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African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern

Titel: African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harriet Bruce-Annan
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wieder zu. Ich dachte, sie wäre eine Art Freundin. Doch ich hatte mich auch darin getäuscht.
    Anthony gab mir zur Arbeit kein Geld mit. Ich konnte mir daher während der Pause nichts zu essen oder trinken kaufen. Alle anderen hatten Proviant mit, nur ich nicht. Hungrig saß ich dabei, wenn meine Kollegen aßen. Aber ich bin nicht umsonst die Tochter einer Makola-Marktfrau, und bald wusste ich mir zu helfen.
    Ich beobachtete, dass viele Studenten ihre Pfandflaschen einfach so herumstehen ließen. Also sammelte ich sie ein und gab sie beim Kiosk ab. Für das Pfandgeld kaufte ich mir eine Cola und, sofern das Geld reichte, auch mal einen Müsliriegel. Wenn ich abends nachhause kam, begann das Verhör.
    »Woher hast du Geld, dir eine Cola zu kaufen?«, wollte Anthony wissen. »Wer hat dir das gegeben?«
    Die Geschichte mit den Pfandflaschen glaubte er mir nicht. Mein Gesicht bekam wieder seine Fäuste zu spüren. Es dauerte lange, bis ich begriff, dass mich dieses Mädchen aus meiner Heimat in Anthonys Auftrag tagtäglich ausspionierte.
    Noch heute kann ich kaum fassen, wie sie das hatte machen können. Dass sie kein Mitleid mit mir gehabt hat. Dass sie so grausam gewesen war, mein Leid zu verschlimmern. Ich dachteimmer, Afrikanerinnen würden zusammenhalten, bis ich eines Tages einsehen musste, dass das nicht der Fall ist.
    Zunächst bekam ich Prügel, zu jeder Tages- und vor allem Nachtzeit. Meistens war ich schon im Bett, als Anthony damit anfing. Wie oft bin ich vor seinen Schlägen im Nachthemd hinaus auf die Straße geflohen, davongerannt. Und wie oft hörte ich hinter mir das Martinshorn eines Streifenwagens. Als hätten sie auf mich gewartet. Es war wie ein sich wiederholendes Ritual: Anthony schlug mich. Ich lief hinaus in die Nacht. Die Polizei sammelte mich ein und brachte mich wieder nachhause. Dann sah Anthony mich spöttisch an und fragte: »Und jetzt?«
    Und alles ging von vorne los.
    Wir hatten bei einer deutschen Bank ein gemeinsames Konto eröffnet, auf das auch mein Gehalt überwiesen wurde. Anthony warnte mich und drohte mir Prügel an, sollte ich jemals etwas davon abheben. Er behauptete sogar, dass dies ohne seine Unterschrift gar nicht möglich sei.
    Dennoch ging ich eines Tages mit klopfendem Herzen und voller Furcht zur Bank. Ich hob probehalber 20 Mark ab. Es funktionierte. Die Frau am Schalter wollte meinen Pass sehen und gab mir dann anstandslos das Geld. Wenn es mir gelänge, dachte ich nun, immer wieder ganz unbedeutende Summen abzuheben und zu sparen, dann könnte ich mir irgendwann vielleicht das Rückflugticket kaufen. Aber auch dieser Plan schlug fehl. Selbstverständlich hatte Anthony die Auszahlung nach kurzer Zeit registriert. Selbstverständlich schlug er mich grün und blau, damit ich so etwas nie wieder täte.
    Ich habe alles versucht, um wieder nach Ghana zurückzukehren. Ich ging zur Polizei und flehte die Beamten an, mich abzuschieben. Doch sie studierten meinen Pass und reichten ihn mir zurück.
    »Wir können Sie nicht abschieben. Ihr Mann ist britischer Staatsbürger. Gehen Sie nachhause.«
    »Aber mein Mann schlägt mich«, erklärte ich verzweifelt.
    Sie zuckten mit den Schultern. »Das ist nicht unsere Angelegenheit«, war die Antwort.
    Die Nachbarn hörten weg, wenn es bei uns Streit gab. Auch wenn unsere Auseinandersetzungen nicht zu überhören waren: Anthonys wütendes Gebrüll, mein Weinen und Rufen nach Hilfe, die Geräusche, wenn er mich schlug.
    Und dann war ich wieder draußen, im Nachthemd, auf der Straße, ob es stürmte oder schneite. Alle sahen weg. Niemand mischte sich ein. Das ist in Deutschland ganz anders als in Afrika, wo die Nachbarn nicht tatenlos dabei zusehen, wenn ein Mann seine Frau schlägt. Die öffentliche Kontrolle ist dort viel größer. Doch ich bekam von niemandem Hilfe. Ganz im Gegenteil: Statt mich zu schützen, half die Polizei meinem Mann sogar, mich weiterhin zu misshandeln, indem sie mich immer wieder an ihn auslieferte. Sein Pass wies ihn als Engländer aus, beschäftigt beim britischen Militär. Niemand wollte sich mit Anthony anlegen, auch nicht die Polizei.
    Es schien, als gäbe es für mich keinen Ausweg. Und doch nahm mein Leben eines Nachts eine ungeahnte Wendung.
    DIE RETTENDE TÜR
    Der Abend begann wie viele andere zuvor. Anthony war schlecht gelaunt. Ich konnte es ihm an den Augen ansehen. Ich war müde von der Arbeit gekommen und wollte schlafen, aber in unserer Einraumwohnung konnte man sich nicht einfach zurückziehen.

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