Ihr Rückflugticket gleich nach Ihrer Ankunft in Deutschland ausbezahlen lassen«, erklärte sie mir. »Tut mir leid. Aber wenn Sie wollen, buche ich für Sie einen neuen Flug.«
    Ich konnte nichts sagen. Mir wurde schwarz vor Augen. Also hatte Anthony alles von Anfang an geplant. Sein Versprechen, dass ich bald nach Accra zurückkehren würde, war eine Lüge gewesen, um mich zur Ausreise zu bewegen und mich von meiner Familie zu trennen. Eine Lüge wie die von der Computerschule. Was alles war noch gelogen?
    Ich hatte kein eigenes Geld mit nach Deutschland genommen, hatte meinem Mann voll und ganz vertraut. Jetzt begriff ich, was für ein Fehler das gewesen war. Ich verfügte über keine eigenen Mittel, konnte mir einen Flug nach Accra nicht leisten. Ich war in jeder Hinsicht auf Anthony angewiesen. Vielleicht, sagte ich mir auf der Rückfahrt, ist alles halb so schlimm. Vielleicht wird alles doch noch irgendwie gut. Ich muss mir Mühegeben. Anthony besänftigen. Ihm zeigen, dass ich ihm eine gute und treue Frau bin.
    Doch so sehr ich mich auch bemühte, seine Wutausbrüche kamen immer wieder. Gingen wir durch die Straßen von Oberhausen und irgendein Fremder betrachtete mich länger als notwendig oder beging ich den »Fehler«, den freundlichen Blick eines Passanten zu erwidern, dann wurde ich später quälend verhört. Wer das gewesen sei. Woher ich diese Person kannte. Warum ich sie angelächelt habe. Wenn ich Pech hatte, steigerte Anthony sich derart in seine Wut hinein, dass er wieder zuschlug. Ohne Vorwarnung, aus dem Nichts heraus. Immer mit der Faust. Und immer auf die Augen, die er angeblich so liebte, die er so schön fand. Wie oft hatte er mir das gesagt. Als wollte er sie zerstören, diese Augen, die er einfach nicht unter Kontrolle bekam, die ihr eigenes Leben führten und andere Männer ansahen. Ihnen sogar zulächelte. Manchmal schlief ich schon und wachte von seinen Schlägen in mein Gesicht auf. Es wurde ein Reflex von mir, mein Gesicht beim geringsten Anzeichen von Gefahr zu verstecken. Es nützte nichts. Er traf immer wieder. Kaum waren die Blutergüsse abgeheilt, schlug er erneut zu.
    Ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, eine Sonnenbrille zu tragen. Auch im grauesten deutschen Winterwetter.
    »Dein Mann schlägt dich doch«, sagte die afrikanische Friseurin, bei der ich meine Haare machen ließ.
    »Nein«, log ich, »ich bin im Badezimmer ausgerutscht.«
    Das Mädchen lachte bitter.
    »Das sagen sie alle. Mach mir nichts vor, das sieht doch jedes Kind, dass du Prügel bekommst.«
    Sie hatte recht, doch ich gab es nicht zu. Als könnte ich die Schläge dadurch ungeschehen machen. Aber tief in meinem Innern wusste ich: Es würde alles nur noch schlimmer werden.
    Anthony arbeitete inzwischen beim britischen Militär, das damals im Düsseldorfer Nordpark stationiert war. Er hat mir nie erzählt, was genau er dort gemacht hat. Ich musste sogar irgendwelche Papiere unterschreiben, dass ich mit niemandem über seine Arbeit reden würde. Dabei wusste ich ohnehin nichts. Manchmal flog Anthony für ein paar Tage nach London. Ob im Auftrag seiner neuen Arbeitgeber oder in Sachen Restaurant, war mir unklar. Ich wusste nicht einmal, ob er das überhaupt noch besaß. Anthony war schon immer ein verschwiegener Mensch gewesen. Er hatte nie sehr viel gesprochen und jetzt erfuhr ich so gut wie nichts

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